Nr. 1240 / 13.11.2024
Als erste Volkshochschule in Deutschland startete das Bildungszentrum (BZ) im Herbst 1974 mit einem Erwachsenenbildungsangebot für Menschen mit Behinderung. 50 Jahre später ermöglicht das BZ-Programm „barrierefrei Lernen“ mit weit über 100 Kursangeboten im Halbjahr Bildung sowie gemeinsames Lernen und Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung. Selbstbestimmung sowie die Ermöglichung von Teilhabe und Inklusion sind die zentralen Zielsetzungen. Aktuell werden im Programm „barrierefrei Lernen“ pro Jahr rund 240 Veranstaltungen mit über 2 400 Teilnehmenden angeboten.
Das Angebot im Bereich „barrierefrei Lernen“ umfasst Arbeits- und Gesprächskreise sowie Lernkurse für die verschiedensten Bereiche des Alltags und Berufs: von Ernährung über kreatives Gestalten, Theater, Musik und Tanz bis zu Bewegung und Entspannung. Außerdem werden gemeinsame Aktivitäten im Bereich Freizeit und Kultur sowie Kurse für Gebärdensprache angeboten. Das BZ unterstützt und berät behinderte Erwachsene, deren Angehörige und in der Behindertenarbeit tätige Menschen. Viele Hilfsmittel und Unterstützungsmaßnahmen werden auf Anfrage organisiert, so beispielsweise Gebärdensprachdolmetschende oder mobile Höranlagen auch für die vielen BZ-Angebote, die nicht zum Bereich „barrierefrei Lernen“ gehören.
Rückblick
Ein Jahrzehnt nach Einführung der Schulpflicht für Menschen mit Behinderung forderte in Nürnberg die basisdemokratisch organisierte „Hörervertretung“ auf Drängen einer Elterninitiative, auch die Teilhabe in der Erwachsenenbildung zu realisieren. Der Stadtrat entschied 1973, am Bildungszentrum Nürnberg einen eigenen Fachbereich unter Leitung von Dr. Manfred Hambitzer einzurichten. Im ersten Programm des Fachbereichs „Problemverarbeitung, Sonderpädagogik und Rehabilitation“ wurden bereits 30 Kurse angeboten: vom Gesprächskreis über Lernkurse bis hin zu kreativen Gestaltungs- und Bewegungskursen. In den Folgejahrzehnten konnten das Angebot im Bereich „Behinderte-Nichtbehinderte“ deutlich ausgeweitet sowie viele neue Schwerpunkte und Projekte entwickelt werden.
Seit 2013 umbenannt in „barrierefrei Lernen“ engagierte sich der Bereich des Bildungszentrums auch frühzeitig für Inklusion, den Aufbau des Behindertenrats Nürnberg und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), unter anderem für den Nürnberger Aktionsplan.
Zwischen 1981 und 2021 gaben die Teilnehmenden von „barrierefrei Lernen“ eine eigene Zeitschrift „Sprachrohr – Für den offenen Dialog zwischen behinderten und nichtbehinderten Menschen“ heraus. Das Medium hält mit seinen 40 Jahren Fortbestand einen Rekord als dauerhafteste Zeitschrift, die von Menschen mit Behinderung gestaltet wurde und in der diese die Themen bestimmen.
Einige der Bildungsangebote bei „barrierefrei Lernen“ wurden mit Preisen ausgezeichnet: „Radio Handicap“, ein eigener Radiosender für behinderte Menschen, der von Teilnehmenden und Kursleitenden des BZ in Zusammenarbeit mit dem alternativen Lokalfunk initiiert wurde, erhielt 2001 den erstmals vergebenen Nürnberger Inklusionspreis der Stiftung Lebenshilfe (damals noch Nürnberger Behindertenpreis). Bis Ende 2018 berichteten Menschen mit Behinderung auf „Radio Handicap“ aus ihrem Leben, diskutierten brennende Themen und gaben Tipps und Termine weiter. Das inklusive „Theater Dreamteam“, das seit vielen Jahren mit seinen selbstentwickelten Stücken voll absurdem Humor und kritischen Denkanstößen das Publikum begeistert, erhielt 2007 ebenfalls den Nürnberger Inklusionspreis und wurde 2019 mit dem Kulturpreis der Stadt Nürnberg ausgezeichnet.
Der Bereich „barrierefrei Lernen“ hat dazu beigetragen, dass Menschen mit Behinderung in der Volkshochschule nicht mehr am Rande stehen. Die Angebote ermöglichen behinderten Menschen Bildung, Selbstbestimmung und erfolgreiches Lernen und beziehen dabei alle in die Angebote mit ein: Menschen mit und ohne Behinderung beziehungsweise mit Unterstützungsbedarf.
Ausblick
Seit dem Start 1974 konnte vieles auf dem Weg zum barrierefreien Lernen erreicht werden – und vieles bleibt weiterhin zu tun. Aus Sicht der Teilnehmenden ist neben einem kontinuierlichen Fortbestand der aktuellen Angebote beispielsweise wichtig, dass eine einfachere und problemlosere Kostenübernahme des Behindertenfahrdiensts beziehungsweise der Taxen möglich wird und dass beim Kursbesuch ausreichend Unterstützung und Hilfestellungen zur Verfügung stehen.
Gefeiert wird das Jubiläum mit einem Festakt am Freitag, 15. November 2024. Auf dem Programm stehen Grußworte des Oberbürgermeisters Marcus König, der Zweiten Bürgermeisterin Prof. Dr. Julia Lehner und des Vorsitzenden des Behindertenrats Nürnberg, Peter Vogt, sowie ein Streifzug durch die letzten 50 Jahre mit Susanne Bell von der Volkshochschule Frankfurt und Michael Galle-Bammes, Leiter des Bereichs „barrierefrei Lernen“ am BZ. Anschließend haben die Gäste die Möglichkeit, ausgesuchte Kursangebote kennenzulernen. Der Abend wird umrahmt von Musik- und Tanzvorführungen.
Mehr Informationen zum Bereich „barrierefrei Lernen“ sowie zum Jubiläum gibt es auf der Webseite des BZ bz.nuernberg.de. Eine Beratung und Anmeldung für die Kurse ist möglich per E-Mail an
BZ-barrierefrei@stadt.nuernberg.de sowie telefonisch über die Nummer 09 11 / 2 31 - 26 87. jos