Rückblick auf den Fachtag Sprache - inklusiv am 12.3.2024

Für zugewanderte Menschen mit Beeinträchtigungen in Nürnberg muss das Thema Deutsch-Spracherwerb systematischer angegangen werden. Notwendig sind neben neuen differenzierten Sprachkursangeboten mehr niedrigschwellige Beratung und Informationsweitergabe. Eine gute Vernetzung der beteiligten Akteur/-innen an der Schnittstelle „Inklusion“ und „Spracherwerb“ ist dazu unerlässlich. So lauten nur einige Erkenntnisse der rund 80 Teilnehmenden, die am 12.3.2024 beim „Fachtag Sprache – inklusiv“ im Austausch waren. Karl-Heinz Miederer führte als Moderator durch die Veranstaltung und ordnete als Fachexperte für das Thema Inklusion die verschiedenen Beiträge ein.

Das Grußwort zum Fachtag sprachen Bettina Zauhar, Bürgermeisteramt/Leitung Bildungsbüro, “Integration und Bildung”, und Martina Seel, Referat für Jugend, Familie und Soziales, “Beschäftigung und Inklusion”. Gemeinsam gaben sie einen Überblick darüber, wie Integration und Inklusion in Nürnberg verfolgt werden und machten anhand von Beispielen deutlich, wo in diesem Feld Lücken geschlossen werden müssen.

Jessica Schröder vom Projekt „Crossroads“ von Handicap International, einer gemeinnützigen Organisation für Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit in Berlin (zum Projekt siehe Crossroads hi-deutschland-projekte.de), benannte in ihrem Vortrag zunächst die verschiedenen Phasen des Ankommens nach einer Flucht bzw. Zuwanderung nach Deutschland aus Sicht von Menschen mit Beeinträchtigungen. Neben der emotionalen Aufarbeitung der Geschehnisse und der Herausforderung des Deutschspracherwerbs stünden sie zudem vor einem komplexen Geflecht aus inter-institutionellen Zuständigkeiten (u.a. Aufenthalts- und Schwerbehindertenrecht). Im zweiten Teil ihres Vortrags ging Jessica Schröder auf Integrationskurse für Menschen mit Behinderung in Deutschland ein. Für Personen mit Hör- oder Sehbeeinträchtigungen gebe es gemäß § 13 Absatz 1 der Integrationskursverordnung zwar spezielle Angebote, aber deutschlandweit nur wenige Träger für diese Integrationskurse. Für Menschen mit kognitiven Behinderungen bestünden aktuell keine speziellen Kursangebote.

Die „Praxisforschung inklusive Sprachlernangebote in Nürnberg“, die das Bildungsbüro im Auftrag des Stadtrats 2023 durchgeführt hat, legt auch für Nürnberg nahe, dass nur in sehr geringem Umfang und nur für manche Arten von Beeinträchtigungen geeignete Integrations- bzw. Deutschsprachkurse bzw. Möglichkeiten einer inklusiven Teilnahme existieren (siehe Blogartikel des Bildungsbüros). Demgegenüber gibt es Hinweise auf einen größeren Bedarf an Deutschspracherwerb z.B. von Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen wie Traumatisierungen.
Das Bildungsbüro der Stadt Nürnberg möchte daher aktiv an einer besseren Ausleuchtung der Schnittstelle „Inklusion“ und „Spracherwerb“ arbeiten und ein konkretes Pilotangebot mithilfe eines einzurichtenden Steuergremiums mit Experten/-innen aus allen Bereichen entwickeln. Im Rahmen des Fachtages konnten dazu vor allem in dem am Nachmittag stattfindenden World Café viele Hinweise gesammelt werden, was es an der benannten Schnittstelle braucht und wer hierzu kooperieren sollte.

Anhand eines dreiteiligen Video-Interviews kamen zwei Expert/-innen mit Behinderung selbst zu Wort. Die Selbstvertreter/-innen Rezan Shekh Muslim aus Nordrhein-Westfalen und Nge Nge Aye Maung aus Berlin berichteten eindrücklich über ihre persönlichen Erfahrungen beim Erlernen der deutschen Sprache. Deutlich wurde, dass es vor allem einen individuellen Blick auf den Bedarf und die vorhandenen Ressourcen der Menschen beim Deutsch-Spracherwerb braucht. So schloss die Veranstaltung mit einem Appell an die Verantwortlichen in den verschiedenen Arbeitsfeldern: „Jede Person hat Selbsterfahrungen [gesammelt] – besonders Menschen, die mit ihrer Behinderung 30 oder 40 Jahre in ihrem Herkunftsland leben und nach Deutschland gekommen sind. Wenn er bzw. sie sagt, »ich kann die Sprache lernen«, dann kann er das. Dann bitte geben Sie ihm bzw. ihr eine Chance.“ (Zitat von Rezan Shekh Muslim im Interview mit dem Bildungsbüro).

Das Projekt „Bildungskommune“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert.

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