Nachrichten aus dem Rathaus

Nr. 805 / 21.07.2015

Sozialreferent Prölß zum Betreuungsgeld

Der Nürnberger Referent für Jugend, Familie und Soziales, Reiner Prölß, begrüßt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Betreuungsgeld: „Wenngleich das Urteil Zuständigkeitsfragen zwischen Bund und Ländern geklärt hat und nicht die sozial- beziehungsweise bildungspolitische Wirkung des Betreuungsgelds beurteilte, so ist das Urteil dennoch eine wichtige Korrektur einer gesellschaftlich falschen Weichenstellung.“

Prölß bemängelt, dass bis heute kein ausreichendes Zahlenmaterial über die Inanspruchnahme und die Wirkung des Betreuungsgelds vorliegen. Renommierte Studien haben aber gezeigt, dass das Betreuungsgeld dazu beitrage, soziale Ungleichheit zu zementieren. So zum Beispiel die Ergebnisse des Abschlussberichts zur kommunalen Bedarfserhebung im Bereich der Betreuung von Kindern unter drei Jahren vom Forschungsverbund TU Dortmund und Deutsches Jugendinstitut. Der Bericht zeigte unter anderem, dass Eltern mit niedrigem Bildungsstand und niedrigem sozialökonomischen Status signifikant häufiger das Betreuungsgeld als Anreiz sehen, keine Kindertagesbetreuung in Anspruch zu nehmen. Das Betreuungsgeld verhindere vielfach somit eine zielgerichtete Förderung gerade jener Kinder, die diese am dringendsten benötigen.

Nach der Einführung der Geldleistung, die durch das Zentrum Bayern Familie & Soziales des bayerischen Sozialministeriums ausgezahlt wird, wurden laut Prölß auch Mitnahmeeffekte deutlich: Eltern bezogen Betreuungsgeld in der Zeit, in der sie auf die Zusage für einen Krippenplatz warteten. Auch gleichstellungs- und arbeitsmarktpolitisch sei das Betreuungsgeld kritisch zu betrachten. So sind es nur wenige Männer, die es beantragt haben.

Besonders ärgerlich für Kommunen sei zudem, dass es bisher keine
verlässlichen Zahlen zur Inanspruchnahme des Betreuungsgelds auf
kleinräumiger Ebene gibt. Dazu Prölß: „Grundlage jeder seriösen
Infrastrukturplanung sind Annahmen über die erwartete
Inanspruchnahme. Bis heute tappen die Kommunen völlig im Dunkeln bei
der Frage, inwieweit sich das Betreuungsgeld auf die Kitaplatzplanung
auswirkt.“

Bezüglich der Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst
Seehofer, Bayern werde das Betreuungsgeld weiterhin zahlen, ruft Prölß
zu mehr Besonnenheit auf: „Ich würde mir wünschen, dass auf das Urteil
nun nicht reflexhaft oder gar trotzig mit der sofortigen Einführung eines
bayerischen Betreuungsgelds reagiert wird, sondern in aller Ruhe
nachgedacht wird, wie Familien optimal gefördert werden können. Das
Geld könnte sehr sinnvoll in den Ausbau der Familienbildung, für Frühe
Hilfen oder die Verbesserung der Qualität in Kitas eingesetzt werden.
Einige Wochen des Innehaltens, Nachdenkens und des fachlichen
Diskurses wäre im Interesse der Familien in Bayern hilfreich.“

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