Markenzeichen der Stadt Nürnberg

Nachrichten aus dem Rathaus

Nr. 203 / 29.02.2024

NSU-Dokumentationszentrum: Großes Interesse bei der Stadt Nürnberg

Mit großem Interesse hat die Stadtspitze die heute vom Bundesministerium des Innern und für Heimat vorgestellte Machbarkeitsstudie zu einem Dokumentationszentrum zum NSU-Komplex zur Kenntnis genommen.

In dieser von der Bundeszentrale erarbeiteten Studie werden die Eckpunkte der bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbarten Einrichtung skizziert, neben den Hauptaufgaben auch deren mögliche Verortung. Die Entscheidung darüber soll noch in diesem Jahr fallen.

„Als Vertreter der Stadt, in der die schändliche Mordserie des NSU ihren Anfang nahm und die drei Mordopfer zu beklagen hat, begrüße ich die nun publizierte Konkretisierung des Projekts. Gerade die kürzlich erfolgte Anklageerhebung gegen eine mutmaßliche Unterstützerin des Kerntrios, die in engem Zusammenhang mit den in Nürnberg verübten Taten steht, zeigt die Unabgeschlossenheit des NSU-Komplexes“, sagt Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König.

Das Konzept weist dem Projekt drei Ziele zu: Es soll ein würdiges Gedenken für die Opfer der Verbrechensserie geschaffen werden. Zudem muss eine kritische Auseinandersetzung mit dem umfassenden Versagen des Staats, seiner Kontroll- und Ermittlungsbehörden stattfinden. Und drittens soll ein umfassendes Angebotskonzept der historisch-politischen Bildung entwickelt werden. Eine weitere Anforderung des komplexen Auftrags ist die Frage nach einem Zusammenführen der augenblicklich stark fragmentierten Akten- und Archivlandschaft in einem sogenannten Bewegungsarchiv.

In Nürnberg gibt es seit Jahren eine vielstimmige Auseinandersetzung mit dem Thema. Sie reicht von städtischen und institutionalisierten Formaten wie der Errichtung von Gedenkorten und der Auslobung des Mosaik-Jugendpreises bis hin zu zahlreichen zivilgesellschaftlichen Aktivitäten wie dem Straßenfest gegen Rassismus und künstlerischen Annäherungen bei Kulturveranstaltungen.

Insbesondere die Einbettung eines zukünftigen Dokumentationszentrums zum NSU-Komplex in die vorhandene Bildungs- und Wissenschaftslandschaft mit dem Memorium Nürnberger Prozesse, dem Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien oder der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg kann den damit verbundenen Zielsetzungen in hohem Maße Rechnung tragen.

Bürgermeisterin Prof. Dr. Julia Lehner betont: „Nürnberg eignet sich dezidiert als zentraler Standort für ein künftiges NSU-Dokumentationszentrum – die hier vorhandene institutionelle Expertise und ein festes Netzwerk lokaler und regionaler Akteursgruppen und Bildungsträger sind für ein Projekt, das bundesweite Wirksamkeit entwickeln soll, eine starke Basis.“

Seit Jahren bemühen sich in Nürnberg eine Reihe von bürgerschaftlichen Initiativen und die Kommune um ein würdevolles Gedenken an die Opfer der rechtsextremen Terrorgruppe. Oberbürgermeister Marcus König: „Bei all unseren Aktivitäten steht immer die Perspektive der Betroffenen im Vordergrund. Dies erwarten wir auch von der Konzeption des Dokumentationszentrums. Keinesfalls darf dieses zu einer Musealisierung oder gar Historisierung des Themas führen. Es muss neben dem würdigen Gedenken an die Opfer ein Raum für Diskurs und Auseinandersetzung geschaffen werden. Gerade im Kampf gegen Rechtsextremismus fordern junge Menschen: ,Gebt uns Wissen und Argumente‘ – dies soll und kann ein solches Dokumentationszentrum leisten.“

Auch wenn ein zentraler Standort eine größere Strahlkraft entfalten würde, favorisiert man in Nürnberg eine dezentrale Architektur der Einrichtung. Es bedarf aus Sicht des Menschenrechtsbüros einer topografischen Konkretisierung vor der eigenen Haustüre. Eine Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex muss den jeweiligen lokalen Strukturen und Bedürfnissen angepasst werden. Nur so bleibt das Thema lebendig und in der Gesellschaft verankert.   fra