Nachrichten aus dem Rathaus

Nr. 776 / 07.07.2022

„Mythologie und Historie“: Illustrationen der Künstlerin Sieglinde Bottesch in der Stadtbibliothek

Am Anfang steht das Wort – den Grafiken der Künstlerin Sieglinde Bottesch liegen kraftvolle Texte aus ihrer Heimat zugrunde, die sie zu eindrücklichen Bildern inspirieren. In der Ausstellung „Mythologie und Historie“ zeigt die Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg von Freitag, 8. Juli, bis Samstag, 10. September 2022, eine Auswahl der Grafiken der in Siebenbürgen geborenen Künstlerin. Die Ausstellung ist in der Stadtbibliothek Zentrum, Gewerbemuseumsplatz 4, Ebene L2, Ausstellungskabinett, zu sehen und in Kooperation mit dem Nürnberger Kulturbeirat zugewanderter Deutscher im Haus der Heimat Nürnberg entstanden. Der Eintritt ist frei.

Sieglinde Bottesch siedelte 1987 aus ihrem Geburtsort Hermannstadt (Sibiu) in Siebenbürgen (Transsylvanien) nach Deutschland um. Die in der Ausstellung „Mythologie und Historie“ gezeigten Grafiken stammen zum größten Teil noch aus der Zeit davor. Ohne Farbe kommen die schwarz-weißen Illustrationen zu siebenbürgisch-sächsischen Sagen und Sprichwörtern aus. Sie wurden mit einfachsten Mitteln zumeist als Linolschnitte gefertigt. Bottesch faszinierte an den mündlich überlieferten Erzählungen vor allem die fantasievollen, die Wirklichkeit übersteigenden Inhalte: Immer wieder treten Drachen, Feen, Truden (Hexen), Riesen oder Zwerge auf, es kommen eine „Alte mit der Eisennase“ oder ein „Kleiner mit dem roten Schwänzchen“ vor. Tiere wie Schlangen, Hunde, Büffel oder Schweine spielen eine wichtige Rolle. Zielsicher greift Sieglinde Bottesch einzelne Figuren oder kleine Episoden aus diesen Einblicken in eine Welt der Mythen, Sagen und Volksweisheiten heraus und übersetzt diese in archetypische Bilder, die das Derbe, das Grausame, Unheilvolle und Bedrohliche der Texte nicht aussparen. Die bewusst auf den harten Kontrast von Schwarz und Weiß, von Linie und Fläche reduzierte Bildsprache ist künstlerisch gewollt und entspricht der einfachen Sprache der volkstümlichen Erzählungen.

Sieglinde Botteschs „Hexenzyklus“
Der erstmals ausgestellte „Hexenzyklus“ beruht dagegen auf der literarischen Bearbeitung eines authentischen, heute im Staatsarchiv Hermannstadt aufbewahrten Dokuments: In dem Romanprojekt „Kleine Hexe kleine Hexe“ verarbeitete die Schriftstellerin Ricarda Terschak (1929-2012) erhaltene Zeugnisse zu Hexenprozessen. Entsetzen und Erschütterung Sieglinde Botteschs über das vor allem Frauen zugefügte Leid sprechen aus den zwischen 2017 und 2021 entstandenen Monotypien. Die dunklen, beklemmenden Bilder zeigen die Ausweglosigkeit der einmal Beschuldigten, deren Weg vom Aufkommen der ersten Gerüchte an vorgezeichnet ist und nach Beschuldigung, Befragung und Folter unweigerlich auf dem Scheiterhaufen endete. Die Bilder können als Mahnmale verstanden werden für das Unrecht, das Menschen anderen Menschen zufügen.

Über die Künstlerin
Sieglinde Bottesch wurde 1938 in Hermannstadt/Sibiu geboren, 1987 siedelte sie nach Deutschland über. Sie lebt und arbeitet als Malerin, Grafikerin und Objektkünstlerin in Ingolstadt. Weitere Informationen zur Künstlerin unter http://www.sieglinde-bottesch.de.

Zur Ausstellung
In loser Folge präsentiert die Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg Werke zeitgenössischer Buchkünstlerinnen und Buchkünstler. Die Ausstellung „Mythologie und Historie“ ist in Kooperation mit dem Nürnberger Kulturbeirat zugewanderter Deutscher im Haus der Heimat Nürnberg entstanden. Sie ist während der Öffnungszeiten der Stadtbibliothek Zentrum, Montag bis Freitag von 11 bis 19 Uhr und Samstag von 11 bis 16 Uhr zu sehen.

An den Donnerstagen 14. und 21. Juli 2022, jeweils um 17 Uhr, finden Ausstellungsführungen von Sieglinde Bottesch statt. Der Treffpunkt ist auf der Ebene L2, der Eintritt ist frei. Nur bei den Führungen zu erwerben: Sieglinde Bottesch: Siebenbürgisch-sächsische Sagen und Sprichwörter in Bildern. Mit Texten von Friedrich Schuster und Claus Stephani, Ingolstadt 2016, 20 Euro. maj

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