Vogelmalerei - Prächtige, 200 Jahre alte Bildtafeln enthüllen den Wandel in der einheimischen Vogelwelt

Zeichner und Stecher: Ambrosius Gabler Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, Med. 281. 2°, 2. Lieferung, Blatt 4, Detail
Ab 3. November im Ausstellungskabinett der Stadtbibliothek Zentrum
Die Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg ist im Besitz des größten und schönsten deutschen Tafelwerks zu einheimischen Vogelarten.
Die „Naturgeschichte der Vögel Deutschlands“ ist eine Bestandsaufnahme von rund 120 Arten, die die beiden Pioniere der deutschen Vogelkunde, Dr. Johann Wolf und Dr. Bernhard Meyer, zwischen 1805 und 1821 in ihrem Umfeld vorfanden.
Die Ausstellung „Vogelmalerei“ enthüllt anhand der rund 200 Jahre alten, prächtigen Bildtafeln den Wandel in der einheimischen Vogelwelt. Die Ausstellung, eine Kooperation mit dem Landesbundes für Vogel- und Naturschutz e.V. (LBV), ist von Freitag, 3. November 2023, bis Samstag, 3. Februar 2024, im Ausstellungskabinett der Stadtbibliothek Zentrum, Gewerbemuseumsplatz 4, auf der Ebene L2 zu sehen.
Der Eintritt ist frei.

Eine Kooperation des Landesbundes für Vogel- und Naturschutz e.V. und der Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg.
3. November 2023 bis 3. Februar 2024
Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg – Stadtbibliothek Zentrum
Ebene L2, Ausstellungskabinett
Gewerbemuseumsplatz 4, 90403 Nürnberg
Öffnungszeiten Mo-Fr 11-19 Uhr, Sa 11-16 Uhr,
Sonn- und Feiertage geschlossen
Eintritt frei
Begleitveranstaltungen
Zum Werk

Turmfalke. Falco tinnunculus; Männchen Zeichner und Stecher: Ambrosius Gabler Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, Med. 281. 2°, 2. Lieferung, Blatt 1
1809 meldete der Kunsthändler Johann Friedrich Frauenholz in einem Verkaufskatalog, er wolle mit der „Naturgeschichte der Vögel Deutschlands“ eine Lücke schließen: Es fehle bisher an Darstellungen, die „den besondern Charackter des Vogels unverändert auffassen, seinen Bau in jedem Theile sorgsam wiedergeben, der Farbe und Lage der Federn in allen Nuancen und Wendungen folgen, und so die Wünsche des Naturforschers in jeder Hinsicht befriedigt hätten“. Er strebe mit den von ihm vorgelegten Kupferstichen „den ersten Platz unter den naturhistorischen deutschen Werken dieser Klasse“ an.
Kein Aufwand wurde für dieses Werk gescheut: Die Künstler nutzten bevorzugt natürliche, frisch geschossene oder gefangene Exemplare als Vorlagen für ihre Zeichnungen und nahmen seltener zu ausgestopften Bälgen Zuflucht. Berücksichtigt wurden – wenn im Aussehen abweichend – Männchen und Weibchen sowie teilweise Jungvögel.

Zeichner und Stecher: Ambrosius Gabler Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, Med. 281. 2°, 2. Lieferung, Blatt 1
Die Abzüge der nach Gouachen entstandenen Kupferstiche erhielten eine sorgfältige Kolorierung in deckend aufgetragenen, vielfach abgestuften Farbtönen – die Annäherung an Gemälde ist unverkennbar. Das überwiegend von der englischen Papiermühle Whatman bezogene Velinpapier eignete sich aufgrund der dem Pergament (lat. vellum, franz. vélin) gleichenden, glatten Oberfläche hervorragend für eine Bemalung. Außerdem erlaubte es mit seinem Format (50x40 cm) eine Wiedergabe der Vögel in überwiegend natürlicher Größe.
Von 1805 bis 1821 erschienen 181 Tafeln in 30 Lieferungen mit in der Regel je sechs Tafeln. Im Textband wird eine jede Art in ihrem Aussehen sowie mit Eigenschaften, Nahrung, Fortpflanzung, Nutzen, Schaden, natürlichen Feinden und den Methoden zum Fang ausführlich in deutscher und französischer Sprache beschrieben.
Verlegt in einer Zeit des wirtschaftlichen Niedergangs und politischen Umbruchs, blieb der Absatz des Luxuswerkes hinter den Erwartungen zurück. 1809 wurde eine Auflage von maximal 100 Exemplaren genannt; erhalten haben sich weltweit 35 bekannte Exemplare.
Die an der ‚Naturgeschichte der Vögel Deutschlands‘ beteiligten Personen
Initiator und Hauptautor:
Dr. Johann Wolf (1765-1824), Nürnberg, Lehrer an einer Privatschule zur Ausbildung „praktischer Männer“ seit 1790 und an der Industrie-Knabenschule seit 1803, Schullehrerseminar-Inspektor seit 1811. Naturhistorisch interessiert, besaß er ein Vogelkabinett und war 1801 Mitgründer der Naturhistorischen Gesellschaft in Nürnberg außerdem Mitglied der Societät für Forst und Jagdkunde in Dreißigacker.
Mitautor
Dr. Bernhard Meyer (1767-1836), Offenbach, bedeutender hessischer Ornithologe und Besitzer eines Vogelkabinetts, Mitglied mehrerer naturhistorischer Gesellschaften. Ab der 8. Lieferung am Vogelbuch beteiligt.
Verleger
Johann Friedrich Frauenholz (1758-1822), Nürnberg, Kunstsammler, Kunsthändler und Kunstverleger seit 1787. 1792 Mitgründer der Kunst-Societät, des ersten Kunstvereins in Deutschland. Mitglied der Freimaurerloge ‚Zu den drei Pfeilen‘, der Malerakademie, der Gesellschaft zur Beförderung der vaterländischen Industrie‘ und des Pegnesischen Blumenordens.
Friedrich Fleischmann, Porträt Johann Friedrich Frauenholz (1758-1822), Kupferstich um 1810. Museen der Stadt Nürnberg, Grafische Sammlung, Inventar-Nr. Portr. F330,2
Künstler
Ambrosius Gabler (1762-1834), Nürnberg, Mitglied der Malerakademie 1782, Kupferstecher seit 1783. Der Spezialist für naturhistorische Darstellungen lieferte gemalte Vorlagen und/ oder stach nach diesen.
Legende: Christoph Wilhelm Bock, Porträt Ambrosius Gabler (1762-1834), Radierung um 1820. Museen der Stadt Nürnberg, Grafische Sammlung, Inventar-Nr. Portr. G2,2
Johann Matthias Hergenröder (1774-1837), Offenbach, Maler und Kupferstecher, lieferte gemalte Vorlagen vor allem von Exemplaren im Vogelkabinett von Bernhard Meyer.
Johann Carl Bock (1757-1843), Nürnberg, Kupferstecher seit 1783, stach nach gemalten Vorlagen von Ambrosius Gabler und Johann Matthias Hergenröder.
Zur Auswahl der Tafeln
Der um 1800 in Nürnberg tätige Lehrer Johann Wolf interessierte sich nicht für exotische fremdländische Vögel, sondern entschied sich bewusst für die Erforschung der bisher weitgehend vernachlässigten heimischen Vogelwelt. Über den später hinzugestoßenen Mitautor, den in Offenbach ansässigen Ornithologen Bernhard Meyer, lernte auch Johann Wolfgang von Goethe das von Johann Wolf begonnene Tafelwerk kennen. Er lobte die „vollständige Reihe inländischer Vögel“ vor allem für „die genaue Nachbildung organischer Wesen, unter welchen die mannigfaltige Gestalt der Vögel … die feinste Unterscheidungsgabe des Künstlers und dessen gröste Sorgfalt in Anspruch nimmt“.
Die ‚Naturgeschichte der Vögel Deutschlands‘ bietet eine Bestandsaufnahme von rund 120 Vogelarten, die die beiden Pioniere der deutschen Vogelkunde zwischen 1805 und 1821 in ihrem Umfeld vorfanden.
Diese Arten waren einst unsere häufigen Nachbarn, selbst in stark von uns geprägten Lebensräumen wie den Städten Nürnberg und Frankfurt. Doch heute sind viele von ihnen selten geworden oder gar vom Aussterben bedroht. Tradierte Vorstellungen vom Schaden oder Nutzen einzelner Arten wirken nach und verlieren nur langsam an Bedeutung. Aber es gibt Hoffnung: Dank des Engagements von Ehrenamtlichen und Naturschutzverbänden kehren einige dieser verloren geglaubten Arten zurück. Jeder von uns kann dabei im Alltag helfen.
In dieser Ausstellung wollen wir in der Kunst der Kupferstecher Arten vorstellen, die noch heute in Nürnberg und Umgebung leben. Nun, da Sie sie hier kennengelernt haben, werden Sie sie vielleicht auch draußen in der Stadt entdecken – und schützen.
Texte: Dr. Cathérine Conradty und Dr. Christine Sauer
