Rückblick

Allen Beteiligten der drei Städte wurde während der Projektdurchführung sehr deutlich, dass es notwendig ist, auf allen Ebenen sensibel mit den Begrifflichkeiten „Leistungsveränderung bzw. Leistungswandlung“ umzugehen. Es sind insbesondere die Indikatoren, die für die Einschätzung herangezogen werden zu hinterfragen. Häufig werden Krankheitszeiten benannt bzw. herangezogen. Es ist sicherlich hilfreich für eine erste Einschätzung, die Krankheitszahlen und deren Entwicklung über die letzten Jahre zu berücksichtigen. Allerdings ist das nur ein Indikator für Handlungsbedarfe, die aber nicht zwingend mit Leistungsveränderung bzw. Leistungswandlung einhergehen. Es sind immer die individuellen Kontexte in die Gesamtbeurteilung mit einzubeziehen, um genau zu prüfen, warum in Einzelfällen von Leistungseinschränkungen gesprochen wird und welche Ursachen sie haben. Auch sollte grundsätzlich differenziert werden zwischen verhaltens- und krankheitsbedingten Problemlagen. In der Praxis ist dies nicht immer einfach, da gerade im Bereich von psychischen Beeinträchtigungen eine Abgrenzung zu reinen verhaltensbedingten Problemen Schwierigkeiten bereiten kann. Sind krankheitsbedingte Problemlagen bekannt, ist es zudem in begründeten Fällen wichtig, einen ärztlichen Untersuchungsauftrag voranzustellen, um feststellen zu lassen, ob die bisherige Tätigkeit ohne Einschränkungen weiter ausgeübt werden kann, ob langfristig ein Umset-zungserfordernis besteht, von einer Teilleistungsstörung auszugehen ist, oder die bisherige Tätigkeit gar nicht mehr ausgeübt werden kann. Während der Termin zur ärztlichen Begutachtung wahrgenommen werden muss, gibt es für die Teilnahme an der Potenzialanalyse keine Verpflichtung.

Vertrauen und Akzeptanz

Die Teilnahme an einer Potenzialanalyse war im Rahmen der Projektdurchführung nur freiwillig möglich und wird es auch im Rahmen der eigenständigen Weiterführung bleiben. Denn der Austausch zwischen Führungskraft und Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter ist dort am wirkungsvollsten, wo bei den unmittelbar Beteiligten das Bewusstsein vorherrscht, „dass Führung und Geführtwerden [sic] eigentlich nur durch das Band der Akzeptanz tatsächlich wirkungsvoll zusammengebunden werden“ (Arnold 2000, S. 17). Vertrauen und Akzeptanz sind daher im Rahmen der Potenzialanalyse von besonderer Bedeutung. Dies bedeutet selbstverständlich auch, dass die Mitarbeitenden nur im vorgenannten Bewusstsein und der Sicherheit teilnehmen, dass ihre Rückmeldungen grundsätzlich auf Akzeptanz stoßen und sie keine Gefahr laufen bei Äußerungen zu ihren Einschätzungen Nachteile befürchten zu müssen.

Einsatz der Potenzialanalyse

Der Einsatz der Potenzialanalyse im Zusammenhang mit leistungsverän-derten/leistungsgewandelten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist ein Lösungsansatz, aber keine „one size fits all“-Lösung. Das Instrument ist zur Vorbereitung einer Weichenstellung hilfreich und eröffnet Wege neue Lösungsansätze zu generieren. Die Potenzialanalyse, wie wir sie kennen gelernt haben, setzt schwerpunktmäßig am bisherigen Arbeitsplatz an und liefert in erster Linie Informationen zu den dort eingebrachten Kompetenzen und deren Ausprägungen. Sie zielt vorerst auf einen Verbleib im bisherigen Arbeitsbereich bzw. in der Dienststelle ab. Dieser Ansatz ist sicher konsequent, denn im Arbeitsbereich bzw. der bisherigen Dienststelle haben die Beschäftigten ihre Erfahrungen gesammelt und bringen ihre individuellen Kompetenzen ein. Zudem pflegen sie dort ihre sozialen Kontakte.

Das Verfahren eröffnet Optionen für den Abgleich und die Passung für Anforderungen anderer Arbeitsplätze. Es ist allerdings zu beachten, dass einzelne Teiltätigkeiten immer im direkten Zusammenhang mit der jeweiligen Tätigkeit stehen. Dies bedeutet, dass selbst gleiche Teiltätigkeiten in unterschiedlichen Kontexten, z. B. Aufgaben im Team erledigen, Arbeitssicherheit beachten oder Umgang mit der EDV, jeweils abhängig von den konkreten Anforderungen unterschiedlich beschrieben werden. Es können zwar Analogien gezogen werden, aber es ist jedes Mal genau zu prüfen, ob die Inhalte für andere Tätigkeiten zutreffend sind. In jedem Fall eröffnet das Verfahren einen strukturierten Ansatz und eine solide Grundlage die Thematik zu bearbeiten.

Führungskräfte

Im Arbeitsalltag vermischen sich Beobachtung, Beschreibung, Interpretation und Bewertung häufig. Sie werden in der Regel nicht als zu differenzierende Sachverhalte eines Gesamtvorganges wahrgenommen. Weshalb Sachverhalte häufig aus Sicht der Vorgesetzten als objektiv wahrgenommen werden. Erst die bewusste Auseinandersetzung und Analyse der Arbeitsausführung sowie die Reflexion darüber versetzt Vorgesetzte in die Lage, Beobachtungen besser von Interpretationen und Bewertungen abgrenzen zu können. Die Problemlagen, die zu einer Veränderung im Leistungsbereich führen, sind häufig nicht objektiv gegeben, sondern viel mehr perspektivenabhängig und interpretationsgebunden, weshalb der Ansatz der Fremd- und Selbsteinschätzung und ein sich anschließendes Auswertungsgespräch sehr zielführend sein kann. Was sich nicht in konkreten Zahlen niederschlägt, aber einen positiven Ausschlag gibt, sind die Auswirkungen, die aus einer höheren Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden und deren Führungskräften aufgrund einer besser gelingenden Kommunikation resultieren.

Gerade bei den beteiligten Führungskräften hat die intensive Auseinandersetzung im Kontext der Profilerstellung zu zentralen Erkenntnissen geführt. Die Sensibilisierung für tatsächlich beobachtbares und somit einschätzbares Verhalten von Mitarbeitenden stand sehr stark im Fokus. Aber auch die Möglichkeit bereits vorhandene Instrumente wie das Mitarbeitergespräch mit den erarbeiteten Profilinhalten anzureichern wurde als weitere Chance gewertet.

Teilnehmende

Die freiwillig teilnehmenden Beschäftigten haben zahlreiche Erkenntnisse für sich gewonnen. Die Tatsache, dass sich Führungskräfte sehr viel Zeit genommen haben, wurde als Wertschätzung empfunden und von den Beschäftigten honoriert. Die inhaltliche Auseinandersetzung und somit der Abgleich der verschiedenen Einschätzungen wurde ebenfalls mehrfach als sehr konstruktiv eingeordnet. Durch den stattfindenden Vergleich werden Qualifizierungsbedarfe ersichtlich, die als Lernfelder für die Mitarbeiterin bzw. den Mitarbeiter definiert können. Des Weiteren können aus der Analyse der Stärken und Schwächen Entwicklungsziele abgeleitet werden, die dazu dienen, die Stärken zu fördern bzw. Potenziale zu entwickeln und Schwächen auszugleichen. Der Personalentwicklungsbedarf kann in einem offenen Dialog abgeleitet werden, wenn gegenseitige Sichtweisen ausgetauscht sowie Stärken und Schwächen konstruktiv besprochen werden. Insofern kann die Weiterbildungsbedarfsanalyse im Rahmen der Potenzialanalyse bereits vorbereitet werden, diese aber nicht ersetzen.

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