Dr. Melanie Wager vom Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände hat für ihre Dissertation zur Geschichte und Propagandawirkung des wohl bekanntesten radikal-antisemitischen NS-Propagandablatts „Der Stürmer“ geforscht. Bereits 1923 gründete der spätere fränkische Gauleiter Julius Streicher diese Zeitung und verbreitete über 20 Jahre lang Hass und Hetze – made in Nürnberg. Das Ergebnis ihrer Forschungen liegt nun unter dem Titel „‚Der Stürmer‘ und seine Leser – Ein analoges antisemitisches Netzwerk“ vor. Dr. Melanie Wager präsentiert ihr Buch am Donnerstag, 7. Dezember 2023, um 18.30 Uhr im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, Bayernstraße 110.
Auch 100 Jahre nach dem Erscheinen der ersten Ausgabe gilt die Leserschaft des „Stürmer“ geradezu als Musterbeispiel erfolgreicher Indoktrination. Dr. Melanie Wager reflektiert diese Einschätzung auf Grundlage einer umfassenden Analyse des Blatts als zeitgenössisch neuartiger „antisemitischer Boulevard“ und weit über den Erscheinungsort Nürnberg hinaus äußerst populäres Massenmedium. Anhand historischer Quellen – allen voran in Verbindung mit den von „Stürmer“-Aktivisten in Eigeninitiative errichteten „Stürmerkästen“ – zeigt sie eindrücklich das Zusammenspiel zwischen der Leserschaft und der „Stürmer“-Schriftleitung als „Stürmerkampfgemeinschaft“ auf. Diese „Community“ funktionierte angesichts der damaligen medialen Rahmenbedingungen durchaus in der Art eines analogen antisemitischen Netzwerks.
Das Blatt erschien bis Februar 1945, wenige Wochen nach Kriegsende wurde Streicher verhaftet und als Vertreter der Presse – zum ersten Mal überhaupt – für die Folgen von Propaganda angeklagt. Das umstrittene Todesurteil gegen Streicher basierte letztlich auf der vom Internationalen Militärgerichtshof diagnostizierten und zugeschriebenen massiven Propagandawirkung des „Stürmer“.
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung per E-Mail an dokumentationszentrum@stadt.nuernberg.de wird empfohlen. js