Nachrichten aus dem Rathaus

Nr. 2 / 05.01.2022

Umgang mit Versammlungen in Nürnberg gegen Corona-Maßnahmen

In Nürnberg finden seit Beginn der Pandemie immer wieder Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen statt. So melden einzelne Personen und Gruppen seit Monaten regelmäßig Versammlungen an, die von wenigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern bis zu mehreren tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern reichen. Die Teilnahme an den regelmäßigen Versammlungen unterliegt und unterlag auch starken Schwankungen.

Diese Versammlungen werden regelmäßig angemeldet und vom Ordnungsamt als Versammlungsbehörde rechtlich begleitet, die ordnungsgemäße Durchführung wird von der Polizei gewährleistet.
In Nürnberg verlief das Versammlungsgeschehen bisher geordnet. Das relativ neue Phänomen der als „Spaziergänge“ deklarierten Demonstrationen gab es hier bis zum 30. Dezember 2021 nicht.

Um unangemeldeten Versammlungen, die bewusst unter Umgehung des Versammlungsrechts erfolgen, begegnen zu können, hat das Bayerische Staatsministerium des Inneren, für Sport und Integration zuletzt auf die Möglichkeiten von Allgemeinverfügungen hingewiesen. Diese sind – anders als Verordnungen oder Gesetze – keine abstrakt-generellen Regelungen, sondern Einzelfall-Anordnungen für bestimmte Situationen.

Allgemeinverfügungen

Durch die Stadt Nürnberg wurde bisher keine Allgemeinverfügung erlassen, die zum Beispiel unangemeldete Versammlungen untersagt oder unter Auflagen zulässt. Die Stadt Nürnberg kann und wird dieses Mittel aber bei Bedarf einsetzen. Eine solche Allgemeinverfügung beträfe aber nicht Versammlungen, die angemeldet wurden; hierfür ist sie das falsche Instrument.

Denkbare Szenarien wären zum Beispiel:
– ein Erlass bei spontanen Absagen zuvor angemeldeter Versammlungen, die bereits mobilisiert hatten und damit Zulauf trotz Absage zu befürchten ist, oder
– bei rein stationär festgelegten Versammlungen, bei denen im Umfeld spontane Aufzüge („Spaziergänge“) konkret zu befürchten sind, oder
– bei reinen spontanen Aufzügen ohne Anmeldung, zu denen (anonym) aufgerufen wird.

Eine solche Situation gab es in Nürnberg vor dem Donnerstag, 30. Dezember 2021, nicht; mithin auch keine konkreten Ansatzpunkte im Hinblick auf die rechtlichen Voraussetzungen einer solchen Allgemeinverfügung. Zudem liefen die Versammlungen aus dem Bereich der Corona-Maßnahmen-Kritiker in den letzten Monaten stets friedlich und ohne nennenswerte Störungen ab. Bisher hat es zum Beispiel in den vorausgehenden Abstimmungsgesprächen mit den Anmelderinnen oder Anmeldern immer eine Verständigung auf den Verlauf der Kundgebung gegeben. Anders als in München oder Schweinfurt hat sich die Lage in Nürnberg also bisher „ruhiger“ beziehungsweise disziplinierter dargestellt. Es gab bei Versammlungen nur friedliche Verläufe und eben keine „wilden Spaziergänge“.

Rechtlicher Hintergrund

Zudem sind die Allgemeinverfügungen auch nur unter engen Voraussetzungen möglich. Es braucht hier letztlich konkrete Anhaltspunkte, also zum Beispiel konkrete Aufforderungen zu solchen „Spaziergängen“. Versammlungsrechtlich unzulässig sind dagegen grundsätzlich nicht auf eine konkrete Versammlung bezogene, abstrakt-generelle Verbote oder Beschränkungen jedweder Versammlung unabhängig von Anlass und Zeitpunkt an einem bestimmten Ort wie auch Sammelverbote oder Sammelbeschränkungen für eine Mehrzahl von Versammlungen oder Aufzügen. Solche Anhaltspunkte hatte es in Nürnberg bisher noch nicht gegeben.
Auf das Infektionsgeschehen und damit das Infektionsschutzgesetz (IfSG) dürfte angesichts der jüngsten Änderungen ein generelles Versammlungsverbot aus Infektionsschutzgründen ebenfalls nicht mehr gestützt werden können. Das Infektionsschutzgesetz sieht vor, dass nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen im Sinne von Artikel 8 Grundgesetz (GG) als Schutzmaßnahmen ausgeschlossen sind. Da dieses Ende vom Bundestag beschlossen wurde, kommen diese Handlungsinstrumente also nicht mehr in Betracht.

In einer Allgemeinverfügung muss daher in jedem Fall eine oder gegebenenfalls mehrere konkret anstehende Versammlungen, für die die Verfügung erlassen werden soll, genau definiert und nach objektiven Kriterien (geplanter Versammlungsort, -zeitpunkt und -thema) beschrieben werden. Da die Beschränkungen teils einen erheblichen Eingriff in die Versammlungsfreiheit bedeuten, sind diese außerdem zu rechtfertigen. Hierzu sind in der Begründung der Allgemeinverfügung möglichst konkrete Ausführungen zu konkreten Erfahrungen mit vergangenen, vergleichbaren Versammlungen vor Ort aufzunehmen.

Dabei ist unter Einbindung weiterer öffentlicher Stellen (vor allem der Polizei, aber auch der Gesundheitsämter) eine Prognose im Hinblick auf die Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu erstellen, die die Maßnahmen rechtfertigen. Zudem sollte vor allem das pandemische Geschehen vor Ort (zum Beispiel mit Verweis auf Sieben-Tages-Inzidenzen und Hospitalisierungsraten) dargestellt werden. Nürnberg hat aber derzeit (glücklicherweise) keine „herausragende“ Corona-Situation, es gab – wie oben genannt – bisher eben keine negativen Versammlungsverläufe (anders etwa in München oder Schweinfurt).

Situation am Donnerstag, 30. Dezember 2021

Am Donnerstag, 30. Dezember 2021, sagte ein Veranstalter eine angemeldete Versammlung ab, dann kam es zu sogenannten „Spaziergängen“ mit bis zu 1300 Personen durch die Altstadt. Die zuvor angemeldete Versammlung wurde von der Stadt nicht verboten (im konkreten Fall wurde eine Versammlung angemeldet, der Ort hierzu im Rahmen eines Kooperationsgespräches mit den Anmeldern zunächst einvernehmlich außerhalb der Innenstadt festgelegt) sondern vom Veranstalter im Nachgang abgesagt mit der Begründung, man „dürfe nicht in die Innenstadt“. Andere Versammlungen wurden nicht angezeigt oder gar „genehmigt“.

Vor Ort ist die sodann Polizei zuständig. Diese war aufgrund der Äußerungen des Anmelders der später abgesagten Versammlung in den sozialen Medien (die entgegen der tatsächlichen Lage ein städtisches Verbot suggerierten) mit starken Kräften vor Ort. Die Polizei hatte dann mit der Situation verhältnismäßig umzugehen. Entsprechende Entscheidungen werden stets in enger Absprache zwischen Stadtverwaltung und Polizei getroffen; hierzu wird sich im Vorfeld der Versammlungen abgestimmt, soweit dies möglich ist. Entsprechende Szenarien werden hierbei auch besprochen. Versammlungsbehörde und Polizei stehen also in ständigem Austausch. fra

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