Nachrichten aus dem Rathaus

Bei einem Artist Talk am Freitag, 3. Mai 2024, um 18 Uhr in der Kunsthalle Nürnberg, Lorenzer Straße 32, spricht die Kuratorin Dr. Harriet Zilch mit der Künstlerin Sung Tieu über ihre ausgestellten Werke, die die Geschichte vietnamesischer Vertragsarbeiterinnen und -arbeiter in der DDR thematisieren. Die Ausstellung „One Thousand Times“ ist noch bis Sonntag, 9. Juni, in der Kunsthalle zu sehen.

1980 schloss die DDR mit der Sozialistischen Republik Vietnam einen Vertrag zur Aufnahme von vietnamesischen Leiharbeiterinnen und -arbeitern, die in den volkseigenen Betrieben der DDR als befristete Arbeitskräfte eingesetzt werden sollten. Versprochen wurden allen eine Ausbildung und Sprachkurse. Die Realität sah anders aus: Die Arbeitskräfte wurden in der Regel für niedrige Arbeiten eingesetzt und Sprachkurse wurden, wenn überhaupt, auf ein Mindestmaß reduziert. Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung sollte in jedem Fall vermieden werden. Ungefähr 60 000 Vietnamesinnen und Vietnamesen kamen aufgrund dieses Abkommens in die DDR, auch Sung Tieus Vater. Die Arbeitskräfte wurden in Wohnheimen mit kleinen Wohneinheiten untergebracht, meist in Mehrbetträumen mit Gemeinschaftsküche und -bad.

Sung Tieu verbrachte einen Teil ihrer Kindheit in einem der größten dieser Wohnheime in Berlin. In der Ausstellung thematisiert sie – ausgehend von ihren intensiven Recherchearbeiten in Archiven – nicht nur die Regulierung der Wohnsituation und die mangelnde Privatsphäre durch allgegenwärtige Kontrolle, sondern auch die Arbeitsbedingungen der vietnamesischen Arbeitskräfte in den volkseigenen Betrieben. Die Ergebnisse ihrer Archivforschungen sind ebenso in die Ausstellung integriert wie ausgewählte Originalprodukte, die von Vertragsarbeiterinnen und -arbeitern hergestellt wurden.

Das Gespräch kostet 4 Euro zuzüglich zum Eintritt in die Ausstellung.    jos