Geschlechtsspezifische und Häusliche Gewalt
Im Jahr 2023 wurden über 250.00 Menschen in Deutschland Opfer Häuslicher Gewalt, dabei waren 70 Prozent der Betroffenen weiblich. Knapp 80 Prozent der Betroffenen im Bereich Partnerschaftsgewalt waren ebenfalls Frauen. Auf der Seite der Tatverdächtigen handelte es sich in beiden Bereichen in jeweils 78 Prozent und 75 Prozent der Fälle um Männer. Fast jeden zweiten Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch die Gewalt ihres (Ex-)Partners. Auch Kinder und Männer sind Opfer Häuslicher Gewalt.
Gewalt beginnt nicht erst mit Schlägen. Auch Bedrohungen, Beschimpfungen, Belästigungen und Kontrolle durch den Partner oder die Partnerin sind Formen von Gewalt. Sie kann Menschen aller sozialen Schichten und jeden Alters treffen.
Geschlechtsspezifische Gewalt
Geschlechtsspezifische Gewalt ist eine Form der Gewalt, die sich gegen die Selbstbestimmung einer Person richtet, insbesondere gegen die geschlechtliche und/oder sexuelle Selbstbestimmung. Sie geht von vermeintlichen Geschlechternormen aus und reproduziert ein gesellschaftliches und strukturelles Machtverhältnis. Sie wirkt nicht nur individuell, sondern stabilisiert dieses Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern auf gesellschaftlicher Ebene.
Geschlechtsspezifische Gewalt betrifft zum überwiegenden Teil Frauen und Mädchen, nicht-binäre Menschen und Menschen, die nicht heterosexuell und/oder Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen bei ihrer Geburt anhand ihrer äußerlich körperlichen Merkmale zugeschrieben wurde. Auch Männer und Jungen sind Betroffene geschlechtsspezifischer Gewalt, sie sind jedoch deutlich seltener betroffen. Geschlechtsspezifische Gewalt wird nicht ausschließlich, aber zum überwiegenden Teil von Männern gegenüber Frauen, nicht-binären Menschen und auch gegenüber anderen Männern ausgeübt – gleichzeitig können auch Frauen Täterinnen sein.
Häusliche Gewalt
Häusliche Gewalt bezeichnet Gewalt in engen persönlichen Beziehungen, vor allem in Partnerschaften und Familie. Sie umfasst alle Handlungen körperlicher, psychischer, sexueller und ökonomischer Gewalt. Kinder, die in diesen gewaltbelasteten Beziehungen leben, sind hochgradig mitbetroffen. Häusliche Gewalt wird durch Ehepartner*innen, Lebenspartner*innen oder andere Familienangehörige ausgeübt und kommt auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen vor.
Gewalt in Partnerschaften und im sozialen Nahraum kann ganz unterschiedliche Formen annehmen ‒ doch meist entwickelt sie eine ähnliche Dynamik. In den meisten Fällen geht häusliche Gewalt von Männern aus, davon betroffen sind ganz überwiegend Frauen. Aber auch Frauen üben Gewalt in engen sozialen Beziehungen aus, und auch Männer können Opfer häuslicher Gewalt werden.
Die Istanbul-Konvention hilft bei der Prävention und Bekämpfung von Gewalt
Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, auch bekannt als Istanbul-Konvention, wurde bereits im Jahr 2011 verabschiedet und trat als völkerrechtlicher Vertrag im August 2014 in Kraft. Es schafft verbindliche Rechtsnormen zur Prävention und Bekämpfung von Geschlechtsspezifischer und Häuslicher Gewalt. Im Februar 2018 trat die Istanbul-Konvention als Bundesgesetz in Deutschland in Kraft.
Bereits in der Präambel wird anerkannt, dass die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern ein wesentliches Element zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen beziehungsweise Geschlechtsspezifischer Gewalt ist. Gleichstellungsarbeit wird demnach per se als Präventionsarbeit anerkannt. Kommunale Gleichstellungsarbeit muss folglich die in der Konvention gesetzten Vorgaben im Sinne der Ausstrahlungswirkung zwingend mitdenken.
Kommunaler Beitrag zur Umsetzung
Während die Verantwortung für die lückenlose Umsetzung der Istanbul-Konvention in vielen Bereichen in die Zuständigkeit des Bundes oder der Länder fällt wie beispielsweise im Kontext materiellen Rechts, Ermittlungen und Strafverfolgung oder auch Migration und Asyl können die Kommunen einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der Konvention und somit zur Prävention, zum Schutz und zur Unterstützung (potentiell) Betroffener von Geschlechtsspezifischer und Häuslicher Gewalt leisten.
Der Gleichstellungsaktionsplan 2024-2027
Der Gleichstellungsaktionsplans 2024-2027 der Stadt Nürnberg fokussiert sich inhaltlich auf die Bekämpfung Geschlechtsspezifischer und Häuslicher Gewalt. Geschlechtsspezifische und Häusliche Gewalt betrifft alle Nürnberg*innen quer durch die Stadtgesellschaft. Mit seinen 218 Maßnahmen soll der Gleichstellungsaktionsplans für diese Arten von Gewalt sensibilsieren, die Präventionsarbeit stärken und ausbauen und Betroffene besser schützen und unterstützen.