Nr. 607 / 17.06.2016
Die Wanderausstellung „Der Klang meines Körpers“ will Essstörungen vorbeugen. „Bitte nicht füttern, denn ich habe Hunger nach Nähe, Liebe, Leben...“ heißt es provokativ in der Ausstellung vom 27. Juni bis 14. Juli 2016 im Gesundheitsstudio des Gesundheitsamts der Stadt Nürnberg in der Burgstraße 4, 2. Stock, Zimmer 204. Die Ausstellung ist nur von Montag bis Donnerstag, 11. bis 14. Juli 2016, von 10 bis 17 Uhr öffentlich zugänglich. Während dieser Zeit steht Besucherinnen und Besuchern eine Fachkraft des Arbeitskreises „Klang meines Körpers“ als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Vom 27. Juni bis 8. Juli 2016 können Schulklassen und Jugendruppen mit Anmeldung die Ausstellung besuchen.
Am Donnerstag, 14. Juli 2016, ab 18 Uhr bietet das Gesundheitsamt eine Gesprächsrunde zum Thema Essstörungen mit Fachleuten aus den Bereichen Kinder- und Jugendpsychiatrie, Medizin und Sozialpädagogik an. Das Gesundheitsamt lädt Betroffene, Angehörige und Interessierte zu einem Erfahrungs- und Wissensaustausch ein. Beabsichtigt ist ein Perspektivwechsel und ein besseres gegenseitiges Verstehen. Ein Büchertisch und Infomaterialien ergänzen das Angebot. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, der Eintritt ist frei.
Vom 27. Juni bis 8. Juli 2016 bieten Fachkräfte aus den Institutionen des Arbeitskreises „Klang meines Körpers“ Nürnberger Schulklassen und Jugendgruppen ab der 8. Jahrgangsstufe vormittags zweistündige Führungen an. In dieser Zeit können sich die Jugendlichen interaktiv mit dem Thema Essstörungen und den Portraits der Betroffenen auseinandersetzen. Es gibt noch einzelne freie Termine.
Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Krankenhausbehandlungen wegen Essstörungen in der bayerischen Bevölkerung um mehr als 20 Prozent gestiegen. Konkret verzeichnete im Jahr 2014 das Bayerische Landesamt für Statistik 2 278 stationäre Behandlungen infolge von Essstörungen bei Betroffenen in Bayern. Dabei ist das nur die Spitze des Eisbergs, da viele Fälle ambulant versorgt werden. Außerdem gibt es eine große Zahl junger Menschen, die zwar Symptome eines gestörten Essverhaltens zeigen, aber noch nicht krank sind. Auf diese besorgniserregende Entwicklung hat aktuell Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml hingewiesen.
Etwa jeder fünfte junge Mensch – davon 90 bis 95 Prozent Mädchen und Frauen – leidet unter Symptomen einer Essstörung, zu denen unter anderem die Magersucht, die Esssucht (Binge-Eating-Disorder), sowie die Ess-Brechsucht (Bulimie) gerechnet werden. Essstörungen treten hauptsächlich in den westlichen Industrieländern auf, dort, wo Nahrungsüberfluss herrscht, die Gesellschaft stark konsumorientiert ist und ein funktionalistisches, entpersonalisiertes Körperbild vorherrscht. Gleichzeitig sind Essstörungen fast immer mit einer ausgeprägten Identitäts- und Selbstwertproblematik verbunden. Es muss also gesellschaftliche Strukturbedingungen geben, die junge Menschen dazu veranlassen, Essstörungen in Zusammenhang mit der Suche nach Identität zu entwickeln.
Die Ausstellung „Der Klang meines Körpers“ will informieren, aufklären, Wege der Prävention deutlich machen und konkrete Hilfsangebote für Betroffene aufzeigen. Mithilfe verschiedener kreativer Medien können Jugendliche sehen, hören und gestalten und erhalten dadurch die Möglichkeit, sich aktiv mit der Problematik auseinanderzusetzen.
Die Institutionen im Arbeitskreis „Klang meines Körpers“ in Nürnberg, dem neben dem Gesundheitsamt, Abteilung Gesundheitsförderung, unter anderem auch das Jugendamt, Abteilung Präventive Jugendhilfe, Beratung für Frauen mit Essstörungen dick und dünn e.V., das Frauen- und Mädchengesundheitszentrum, und die AOK-Ernährungsberatung angehören, haben die interaktive Wanderausstellung in das Gesundheitsamt Nürnberg geholt, um der Zunahme von Essstörungen zu begegnen, Aufklärung zu betreiben, Wissen zu vermitteln und Hilfen anzubieten.
Fünf junge, von Essstörungen betroffene Frauen haben die Ausstellung gemeinsam mit der Musiktherapeutin Stefanie Lahusen in Bamberg entwickelt. Ihr Bedürfnis war es, neue Wege bei der Darstellung des Themas Essstörungen zu gehen. Der Blick richtet sich auf Menschen voller schöpferischem Potenzial und Lebenshunger. Deshalb zeigt die Ausstellung nur in einem äußeren Kreis allgemeine Informationen zu Essstörungen. In einem zweiten inneren Kreis erhält man einen sehr persönlichen Einblick in die Welt der Betroffenen.
Mit selbst geschriebenen Texten, Bildern und ausgewählten Songs erzählen die Mädchen von ihrem Leben, ihren Wünschen und Sehnsüchten. Jede von ihnen hat auch eine „Schatzkiste“ entworfen mit ihrem ganz persönlichen Weg aus der Essstörung. Das Symbol der Schatzkiste spricht für sich: Öffnet man diese, entdeckt man die eigenen Stärken und Talente.
Die Ausstellung wurde im Jahr 2014 um das Portrait eines jungen Mannes ergänzt. Nahezu jeder zehnte an Essstörungen erkrankte Mensch ist ein Mann. Anders als bei Mädchen, empfinden sich Jungen in der Pubertät häufig als zu dünn und schwächlich und damit als unattraktiv und unmännlich. Mit Muskelaufbau und extremem Sport sowie der Einnahme von Energieriegeln und Eiweißprodukten versuchen sie dem Bild eines „Idealkörpers“ näher zu kommen. David gibt mit seinem gestalteten Bild und seinen Texten einen Einblick in die ganz persönliche Geschichte „seiner“ Essstörung. Er zeigt mit Musik und den in einer Tonne befindlichen Lösungsworte seinen Weg aus der Essstörung.
Die Ausstellung wird vom Bayerischen Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zur Verfügung gestellt.
Ansprechpartnerin des Arbeitskreises „Klang meines Körpers“ in Nürnberg für die Organisation der Führungen und Öffnungszeiten der Ausstellung ist Heike Stuckstedte, Gesundheitsamt der Stadt Nürnberg, Telefon 09 11 / 2 31-38 67. let
Weitere Informationen im Internet:
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Leitung:
Andreas Franke
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