Nr. 526 / 22.05.2023
Die Ausstellung „Frauen machen Druck!“ in der Stadtbibliothek Zentrum, Gewerbemuseumsplatz 4, Ausstellungskabinett Ebene L2, stellt von Dienstag, 23. Mai, bis Samstag, 19. August 2023, 14 Buchdruckerinnen in Nürnberg und Altdorf vor. Die Frauen waren als Leiterinnen der Werkstätten ihrer verstorbenen Ehemänner zwischen circa 1530 und 1730 tätig. Die Stadtbibliothek greift damit ein aktuelles Forschungsthema auf und präsentiert dieses in einer Ausstellung begleitend zum Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Die Ausstellung ist während der Öffnungszeiten der Stadtbibliothek Zentrum zu sehen, der Eintritt ist frei.
Das Handwerk war über Jahrhunderte hinweg eine „Männersache“. Frauen waren in der Regel von der Lehre ausgeschlossen. Sie wurden jedoch vielfach für Hilfsdienste in den Werkstätten herangezogen. So konnten sie sich Wissen aneignen, das sie befähigte, als Witwe eine Werkstatt weiterzuführen. In keinem anderen Handwerk lässt sich die Tätigkeit einer Witwe so gut nachverfolgen wie im Buchdruck: Während die Produkte fast aller anderen Gewerbe im Verlauf der Jahrhunderte verloren gegangen sind, haben sich die Druckerzeugnisse in großer Zahl erhalten.
Die umfangreich vorhandenen Drucke aus Nürnberg und Altdorf aus dem 16. und 17. Jahrhundert können sehr genau Männern oder Frauen zugeordnet werden. Denn man war stets verpflichtet, den Druckort, Drucker und das Erscheinungsjahr im Impressum anzugeben. Frauen im Witwenstand durften entweder vorübergehend bis zur Wiederverheiratung, bis zur Übergabe an einen Erben oder gar dauerhaft eine Werkstatt weiterbetreiben. In einer Zeit ohne Sozialkassen und Rentenversorgung sicherte diese Regelung im Handwerkerrecht die Selbstversorgung der Witwen und sollte sie vor einem Abgleiten in die Armut beziehungsweise der Abhängigkeit von Almosen bewahren.
Frauen als Unternehmerinnen in der Frühen Neuzeit
Die Ausstellung nimmt 14 Frauen zwischen circa 1530 und 1730 in den Blick, deren Druck-Erzeugnisse Einsichten in die damaligen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten von Frauen geben. Eine davon ist Kunigunde Hergot, die nach der Hinrichtung ihres Mannes eine der leistungsfähigsten Druckereien während der Reformationszeit in Nürnberg weiterführte. Sie etablierte neben Reformationsschriften den Lieddruck und nutzte das Bild als verkaufsförderndes Gestaltungsmittel. Zur Gewinnmaximierung ließ sie dafür keine neuen Holzstöcke anfertigen, sondern aus vorhandenen Holzschnitten Motive in Streifen herausschneiden und nach Bedarf neu zusammensetzen.
Vorgestellt wird auch Katharina Gerlach, die nach dem Tod ihrer beiden Drucker-Ehemännern die 1542 gegründete Druckerei von 1575 bis zu ihrem Tod 1591 erfolgreich fortführte. Sie pflegte aktiv die zuvor aufgebauten Netzwerke zur Obrigkeit, zu Gelehrten oder Komponisten weiter. Zugleich erweiterte sie die Vielfalt der Erzeugnisse und ergänzte theologische Drucke und Musikdrucke um Universitätsschriften, Amtsschriften für den Rat oder Kleinschriften zu Geburt, Hochzeit und Tod. Gezeigt wird ebenso die Beharrlichkeit von Kunigunde Endter. Sie bemühte sich in ständigem Zwist mit den Ratsherren während des Dreißigjährigen Kriegs darum, den Druck von katholischen Andachtsbüchern in Nürnberg zu etablieren. Aus Altdorf ist die Tätigkeit der Universitätsdruckerin Margaretha Göbel überliefert. Sie bewältigte in 18 Monaten rund 100 Druckaufträge, woraufhin ihr das Geschäft jedoch zu mühsam wurde und sie sich 1665 wiederverheiratete.
Keine dieser Frauen saß am Setzkasten oder verrichtete manuelle Arbeiten an der Druckerpresse. Dafür stand ihnen mindestens ein erfahrener Geselle zur Seite. Vorhandene Abrechnungen mit eigenhändigen Unterschriften deuten auf die Übernahme von Aufgaben wie Buchführung, Verkauf und Kontaktpflege zu Autoren. Biografische Zeugnisse dieser Art sind ergänzend zu den Drucken in der Ausstellung zu sehen.
Kuratorinnenführungen und Katalog
Durch die Ausstellung finden jeweils mittwochs am 24. Mai, 7. und 21. Juni, 5. und 19. Juli, 2. und 16. August 2023 um 17 Uhr Führungen mit der Kuratorin und Leiterin der Historisch-Wissenschaftlichen Stadtbibliothek, Dr. Christine Sauer, statt. Der Treffpunkt ist vor dem Ausstellungskabinett auf Ebene L2, der Eintritt ist frei.
Am Donnerstag, 10. August, wird von 15.30 bis 17.30 Uhr unter dem Titel „Von prominenten Männern zu erfolgreichen Frauen“ eine Kuratorinnenführung im Doppelpack angeboten. Die Kuratorinnen Dr. Christine Demele und Dr. Christine Sauer führen durch die Ausstellungen „Dürer und die starken Männer“ im Albrecht-Dürer-Haus und „Frauen machen Druck!“ in der Stadtbibliothek Zentrum. Treffpunkt ist das Albrecht-Dürer-Haus, Albrecht-Dürer-Straße 39. Für die Museumsführung fallen die üblichen Eintrittspreise an.
Zur Ausstellung erscheint zudem der Katalog „Frauen machen Druck!“. Er ist reich illustriert und enthält Beiträge von Britta-Juliane Kruse, Christine Sauer und Susan Jackson. Er ist für 16,80 Euro an der Rezeption der Stadtbibliothek Zentrum erhältlich. jos
Bild Download: Titelblatt eines Musterbuchs für Zierbuchstaben, gedruckt von Katharina Dietrich in Nürnberg, verlegt von Conrad Bauer, 1601.
(Bild: Stadtbibliothek Nürnberg / Stadtbibliothek Nürnberg, JPG-Datei 1.0 MB)
Leitung:
Andreas Franke
Fünferplatz 2
90403 Nürnberg
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