Nr. 724 / 05.07.2023
In kurzer Folge sind in der Publikationsreihe der Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte drei neue Bände erschienen.
Die Dissertation von Anthony Sprengel zum Thema „Die Gründungsgeschichte des Nürnberger Kinderspitals 1861–1876“ ist im Band 77 veröffentlicht. Das heute als Cnopfsche Kinderklinik bekannte Krankenhaus – erst zum Tode des Arztes Julius Cnopf (1823–1906) wurde die Kinderklinik zu seinen Ehren umbenannt – hatte ihren Ursprung in einer Pflege- und Krippenanstalt in der Nürnberger Tetzelgasse, in der seit Mai 1861 zur Versorgung kranker Kinder ein Raum mit einer Handvoll Betten eingerichtet worden war. Diese kleine Kinderkrankenstation bot kranken Kindern aus Arbeiterfamilien oder aus sozial benachteiligten Schichten eine stationäre medizinische Versorgung, denn für den Großteil der Nürnberger Bevölkerung gab es im 19. Jahrhundert nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit einer ärztlichen Behandlung. Außerdem war eine häusliche Versorgung für Kinder arbeitender Eltern beziehungsweise Mütter in der damaligen Zeit nur schwer möglich. Die Diakonissen Helene und Marie von Meyer, die auch die Leitung der Krippenanstalt innehatten, leisteten durch ihre Arbeit und ihren Einsatz einen bedeutenden Beitrag zu Entstehung dieser Krankenhausstube. Drei Ärzte, so auch Dr. Julius Cnopf, behandelten die Kinder.
Der Ausbau der Krankenstube konnte durch die finanzielle Unterstützung von Wohltätigkeitsvereinen vorangetrieben werden und im November 1862 hatte die Kinderheilanstalt bereits zwei Abteilungen sowie zwei Krankenräume. Als qualifiziertes Pflegepersonal wurden Diakonissen eingesetzt. 1865 zog die Kinderheilanstalt in ein kleines Wohnhaus in der Maxfeldstr. 41 um, das mehr Platz für Betten bot, aber auch eine bessere Belüftung und Beheizung der Räume. Am 6. Dezember 1876 konnte der Neubau des Kinderspitals an der Hallerwiese eingeweiht werden. Doch dafür bedurfte es einer grundsätzlichen Umstrukturierung des Vereinsorgans, einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Kinderkrankenhaus in Nürnberg und einer verbitterten Auseinandersetzung mit den Neubaugegnern. Anhand dieser Debatte – die infektiösen Krankheiten lösten in der Bevölkerung Ängste aus und die Anwohner der Hallerwiese sahen eine Ansteckungsgefahr für sich und die Kinder in der Umgebung des Spitals – und weiteren Quellen beleuchtet Anthony Sprengel in der Studie die räumliche Entwicklung der Kinderheilanstalt und arbeitet die politischen Faktoren heraus, die zu einer erfolgreichen Gründung führten. Ferner werden die einzelnen Berufsgruppen beschrieben sowie die Erkrankungen und medizinische Versorgung der Patienten analysiert.
Das älteste Briefbuch der Reichsstadt Nürnberg, das mit über 900 Brieftexten nahezu die vollständige Korrespondenz des Kleinen Rats, dem eigentlichen Stadtregiment Nürnbergs, von 1404 bis 1408 enthält und ein herausragendes Dokument für die Geschichte Nürnbergs darstellt, wertet Sabrina Späth in ihrer Dissertation aus, die im Band 78 der Nürnberger Werkstücke mit dem Titel „Das älteste Nürnberger Briefbuch (1404–1408). Struktur, Inhalt und Auswertung“ veröffentlicht wurde. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen bei der Analyse des Inhalts in erster Linie die Ziele, welche der Rat mit den versandten Schreiben erreichen wollte.
Die Autorin stellt fest, dass immer dieselben Motive das Handeln des Rats bestimmten: die Durchsetzung städtischer Interessen, die Unterstützung der städtischen Bewohner sowie einzelner Personen. Die Palette der in den Korrespondenzen involvierten Akteure reicht von den Briefpetenten über die für die Entscheidung verantwortlichen Ratsherrn bis hin zu den Nachrichtenübermittlern und den Adressaten. Auf der Seite der Briefempfänger wurden 440 verschiedene Adressaten festgestellt, die vom einfachen Bürger bis hin zum Papst und Kaiser reichen. Die Mehrheit der Schreiben ging an regionale Empfänger im Umkreis von drei Tagesreisen. Dies deutet darauf hin, dass Nürnberg in seiner direkten Umgebung eine Rolle als Nachrichtenzentrum einnahm, im gesamteuropäischen Raum außerhalb des Reiches aber in dieser Zeitspanne nur selten tätig wurde.
Die Analyse der insgesamt 221 namentlich genannten Petenten zeigt, dass nicht nur die Nürnberger Ratsherrn als privilegierte Gruppe Einfluss auf die Korrespondenz nehmen konnten, sondern durchaus auch einfache Bürger. In der Studie werden die vielschichtigen Prozesse, die darin involvierten Personen und die enorme inhaltliche Bandbreite dargestellt, mit welchen die Reichsstadt beziehungsweise der Rat als Stadtregiment befasst war.
Im Band 79 wird die Dissertation von Hiromi Abe-Kosaka zum Thema „‚Außenpolitik‘ der Reichsstadt Nürnberg im 15. Jahrhundert – Korrespondenz und Gesandtschaften des Nürnberger Rates“ publiziert. Anhand der spätmittelalterlichen Quellen im Staatsarchiv Nürnberg, in erster Linie die Briefbücher des Kleinen Rats mit den Abschriften der nach außen gesandten Briefe und die Reisekostenvermerke der Gesandten in den Rechnungsbüchern, werden Adressaten und Verhandlungspartner untersucht sowie die Anlässe der Kontaktaufnahmen analysiert und interpretiert. Deutlich herausgearbeitet wird dabei das Bestreben des Rats, durch die rege Kommunikation mit den benachbarten Fürsten und Städten Konflikten vorzubeugen, die regionale Ordnung zu erhalten und die Interessen der Reichsstadt und ihrer Bürger zu schützen.
Die Verfasserin stellt fest, dass der Nürnberger Rat am häufigsten an den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, gleichzeitig Burggraf von Nürnberg, Briefe und Gesandte schickte. Es folgten als wichtige Korrespondenz- und Verhandlungspartner die benachbarten Fürsten, die Würzburger und Bamberger Bischöfe und der Pfalzgraf von Neumarkt, sodann der Kaiser sowie der Herzog von Bayern-Landshut. Neben den genannten Fürsten kontaktierte der Nürnberger Rat die benachbarten Freien und Reichsstädte, besonders Windsheim, Weißenburg und Ulm. Auch Augsburg und Rothenburg waren wichtige Verhandlungspartner. Die Themen der Briefe und Gesandtschaften behandeln Angelegenheiten des Reichs, der Region und der Stadt Nürnberg sowie der Einwohnerschaft.
Als Reichsangelegenheiten überwiegen vor allem die Kriege gegen die Hussiten und Türken. Viele andere Themen betreffen die Herrschaften im Reich. Themen auf regionaler Ebene sind unter anderem die Vereinheitlichung der Silbermünzen, auf städtischer Ebene die Erneuerung und der Erwerb der städtischen Privilegien sowie die Angelegenheiten bezüglich der unterschiedlichen Rechte der Stadt Nürnberg. Wenn Nürnberger Bürger mit anderen Herrschaften und deren Einwohnern Kontakt aufnehmen mussten, vertrat der Rat seine Bürger und schrieb Briefe an die betreffenden Herrschaften beziehungsweise Personen. Die Studie zeigt anschaulich, dass der Nürnberger Rat sich bemühte, durch das jeweils passende Kommunikationsmittel – Brief, Abordnung von Ratsherrn oder Gelehrten oder Beauftragung der ständigen Vertreter vor Ort – vermeidbaren Konflikten vorzubeugen, schon entstandene zu lösen und das eigene Interesse und das der Nürnberger Bürger zu schützen.
Die Publikationen sind über die Verlagsdruckerei Schmidt in Neustadt/ Aisch (www.verlagsdruckerei-schmidt.de) erhältlich.
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