Nachrichten aus dem Rathaus

Nr. 742 / 22.07.2020

Breite Unterstützung für die Kulturszene

Mit einer gemeinsamen Stellungnahme reagieren Oberbürgermeister Marcus König und Bürgermeisterin Prof. Dr. Julia Lehner auf einen Offenen Brief des Concertbüros Franken zum geplanten Konzertprogramm am Dutzendteich vom 31. Juli bis 2. August 2020 und zur Kulturhilfe der Stadt Nürnberg in Corona-Zeiten.
 
Hier das Antwortschreiben im Wortlaut:
 
„Sehr geehrte Frau Niesser, sehr geehrte Herren Ballreich, Chapligin, Glöckler, Harasim und Pröbster,  es ist uns schmerzlich bewusst, dass in Folge der Corona-Krise sehr viele Bereiche der Stadtgesellschaft und der hier ansässigen Unternehmen und freiberuflichen Tätigen große Einschränkungen, insbesondere ökonomischer Natur, hinnehmen mussten und teilweise immer noch müssen.  Corona ist ein globaler wie regionaler Stresstest, der alle Bereiche des öffentlichen Lebens tangiert und insbesondere die Frage nach sozialer Gerechtigkeit aufwirft sowie die Solidarität der Stadtgesellschaft einfordert.  Kunst und Kultur sind von dieser Entwicklung ebenso wenig ausgenommen, wie Betriebe der Kreativwirtschaft und der Veranstaltungsbranche.   
In diesem Bewusstsein hat die Stadt Nürnberg erhebliche Anstrengungen unternommen, um die lokale kulturelle Infrastruktur zu erhalten sowie die hier ansässigen freien Kulturakteure und -Vereine zu unterstützen.  Mit großer Verwunderung haben wir daher Ihren offenen Brief zur Kenntnis genommen und möchten die Gelegenheit nutzen, auf die von Ihnen erhobenen Vorwürfe detailliert einzugehen.

Sie monieren, die Kulturhilfe der Stadt Nürnberg würde nicht ausgezahlt.  Mit Einsetzen der Pandemie und als erstes, symbolisch zu verstehendes Signal in die Kulturszene wurde beschlossen, die kommunale Kulturförderung in vollem Umfang weiterzuführen, unabhängig davon, ob geplante Veranstaltungen oder Formate tatsächlich in der vorhergesehenen Form realisiert werden konnten. Hierfür wurden insgesamt 6.592.624 Euro aufgewendet. Ihre äußerst schwierige Lage konnten hierdurch Einrichtungen wie beispielsweise der Musikverein im Künstlerhaus, die Kindertheater, freie Tanz- und Wortgruppen sowie Initiativen wie Edel Extra ebenso abfedern wie die Veranstalter verschiedener Festivals (nürnberg.pop, Brückenfestival, NueJazz).  
Als ‚Kapriole‘ der Stadt bezeichnen Sie zudem das Vorhaben, am Ufer des Dutzendteichs für ein Wochenende eine temporäre Bühne zu errichten, um in kleinen Formaten auf die ausgefallenen Nürnberger Großveranstaltungen dieses Sommers, Bardentreffen und Klassik Open Air, hinzuweisen. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir zeigen müssen, dass die Kultur weiterhin am Leben ist. Dazu dient diese Reminiszenz, die notgedrungen an die aktuell möglichen Rahmenbedingungen angepasst wurde. Sie verorten zudem irrigerweise die Kosten dieses Vorhabens im sechsstelligen Bereich. Tatsächlich können durch Eintritts- und Fördergelder die tatsächlich von der Stadt Nürnberg zu tragenden Kosten für jedes der drei geplanten Konzerte auf einen niedrigen vierstelligen Betrag beziffert werden.
 
Die Konzerte am Dutzendteich sind Teil einer ganzen Reihe von Vorhaben, die Kunst und Kultur der Stadt in Zeiten von Corona zu Sichtbarkeit, Präsenz, Publikum und dringend benötigten Honoraren verhelfen. Von Mai bis Juli 2020 konnten in der Konzertserie ‚Back to Live‘ 108 regionale Künstlerinnen und Künstler an 170 Orten vor ca. 7000 Zuschauerinnen und Zuschauern auftreten. Ausgezahlt wurden 43.000 Euro Honorar an Musiker, Techniker, Fotografen und Grafiker. 60 bildende Künstlerinnen und Künstler aus der Region partizipierten am Projekt ‚KunstAnschlag‘. An Honoraren für Produktion und Dokumentation wurden 42.000 Euro ausgezahlt. Schließlich steht mit ‚Lost & Found‘, einem Kultur-Parcours im Stadtpark ein weiteres Vorhaben an, das im Herbst die interdisziplinären Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern aller Sparten an einem Ort vereint. Dieses ambitionierte Vorhaben umfasst die Honorierung der Kunstschaffenden wie der hierfür notwendigen Dienstleistungen in geschätzter Höhe von 100.000 Euro.
 
Durch diese und weitere Maßnahmen der kommunalen Kulturdienststellen und Kultureinrichtungen im Fortlauf der Corona-Krise konnten durch Auftragsvergabe und Honorarleistungen für Kursangebote oder im Rahmen von einzelnen Projekten weitere Mittel in Höhe von insgesamt ca. 1.000.000 Euro an lokale Kunst- und Kulturschaffende ausgegeben werden:
 
- Im Rahmen des kommunalen Rettungsschirmes für Künstlerinnen und Künstler sowie Kulturschaffende sind 100.000 Euro durch den Stadtrat bewilligt worden. Knapp ein Drittel dieser Mittel wurden bereits abgerufen. Kommerzielle Projekte und Organisationen werden hier deshalb ausgenommen, um zu gewährleisten, dass kommunale Mittel diejenigen in Not geratenen Menschen und Strukturen erreichen, die bislang weder durch Hilfsangebote seitens des Bundes noch des Freistaats berücksichtigt werden konnten.
 
- In der Nürnberger Innenstadt ist St. Katharina zentraler Spielort für Nürnbergs freie Szene. 83 mit insgesamt 41.000 Euro honorierte Aufführungen und Konzerte durch Theatergruppen, Bands und Ensembles aus Nürnberg und Umgebung finden hier im Sommer 2020 unter dem vielsagenden Titel ‚Heimspiel‘ statt. Die Tafelhalle als zentraler Produktions- und Aufführungsort der freien Szene hat alle Produktionen der Spielzeit 2019/20 umgesetzt und kofinanziert. Ein neuer Spielplan für 2020/21 ist konzeptioniert, freien Ensembles kommen hier Produktionsmittel in Höhe von 80.000 bis 100.000 Euro zu gute.
 
- Die Stadt Nürnberg betreibt 2020 Atelierförderung für 51 Künstlerinnen und Künstler in Höhe von 27.300 Euro, mehr als doppelt so viele Antragstellungen wie im Vorjahr unterstreichen die Bedeutung dieser Maßnahme in Zeiten von Corona. Die Kunstvilla, das kommunale Ausstellungshaus für regionale Kunst, tätigte Ankäufe in Höhe von 10.000 Euro.
 
- Nürnbergs dezentrale soziokulturelle Einrichtungen sandten Lebenszeichen aus Kunst und Kultur. Die Kulturläden verlagerten dort, wo es möglich war, ihr Programm vom Innen- in den Außenbereich und veranstalteten einen vielfältigen Programm-Mix von über 200 Konzerten, Kino, Kabarett, Kursen und Ausstellungen und Online-Angeboten, der sich in seiner Ausrichtung an alle Generationen der Stadtbevölkerung richteten und insbesondere von regionalen Kunstschaffenden ausgerichtet wurde. Insgesamt wurden hier 17.500 Euro an Honorarleistungen weitergegeben. Gruppen der freien Szene wurden Außen-Flächen der Kulturläden ebenfalls zur Verfügung gestellt. Die Kooperation mit dem Programm ‚Kultur vor dem Fenster‘ verschaffte Musikerinnen und Musikern über 45 honorierte Auftrittsmöglichkeiten.  

- Die Corona-Krise schloss hauptberuflich tätige Dozentinnen und Dozenten an Bildungseinrichtungen von einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit aus. Soweit und sobald möglich wurden Online- und Open-Air-Formate eingeführt, um dem eigenen Bildungsauftrag nachzukommen und zumindest für die Summe von 365.000 Euro an Honorarleistungen sorgen zu können, ehe auf Ebene des Freistaats für die Lehrkräfte am Bildungszentrum eine zentrale Unterstützungsleistung umgesetzt werden konnte. Ebenfalls am Bildungszentrum angesiedelt ist eine eigens eingerichtete Lotsenstelle, die Kunst- und Kulturschaffende in allen mit der Corona-Krise einhergehenden Fragen berät.
 
- Der Bildungscampus Nürnberg als Ort der Literatur fördert derzeit im Rahmen eines Open Calls kreative Projekte mit insgesamt 10.000 Euro, die künstlerische Gestaltung eines Bücherbusses ist derzeit mit 7.000 Euro ausgeschrieben.
 
- Selbstverständlich leisten auch die Nürnberger Museen einen Beitrag zur Stärkung der kulturellen Landschaft. Freiberufliche Museumspädagogen bekommen Honorare für die Digitalisierung ihrer analogen Führungen. Der DJ- und Clubszene wurden unentgeltlich Örtlichkeiten im Museumsverbund für Live-Streams angeboten, die der Spendensammlung dienen. Die Honorarlücken der Museumsführerinnen- und –führer werden aus dem Budget der Häuser ausgeglichen. Maßnahmen, die Mittel in Höhe von 10.000 Euro erst ermöglichen.
 
- Bedauerlicherweise wird die Verleihung der Nürnberger Kulturpreise in diesem Jahr nicht in gewohnter Form als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden können. Die Ehrung der Preisträgerinnen und Preisträger, deren Leistungen für das kulturelle Leben der Stadt mit insgesamt 30.000 Euro ausgezeichnet werden, wird dennoch vorgenommen.
 
Darüber hinaus kooperiert die Stadt Nürnberg im Verbund der Arbeitsgemeinschaft Kultur im Großraum ARGE mit den Nachbarstädten Erlangen, Fürth und Schwabach. Das Projekt ‚Kleiner Grenzverkehr‘ honorierte Projektentwürfe von mehr als 100 lokaler Künstlerinnen und Künstler. Hierfür wurden Mittel in Höhe von 110.000 Euro freigegeben, knapp ein Drittel dieser Summe wurde Künstlerinnen und Künstler aus Nürnberg zugesprochen. Im Rahmen eines ‚Bündnis für Kultur‘ rief der Geschäftsbereich Kultur der Stadt Nürnberg in Kooperation mit der Sparkasse Nürnberg und dem Verein Freude für Alle e. V. zu Spenden aus der Bürgerschaft auf. Knapp 100.000 Euro konnten so direkt an in Not geratene Kunstschaffende ausgeschüttet werden.
 
Selbstverständlich spielt für die finanzielle Unterstützung für lokale Kunst- und Kulturschaffende durch die Stadt Nürnberg eine gewichtige Rolle, ob der oder die Antragstellerin als privatwirtschaftlicher Betrieb agiert oder weitestgehend ohne betriebswirtschaftliche Absicht organisiert ist. Das Concertbüro Franken unterscheidet sich bereits aufgrund der Betriebsform von Vereinen, Bürgerinitiativen und Personen, die berechtigt sind, öffentliche Zuschüsse zu empfangen. Dennoch: Die jeweiligen Ämter und Einrichtungen wurden angehalten, kulant und flexibel mit Bürgeranfragen umzugehen.
 
Sie beschweren sich über fehlende Alternativen für Nürnberger Kulturbetriebe. Mit Beschluss vom 10. Juli 2020 hat der Nürnberger Stadtrat Mittel in Höhe von bis zu 100.000 Euro bewilligt, die die Einrichtung einer ‚Kulturoase‘ ermöglichen, sobald eine hierfür geeignete Fläche ermittelt werden konnte. Mit Hochdruck wird derzeit ein Standort definiert, der für Nürnbergs freie Szene Aufführungsstätte und Plattform bedeutet.
 
Auch mit dem Concertbüro Franken standen Vertreter der Stadtverwaltung früh in einem Austausch, unter anderem wurde die bereits genehmigte Nutzung der Großen Straße auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände für eine Drive-In-Kulturbühne von Ihrer Seite ohne Angaben von Gründen und sehr kurzfristig nicht in Anspruch genommen. Die Nutzung des Max-Morlock-Stadions als Veranstaltungsort haben Sie aus Kostengründen abgelehnt. Hier ist es sicherlich möglich, einen Kompromiss anzusteuern. Ganz aktuell hat sich auch die Möglichkeit ergeben, den Großen Parkplatz an der Meistersingerhalle kulturell zu nutzen. Für diesbezügliche Gespräche stehen Ihnen alle Türen offen.
 
Ob die Meistersingerhalle selbst im Herbst für die Kulturwirtschaft zur Verfügung gestellt werden kann, hängt im Wesentlichen davon ab, ob die bereits geschlossenen Verträge mit Mietern aufgrund der dann geltenden Hygiene-Schutzmaßnahmen aufgelöst werden können.
 
Ihren eigenen aktuellen Beitrag zur Stärkung der lokalen Kunst und Kultur leisten Sie alle derzeit im Rahmen der Konzert-Initiative im Hirsch-Garten in der Vogelweiherstraße. Der Veranstaltungsort Hirsch wurde im Frühjahr dieses Jahres zurecht für sein herausragendes Live-MusikProgramm mit dem Preis Applaus der durch die Beauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung geförderten Initiative Musik gGmbH ausgezeichnet. Sicherlich kommt auch das aktuelle Programm in seiner notgedrungen regionalen Ausrichtung für eine gezielte Förderung durch die Stadt Nürnberg in Frage. Mit den hierfür verantwortlichen Mitarbeitern stehen Sie ja bereits im Austausch.
 
Wir würden uns darüber freuen, wenn der bislang auf mehreren Ebenen gepflegte konstruktive Austausch weiterhin einen freundschaftlichen und verbindlichen Dialog ermöglichen könnte.
 
Das Concertbüro Franken ist ein wichtiger Teil der Nürnberger Kulturszene – vor, während und ganz sicher auch nach dem Ende der Corona-Pandemie.  
 
Mit freundlichen Grüßen
   
Marcus König, Oberbürgermeister
Prof. Dr. Julia Lehner, Bürgermeisterin“  
 

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