Nr. 446 / 30.04.2020
Am heutigen Donnerstag, 30. April 2020, endet die Amtszeit von Dr. Ulrich Maly als Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg. 18 Jahre lang stand er an der Spitze der Stadt Nürnberg. Maly ist damit in der Nachkriegszeit nach Dr. Andreas Urschlechter (1957-1987) das Stadtoberhaupt mit der zweitlängsten Amtszeit. Malys Nachfolger ist Marcus König, der am 1. Mai das Amt des Oberbürgermeisters antritt.
Dr. Ulrich Maly Die Idee einer solidarischen Stadtgesellschaft war ein Leitgedanke von Malys Arbeit als Oberbürgermeister. Dass die Stärkeren den Schwächeren beistehen müssen, ist für den Sozialdemokraten Ulrich Maly selbstverständlich. In seinem politischen Handeln ging es immer auch darum, im Sinne einer Stellvertreterpolitik jenen eine Stimme zu geben, die in der öffentlichen Debatte oft gar nicht oder zu wenig vorkommen. Ein wichtiger Leitsatz, der sein Verständnis von Politik nachhaltig prägt, stammt von dem italienischen Rechtsphilosophen und Publizisten Norberto Bobbio: „Das große Problem der Ungleichheit unter den Menschen und den Völkern dieser Erde ist unverändert in seiner Schwere und seiner Unerträglichkeit geblieben. Wer das vergisst, hat seine Wurzeln abgeschnitten.“
Unter dem Motto „Stadtpolitik im Dialog“ sah er politische Entscheidungen als Ergebnis einer umfassenden gesellschaftlichen Debatte. Neben der institutionalisierten Beteiligung der Bürger führte er neue Formen des unmittelbaren Austauschs ein. Die von ihm ins Leben gerufenen „mobilen Bürgerversammlungen“ wurden nicht nur 2008 mit dem „Deutschen Fahrradpreis“ ausgezeichnet, sondern auch beispielgebend für andere Städte.
Die gesellschaftspolitische Aufgabe der Integration erklärte er zur „Chefsache“. Maly trat aktiv ein für die Anerkennung und Gestaltung von Vielfalt in der Stadt. Die Strukturen und Gremien der Integrationspolitik in Nürnberg wurden in seiner Ära neugestaltet und zahlreiche Modellvorhaben angestoßen. Die interkulturelle Öffnung von Stadt und Verwaltung war ihm ein wichtiges Anliegen. Als Vertreter der deutschen Städte wurde Maly in die Deutsche Islam Konferenz berufen.
Sein besonderer Einsatz galt auch der Wahrung der Menschenrechte: Im Oktober 2004 unterzeichnete die Stadt Nürnberg die europäische Charta für den Schutz der Menschenrechte. Sie sind Basis für das Zusammenleben in einer von Vielfalt geprägten städtischen Gesellschaft. Neben zahlreichen lokalen Aktivitäten und Initiativen strahlt die Menschenrechtsarbeit der Stadt durch die Verleihung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises im Zweijahrestakt und die Mitgliedschaft in europäischen Städtenetzwerken weit über die Grenzen der Stadt hinaus.
Wissend um die besondere Rolle Nürnbergs in der NS-Zeit waren ihm ein verantwortungsbewusster Umgang mit den baulichen Hinterlassenschaften des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes besonders wichtig. Bereits zu Beginn seiner ersten Amtszeit als Oberbürgermeister gab er mit einem eigenen Papier dazu wesentliche Denkanstöße. In den vergangenen Jahren entwickelte sich das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände zur besucherstärksten Einrichtung der städtischen Museen. Dass das Dokuzentrum ebenso wie das 2010 eröffnete Memorium Nürnberger Prozesse weiter ausgebaut wird, ist auch sein Verdienst.
Mit unbürokratischen Lösungen und persönlichem Engagement brachte Maly den Strukturwandel in der Stadt voran. Er machte sich für die Einrichtung von zusätzlichen, speziellen Berufsschulklassen für arbeitslose Jugendliche stark, stand im Dialog mit den Betrieben und schaltete sich immer wieder ins Krisenmanagement von Konzernspitzen ein, um Arbeitsplätze vor Ort zu retten oder Alternativen für neue Arbeitsplätze zu schaffen. Am ehemaligen AEG-Standort war dies bereits nach wenigen Jahren gelungen, die Revitalisierung des ehemaligen Quelle-Standorts ist inzwischen auf einem guten Weg.
Weitere wesentliche Weichen der Nürnberger Stadtentwicklung wurden zudem in den letzten 18 Jahren gestellt. Seien es eine konsequente Innenentwicklung, die auf die Wiedernutzung nicht mehr benötigter Bahn- oder Gewerbeflächen setzt, Impulse zum verstärkten Wohnungsbau, zur Verbesserung der Grün- und Freiflächen oder die Stärkung des Öffentlichen Nah- und des Radverkehrs. Immer ging es ihm um das Management einer wachsenden Stadt mit dem Ziel, gleichzeitige „Wachstumsschmerzen“ möglichst verträglich zu gestalten und im Ausgleich zu vermitteln.
Der Finanzexperte Maly war bemüht, die Haushaltskonsolidierung ohne allzu große Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger voranzutreiben. Trotz der Schuldenlast der Kommunen trat er für eine Politik ein, die auch die nachfolgenden Generationen im Blick hat. Dabei hat Bildung einen hohen Stellenwert für ihn. Erhebliche städtische Mittel wurden in den Neubau von Schulen und Kindertageseinrichtungen investiert, aber vor allem auch für die Qualität von Bildung – etwa in Ganztagsbildung, frühe Förderung und nachholende Unterstützung – bereitgestellt.
Maly weigerte sich 18 Jahre lang hartnäckig, eigene Bilanzen seines öffentlichen Wirkens zu ziehen. In seiner Amtszeit sank die Arbeitslosigkeit in Nürnberg von 13,2 Prozent auf erstmals unter fünf Prozent im November 2019 – so wenige wie noch nie seit 40 Jahren. Die Versorgung mit Kinderkrippenplätzen stieg von gut drei Prozent auf 38 Prozent. Die Investitionen haben sich vervierfacht. Maly wollte nie mit irgendwelchen Bauwerken oder Straßen in Verbindung gebracht werden – auch wenn er sich zum Beispiel über das neue Schauspielhaus, die neue Zentralbibliothek oder das 50-Meter-Becken im Langwasser-Bad richtig freut, wie er jüngst in Zeitungsinterviews sagte.
Maly hat weit über Nürnberg hinaus Akzente gesetzt. Die Entwicklung der 2005 ins Leben gerufenen europäischen Metropolregion Nürnberg hat er maßgeblich geprägt. Von 2005 bis 2011 war er ihr erster Ratsvorsitzender. Dass Stadt und Land sich auf Augenhöhe begegnen, war ihm ein wichtiges Anliegen.
Maly verstand es auch im Amt des Oberbürgermeisters hervorragend, anderen Menschen zuzuhören, komplexe Sachverhalte verständlich zu erklären und für eigene Überzeugungen und Standpunkte zu werben. Mit kritischer Distanz zu sich selbst und ausgestattet mit hintergründigem Humor, konnte er die Menschen für sich einnehmen. Mit Witz würzte er auch seine Reden, die so umso nachhaltigere Wirkung erzielten.
Maly ist ein leidenschaftlicher Kommunalpolitiker, der sich auch in überregionalen Spitzengremien für die Belange der Städte einsetzt. Seit 2002 war er Mitglied im Vorstand des Bayerischen Städtetags. Zwei Amtsperioden war er von Juli 2011 bis Juli 2017 Vorsitzender des Bayerischen Städtetags.
Von 2013 bis 2015 war Maly Präsident des Deutschen Städtetags, des größten kommunalen Spitzenverbands Deutschlands, in dem sich 3 400 Städte und Gemeinden mit fast 53 Millionen Einwohnern zusammengeschlossen haben. Von 2015 bis 2019 war er Vizepräsident des Deutschen Städtetags. Zwischen 2009 und 2013 war er einer der stellvertretenden Präsidenten.
Von 2002 bis 2010 war Maly Mitglied im Ausschuss der Regionen (AdR) der Europäischen Union, von 2006 bis 2010 saß er im Präsidium des AdR. Von 2008 bis 2010 war er Vorsitzender der deutschen AdR-Delegation.
Maly hat zahlreiche Ehrenämter inne und eine Reihe von Auszeichnungen erhalten. Er ist unter anderem Träger des Verdienstordens Commendatore della Repubblica Italiana und des polnischen Kavalierskreuzes. Die Stadt Cordoba hat ihm 2018 die Ehrenbürgerwürde verliehen.
Maly wurde am 8. August 1960 in Nürnberg geboren. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Aufgewachsen im Nürnberger Stadtteil Schweinau besuchte er ein wirtschaftswissenschaftliches Gymnasium. Während seines Zivildienstes kümmerte er sich unter anderem um die Betreuung behinderter Kinder und war in der Altenpflege aktiv. Auch ehrenamtliches Engagement prägte seine Vita. In der Jugendarbeit groß geworden, war er in den 1980er Jahren Vorsitzender des Kreisjugendrings. Sein Studium der Volkswirtschaftslehre an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität schloss er 1987 ab. Danach folgte die Promotion zum Dr. rer. pol. zum Thema „Wirtschaft und Umwelt in der Stadtentwicklungspolitik“, worin seine Neigung zur Kommunalpolitik zum Ausdruck kam.
Seit Januar 1984 ist Maly SPD-Mitglied, bereits 1967 trat er den Falken bei. Nach Abschluss seines Studiums war er Geschäftsführer der SPDStadtratsfraktion und von 1996 bis 2002 Kämmerer der Stadt Nürnberg. Bereits in dieser Funktion setzte er Marksteine, etwa mit kreativen Finanzierungsmodellen wie beim Neubau des Eisstadions oder auch mit dem Finanzkonzept zum Ausbau des Franken-Stadions für die FußballWM. sz
Stimmen zum Abschied von Dr. Ulrich Maly aus dem Amt des Oberbürgermeisters
Ministerpräsident Dr. Markus Söder:
„Mit dem Ausscheiden von Dr. Ulrich Maly geht natürlich eine Ära zu Ende. Er war das Gesicht der Stadt und ein ganz starker Oberbürgermeister. In seiner 18-jährigen Amtszeit hat er Nürnberg nachhaltig geprägt. Er war ein Politiker mit Handschlagqualität und hat zum Wohle der Stadt und seiner Menschen gearbeitet. Wir hatten einen etwas holprigen Start, aber das ist Vergangenheit. Ich erinnere mich gut an unsere Grußwortschlachten. Jeder wollte immer als zweiter ran, um dem anderen noch scherzhaft eine mitgeben zu können. Für uns war das immer ein Wettkampf. Aber die vielen gemeinsam durchlebten Aufsichtsratssitzungen in der Messe Seite an Seite sowie unser ähnlicher Humor verbinden. Ich habe Dr. Ulrich Maly sehr schätzen gelernt und danke ihm für die sehr gute Zusammenarbeit. Für die Zukunft wünsche ich ihm vor allem Gesundheit und alles Gute."
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags:
„Es war eine Freude, mit Uli Maly im Verband zusammen zu arbeiten. Sattelfest in allen Themen, offen für neue Ideen, hat er stets die große politische Linie, aber auch die nötigen Details im Blick. Streitbar, mit Haltung und Ziel, aber den Menschen mit Respekt begegnend und immer den Kompromiss suchend. Diese Mischung beeindruckt mich immer wieder. Und für den Deutschen Städtetag war sie ein unschätzbarer Gewinn. Danke für eine gute Zeit. „
Bernd Buckenhofer, Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags: „
Ulrich Maly hat den Städtetag in der Öffentlichkeit geradezu verkörpert. Er hat unserem Bayerischen Städtetag wichtige Impulse gegeben, hat uns angeregt und weitergebracht: Mit Ideenreichtum konnte er prägnante Anregungen geben und im richtigen Moment die richtigen Fragen stellen. Mit Leidenschaft und Augenmaß hat Maly den Städtetag mit seinen vielfältigen Mitgliedern immer auf eine gute Kompromisslinie führen können. Vorsitzende des Bayerischen Städtetags sind immer auch Hüter der Überparteilichkeit und geschickte Handwerker beim Schmieden von Kompromissen.
Mit seiner Ironie in Reden, mit bildhafter Sprache in Diskussionsbeiträgen, mit Geistesgegenwart und Schlagfertigkeit hat er immer wieder aufs Neue begeistert. Er verfügt über ein enormes Faktenwissen, auf das immer Verlass war. Und er ist bei aller Theoriebegabung zugleich der zupackende Praktiker mit Bodenhaftung.“
Marcus König
Am 1. Mai 2020 tritt Marcus König (CSU) sein neues Amt als Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg an. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre.
Marcus König wurde am 11. Oktober 1980 in Nürnberg geboren. Seine schulische Laufbahn absolvierte er in Nürnberg, schloss 1998 die Wirtschaftsschule ab. Nach einem Jahr auf der Lothar-von-Faber Fachoberschule begann er im Anschluss bis 2002 eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Dresdner Bank. Sein beruflicher Werdegang führte ihn vom Finanzberater bei der Dresdner Bank zum Sales Manager Kreditgeschäft bei der Dresdner Bank/Commerzbank für Nordbayern und zum Filialdirektor der Commerzbank. Seit 2017 war Marcus König Abteilungsdirektor bei der Commerzbank.
Dem Nürnberger Stadtrat gehört Marcus König seit Mai 2008 an, von Oktober 2017 bis April 2020 als Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion. Während dieser Zeit war er Mitglied in verschiedenen Ausschüssen des Stadtrats (Verkehr, Sport, NüBad, FSN, WerkA SÖR, Jugendhilfe, Sozial, Schule). Von 2008 bis 2014 war er Jugendpolitischer Sprecher, von 2014 bis 2017 Verkehrspolitischer Sprecher und von 2017 bis 2020 Finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Als Stadtteilbetreuer war er zuständig für Erlenstegen, St. Jobst, Gärten bei Wöhrd, Gleißhammer, Hadermühle, Nordostbahnhof, Platnersberg, Spitalhof, Wöhrd, Klingenhof und Steinplatte.
Marcus König trat 1994 in die Junge Union (JU) und 1998 in die CSU Bayern ein. Von 1999 bis 2001 war er Bezirksvorsitzender der Schüler Union, von 2003 bis 2006 JU-Kreisvorsitzender Nürnberg-Ost und von 2006 bis 2012 JU-Stadtvorsitzender. Seit 2007 ist Marcus König CSU-Ortsvorsitzender von St. Jobst/Erlenstegen und stellvertretender Kreisvorsitzender Nürnberg-Ost.
Ehrenamtlich ist Marcus König tätig im Bürgerverein St. Jobst/Erlenstegen, bei den Altstadtfreunden, in der FränkischMontenegrinischen Gesellschaft und in der Gesellschaft für christlichjüdische Zusammenarbeit. Außerdem ist er Senator der FG Bretonia 11er Rat 1981 e.V. Nürnberg, Ehrenmitglied des Never Walk Alone Nürnberg e. V. und Mitglied der Landsmannschaft Banater Schwaben. Seine Ehrenämter als Geschäftsführer des Tierschutzvereins Nürnberg-Fürth e. V. sowie als Kuratoriumsvorsitzender der Johann-Kalb-Stiftung legt Marcus König zum
30. April 2020 nieder.
Marcus König ist römisch-katholisch, verheiratet und hat einen Sohn.
Leitung:
Andreas Franke
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