Nachrichten aus dem Rathaus

Nr. 360 / 12.04.2023

Trauer um Benjamin Ferencz – Kämpfer für den Frieden im Alter von 103 Jahren verstorben

„Law not war – never give up.“ Auf diese Formel brachte Benjamin Ferencz sein fast achtzigjähriges Ringen um die Etablierung und Verbreitung des Völkerstrafrechts. Am Freitag, 7. April 2023, ist der Jurist und unermüdliche Kämpfer für Frieden und Gerechtigkeit im Alter von 103 Jahren verstorben. „Mit Benjamin Ferencz verliert die Welt nicht nur den Chefankläger in einem wichtigen Nachfolgeprozess der Nürnberger Prozesse, sondern auch einen unermüdlichen Vorkämpfer für die Durchsetzung universaler Prinzipien des Völkerrechts. Ich hatte die Ehre, ihn zumindest virtuell noch einmal in Nürnberg begrüßen zu dürfen. Man konnte von seiner Mission und seiner Passion für Gerechtigkeit nur beeindruckt sein“, so Oberbürgermeister Marcus König.


Bürgermeisterin Prof. Dr. Julia Lehner betont: „Benjamin Ferencz‘ Leben und Wirken ist eng mit den Grundsätzen des Völkerstrafrechts verbunden. Dass die sogenannte „Idee von Nürnberg“, das von den Nürnberger Prozessen ausgehende Streben nach Gerechtigkeit und universalem Menschenrecht, weiterlebt und weitergelebt wird, ist auch Ferencz zu verdanken. Sein Leitspruch ‚Recht, nicht Krieg‘ hat über Jahrzehnte nichts an Aktualität eingebüßt und steht exemplarisch für die Arbeit, die am Memorium Nürnberger Prozesse geleistet wird.“


Ferencz begleitete das Memorium Nürnberger Prozesse, die städtische Einrichtung am historischen Ort der Kriegsverbrecherprozesse, seit dessen Entstehung. In der Dauerausstellung des Memoriums nimmt der Jurist eine wichtige Stellung ein. Mit ihm verliert die Stadt Nürnberg einen wichtigen Freund und Förderer. Zusammen mit dem Oberlandesgericht Nürnberg und der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien plant die Stadt Nürnberg einen Gedenkakt am historischen Ort.


Benjamin Berell Ferencz wurde 1920 in einem kleinen Dorf in Siebenbürgen geboren. Aufgrund der zunehmenden Verfolgung der jüdischen Bevölkerung dort, fassten seine Eltern den Entschluss nach Amerika zu emigrieren. Ferencz wuchs in New York auf und studierte an der Harvard Law School. Bereits zum Ende seines Studiums beschäftige sich Ferencz mit der strafrechtlichen Ahndung von Kriegsverbrechen. Nach seinem Beitritt zum US-Militär im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurden Vorgesetzte auf den Juristen aufmerksam und er wurde schließlich beauftragt, eine Abteilung einzurichten, welche die Beweissuche für Kriegsverbrechen der Deutschen vorantreiben sollte. Später nahm Ferencz als ziviler Ermittler auf Betreiben des neuen Hauptanklägers Telford Taylor erneut die Suche nach Beweismaterial auf. Im Anschluss an die Entdeckung der Einsatzgruppen-Meldungen wurde Ferencz im Alter von nur 27 Jahren Chefankläger im sogenannten Einsatzgruppen-Prozess.


In dem Verfahren mussten sich ab dem 15. September 1947 Befehlshaber und Mitglieder der SS-Einsatzgruppen vor einem US-Militärgericht verantworten. Die Einheiten ermordeten im Zweiten Weltkrieg systematisch Zivilistinnen und Zivilisten in von den Deutschen besetzten Gebieten, vor allem in Polen und in der Sowjetunion. Über eine Millionen Menschen fielen diesen Massenmorden zum Opfer.


Ferencz und sein Team belegten die Massenmorde mit einer Fülle an Originaldokumenten. Am 10. April 1948 wurden die Urteile in dem Prozess gesprochen: 14 Angeklagte erhielten die Todesstrafe, von denen vier Verurteilte hingerichtet wurden. Weitere Urteile waren 10-jährige bis lebenslängliche Haftstrafen sowie eine dreijährige Haftstrafe. Bis 1958 waren die Verurteilten jedoch wieder aus der Haft entlassen. Ferencz selbst bezeichnete den Prozess als größten Mordprozess der Geschichte.


Nach den Nürnberger Prozessen setzte sich Benjamin Ferencz für die Gründung des heutigen Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag ein. Mit dem ersten Plädoyer der Anklage vor diesem Gericht im Januar 2009 machte er deutlich, dass die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs in einer Traditionslinie mit den Nürnberger Prozessen steht. Oberbürgermeister Marcus König: „In Trauer verneige ich mich vor der Lebensleistung von Benjamin Ferencz.“

Stadt Nürnberg

Amt für Kommunikation und Stadtmarketing

Leitung:
Andreas Franke

Fünferplatz 2
90403 Nürnberg
www.presse.nuernberg.de