Nr. 1024 / 25.09.2023
Der Geschäftsbereich Kultur der Stadt Nürnberg präsentiert ab Donnerstag, 28. September 2023, um 19 Uhr die Videoinstallationen „Naughty Boys and Girls“ und „Serie Deutschland“ des Künstlerduos Hofmann&Lindholm. Die Ausstellung im Segment#1 der Kongresshalle, Bayernstraße 110, wird mit einem Künstlergespräch eröffnet und endet am Sonntag, 15. Oktober. Die Produktionen des Regie- und Autorenteams sind an den Wochentagen Freitag, Samstag und Sonntag jeweils von 12 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Hofmann&Lindholm realisieren Projekte an den Schnittstellen von szenischer, bildender und akustischer Kunst. Dabei sind die konzeptbasierten Arbeiten von Hannah Hofmann (*1971) und Sven Lindholm (*1968) stets von der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Phänomenen und der Erkundung neuer Erzählweisen, Bildsprachen und Formate geprägt. Neben Inszenierungen, Texten, Hörstücken, Filmen, Medien- und Rauminstallationen finden sich zahlreiche szenische Gebrauchsanweisungen, Partituren und Aktionen, die Hannah Hofmann und Sven Lindholm im öffentlichen und privaten Raum umgesetzt haben und umsetzen.
Das Regie- und Autorenteam erhielt im April 2023 für seine herausragenden Arbeiten im Bereich der performativen Künste den Tabori-Preis des Fonds Darstellende Künste, die bundesweit höchste Auszeichnung in den Freien Darstellenden Künsten: „[Das] Werk von Hofmann&Lindholm [steht] für eine heutige ‚Ästhetik des Widerstands‘ […], die in Zeiten, in denen demokratische Gesellschaften immer häufiger eine Tendenz zum Populismus und zu autoritären Machtverhältnissen entwickeln, eine besondere Beachtung verdient“, so die Würdigung in der Laudation anlässlich der Preisverleihung.
„Naughty Boys and Girls"
Die Videoinstallation „Naughty Boys and Girls“ widmet sich einem zentralen kulturellen Schlüsselbegriff – dem der Vergebung. Dabei konfrontieren Hofmann&Lindholm das Publikum mit (verurteilten) Täterinnen und Tätern und der Frage nach Schuld und Sühne. Ist Vergebung tatsächlich eine Voraussetzung, zu verarbeiten? Wer darf vergeben? Oder Vergebung fordern? Und worin besteht der Übergriff im Umgang mit Täterinnen und Tätern – und nicht zuletzt ihren Opfern? Für „Naughty Boys and Girls“ animierten Hofmann&Lindholm Porträts von „Personae non gratae“ aus Geschichte und Gegenwart und präsentieren sie als einen grotesken Chor von Mimen, die handpuppengleich um Verzeihung bitten: „Entschuldigung, es tut mir leid.“
„Serie Deutschland"
4-Kanal-Videoinstallation
Seit 2008 „re-inszenieren“ Hofmann&Lindholm Fotografien, die aufgrund ihrer medialen Verbreitung das Bildgedächtnis der Deutschen nachhaltig geprägt haben. Dabei handelt es sich um Ereignisse nach 1945, wie beispielsweise die Unterzeichnung des Grundgesetzes durch Konrad Adenauer im Jahr 1949, die Entführung Hanns-Martin Schleyers durch die RAF 1977 oder die Kriegsverbrecherprozesse in Nürnberg in den Jahren 1945 und 1946. Jeweils vier gleichstarke Personengruppen greifen ein bestimmtes Motiv an seinem Entstehungsort auf. Als würde der Schein der Bildoberflächen trügen, wird die Fotografie als Schlüsselbild minutiös in Handlung – und damit in eine filmisch-kontinuierliche Beziehungsbildung aller sichtbaren Ebenen – rückübersetzt. Hiermit fordern Hofmann&Lindholm nicht allein zur Haltungsfindung auf: Indem sie die Referenzbilder als Handlungsanweisungen begreifen, laden sie Beteiligte und Rezipierende gleichermaßen dazu ein, sich ins Verhältnis zu setzen und thematisieren die Relation zwischen Einzelnem und sozialer Rolle in gesellschaftlichen Zusammenhängen. Es handelt sich um die exemplarische Umsetzung einer konzeptuellen Strategie: der inszenierten „Re-Lektüre“.
Auf dem Parkplatz des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände, Bayernstraße 110, ist der Zugang zum Veranstaltungsort in der Kongresshalle ausgeschildert. Auch bei sommerlichen Außentemperaturen ist es innerhalb der Kongresshalle relativ kühl. Entsprechende Kleidung ist empfehlenswert.
Zur Eröffnung der Ausstellung am Donnerstag, 28. September, wird es ein barrierefreies Angebot geben, um das Segment#1 mit dem Rollstuhl erreichbar zu machen. Es steht ein kostenfreier Fahrdienst zur Verfügung: Mobilitätseingeschränkte Personen werden um 18.15 Uhr vom Parkplatz Doku-Zentrum an der Tram-Haltestelle abgeholt und nach Veranstaltungsende wieder dorthin gefahren. Eine weitere Möglichkeit, einen Fahrdienst in Anspruch zu nehmen, besteht am Freitag, 6. Oktober, um 16 Uhr. Um eine Anmeldung per Mail an zep@stadt.nuernberg wird gebeten. js