Nr. 207 / 25.02.2025
Das Jahr 1945 markiert eine der größten Zäsuren in der Geschichte der Stadt Nürnberg. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und in Folge der NS-Terrorherrschaft lagen weite Teile der Stadt in Trümmern. Gleichzeitig richteten sich die Augen der Welt auf die Stadt, in der vor 80 Jahren die Nürnberger Prozesse begannen und sich das moderne Völkerstrafrecht konstituierte. Der Geschäftsbereich Kultur wird über das Jahr 2025 hinweg in den unterschiedlichsten Formaten und einer Reihe von Ausstellungen und Veranstaltungen an das Jahr 1945 erinnern.
„Für Nürnberg bedeutete das Ende des Zweiten Weltkriegs einen bedeutenden Wendepunkt. Mit dem Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft fand sich die Stadt vor 80 Jahren in weiten Teilen zerstört wieder. Die Museen der Stadt Nürnberg, das Stadtarchiv Nürnberg und das Bildungszentrum Nürnberg werden in den kommenden Monaten diese Zeit aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln fokussieren, auch in der Kongresshalle werden Zeitzeugen zu Wort kommen. Gerade vor dem Hintergrund eines Endes der Zeitzeugenschaft ist es von Bedeutung, die Erinnerung stetig zu konkretisieren und festzuhalten“, so Bürgermeisterin Prof. Dr. Julia Lehner
Veranstaltungsreihe der Museen der Stadt Nürnberg
Ob Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, Memorium Nürnberger Prozesse, Museum Tucherschloss, Albrecht-Dürer-Haus oder das Haus des Spiels – alle Häuser der städtischen Museen widmen sich im Lauf des Jahres 2025 im Verbund in unterschiedlichsten Formaten der Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Nürnberg. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen nach den Verantwortlichkeiten für die NS-Verbrechen, nach mit Kriegsende und Nachkriegszeit verbundenen Brüchen und Kontinuitäten wie insbesondere auch nach Kindheit und Alltag in Nürnberg vor acht Dekaden.
Die zentrale Veranstaltung wird im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände am Donnerstag, 8. Mai 2025, ausgerichtet. Zum historischen Datum des offiziellen Kriegsendes werden auf Einladung der Stadt Nürnberg mit dem Leibnitz-Preisträger Prof. Dr. em. Ulrich Herbert und Prof. Dr. Gabriele Metzler (Humboldt-Universität zu Berlin) zwei hoch anerkannte Historiker zur Frage „Kriege als Zäsuren“ diskutieren. Dabei soll Nürnbergs Geschichte ebenso im Mittelpunkt stehen wie auch aktuelle Konfliktszenarien und deren Auswirkungen.
Am 21. November vor 80 Jahren begann im Nürnberger Justizpalast mit dem Hauptkriegsverbrecherprozess die juristische Aufarbeitung des NS-Terrors. Gleichsam markiert das Datum auch die Geburtsstunde des modernen Völkerstrafrechts. Das Memorium Nürnberger Prozesse nimmt dies zum Anlass, von Freitag bis Sonntag, 21. bis 23. November, zu Tagen der offenen Tür einzuladen. Die Führungen durch das Museum und die Ausstellung finden mehrsprachig statt, vorgesehen sind ebenfalls vertiefende Themenführungen und Außenrundgänge durch Justizpalast und Justizvollzugsanstalt als Schauplatz der Verfahren. Die Rundgänge werden auch in Gebärdensprache angeboten.
Tags zuvor, am Donnerstag, 20. November, wird am historischen Ort des Saals 600 ein „History-Slam“ veranstaltet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen allgemeinverständlich und unterhaltsam Bezug auf 80 Jahre Nürnberger Prozesse und ringen in einem Vortragswettbewerb um die Gunst des Publikums. Der Eintritt ist zu allen Veranstaltungen frei.
In den kommenden Wochen und Monaten laden die Museen der Stadt Nürnberg Zeitzeugen ein, präsentieren emblematische Objekte, lassen Historikerinnen und Historiker zu Themen der Alltagsgeschichte sprechen. Nürnbergs Museen berichten über die Befreiung des Kriegsgefangenenlagers Langwasser, zeigen im Cube 600 eine Wanderausstellung zum Thema „Albert Speer in der Bundesrepublik. Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit“.
Das Haus des Spiels macht die Enteignung und den Wiederaufbau der jüdischen Spielefirma J.W. Spear & Söhne zum Thema. Ein Vortrag im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände stellt die Frage „Von der Kriegswirtschaft in den Massenkonsum? Kontinuitäten und Brüche in der industriellen Produktion Deutschlands“. Hier wird auch das Buch „Städtebau im Nationalsozialismus – Angriff, Triumph, Terror im europäischen Kontext 1933-1945“ vorgestellt.
Das Stadtmuseum im Fembo-Haus blickt mit Themenführungen auf seine eigenen Wurzeln und die zerstörte Altstadt zurück. Ergänzt wird das umfängliche Angebot durch Objektpräsentationen in ausgewählten Häusern.
Die Veranstaltungsreihe wird durch fortlaufende Publikationen auf dem Blog der Städtischen Museen und den Social-Media-Kanälen der Häuser begleitet.
Weitere Informationen hierzu gibt es unter museen.nuernberg.de/angebote/veranstaltungsreihe-kriegsende.
Der Bau der Kongresshalle – Eine Ausstellung des Stadtarchivs Nürnberg
Der Grundstein für die Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände wurde am 11. September 1935, vor 90 Jahren, auf dem „Reichsparteitag der Freiheit“ der NSDAP gelegt.
Die Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände wird derzeit baulich für eine erweiterte kulturelle Nutzung durch das Staatstheater Nürnberg sowie Künstlerinnen und Künstler aller freien Sparten vorbereitet. Der Umgang mit dem bislang in weiten Teilen ungenutzten Bauwerk stellt auch weiterhin eine große Herausforderung für eine demokratisch geprägte Gesellschaft dar.
Das Stadtarchiv Nürnberg nimmt dies zum Anlass, von Donnerstag, 11. September, bis Sonntag, 9. November, die nie vollendete Bau-Geschichte der Kongresshalle in einer Präsentation zu visualisieren. Die Kontextualisierung der Baupläne sollen zu einer Auseinandersetzung mit dem unfertigen Monumental-Bau einladen, der ursprünglich den Repräsentationszwecken des NS-Regimes dienen sollte.
Archiv-Blog und Social-Media-Reihe
Auf dem Internet-Blog der Stadtarchive der Metropolregion wird im Laufe des Frühjahrs 2025 eine Artikel-Serie zur Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren publiziert. Bereits erschienen ist ein Beitrag zur Bombardierung Nürnbergs am 2. Januar 1945. Geplant sind in der Folge drei weitere Beiträge: „Verwalten in Trümmern“ zur städtischen Verwaltung in der zerstörten Stadt, „Die letzten Tage“ zum unmittelbaren Kriegsende in Nürnberg rund um den 20. April 1945 und mit Bezug zur Nachkriegszeit „Die Amerikaner kommen“. Auf den erfolgreichen Social-Media-Kanälen des Stadtarchivs wird die Artikelserie ebenso eingeordnet und publiziert.
Weitere Informationen hierzu gibt es unter stadtarchiv.nuernberg.de und https://www.stadtarchive-metropolregion-nuernberg.de.
Zeitzeugen in der Kongresshalle
In Kooperation mit der Programmdirektion Kultur des Bayerischen Rundfunks werden am Dienstag, 29. April, im dann neu eröffneten Segment #15/16 der Kongresshalle Fragen der Zeitzeugenschaft thematisiert. Präsentiert werden Video-Installationen mit Zeitzeugeninterviews, die an die Ereignisse vor 80 Jahren erinnern und das NS-Unrechtssystem dokumentieren. BR-Programmdirektor Andreas Bönte wird eine prominent besetzte Podiumsdiskussion moderieren, die im Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt werden soll. Der in München lebende französische Pianist Jean-Pierre Collot wird zur Einführung die Sonate „27. April 1945“ für Klavier von Karl Amadeus Hartmann (1905-1963) aufführen, die unter dem Eindruck der Todesmärsche Dachauer KZ-Häftlinge entstand.
Weitere Informationen hierzu befinden sich unter nuernberg.de/internet/kongresshalle/.
80 Jahre Kriegsende – Nie Wieder ist Jetzt! – Angebote des Bildungszentrums Nürnberg
Eine dreiteilige Reihe des Bildungszentrums (BZ) Nürnberg in Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und dem Memorium Nürnberger Prozesse thematisiert die politischen Ursprüngen der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten mit den Unterschieden in den europäischen Erinnerungen an den zweiten Weltkrieg und mit dem Streben nach Gerechtigkeit nach Kriegsverbrechen.
Am Dienstag, 11. März, stellt Journalist und Autor Jens Bisky im BZ am Gewerbemuseumsplatz 2 sein Buch „Die Entscheidung. Deutschland 1929 bis 1934“ vor. Am gleichen Orte stellen die Historikerin Dr. Franziska Davies (Ludwig-Maximilians-Universität München) und der Historiker Dr. Moritz Florin (FAU) am Dienstag, 18. März, die Frage nach der Relevanz unterschiedlicher Erinnerungen an das Kriegsende. Die Reihe beschließt ein Vortrag des Leiters des Memoriums Nürnberger Prozesse, Dr. Alexander Korb, am Dienstag, 1. April, unter dem Titel „Wie wurde der Gerechtigkeit Genüge getan und warum ist es heute relevant?“
Weitere Informationen zu den Angeboten des BZ gibt es unter bz.nuernberg.de/themen/demokratie-im-gespraech/80-jahre-kriegsende. jos