Im Jahr 2009 feiert die Scharrerschule ihr hundertjähriges Bestehen. Viele Schülergenerationen sind in der Schule ein- und ausgegangen. Ungezählte Kinder haben hier erwartungsvoll ihre Schulzeit begonnen, einen Teil ihrer Kindheit und Jugend verbracht und sich durch Lernen auf ihr späteres Leben vorbereitet.
Viele entscheidende Epochen deutscher Geschichte haben ihre Spuren hinterlassen und werden auf den folgenden Seiten aus Sicht der Scharrerschule näher erläutert.
Johannes Scharrer - der Namensgeber unserer Schule
Johannes Scharrer wurde am 30. Mai 1785 als Sohn eines Metzgers und Bierbrauers in Hersbruck geboren. In einem Nürnberger Geschäftshaus erlernte er den Kaufmannsberuf. Nebenbei erwarb er sich im Selbststudium Grundkenntnisse in den wichtigsten europäischen Sprachen.
1809 machte er sich selbständig und führte richtungsweisende Neuerungen ein. So stellte er den Hopfenhandel auf die Grundlage eines Großhandelunternehmens, achtete aber stets auf die Gemeinnützigkeit. Er veröffentlichte seine volkswirtschaftlichen Gedanken in einer Reihe von Schriften. Nach Einführung der Selbstverwaltung in Nürnberg 1818 stellte er sein organisatorisches Talent in den Dienst der Stadt: er wurde Magistratsrat.
Schon vier Jahre später bemühte er sich als 2. Bürgermeister, die mageren Finanzen der Stadt auf eine gesunde Grundlage zu stellen. Außerdem veranlasste er Neuerungen im Straßenbau und in der Wasserversorgung. 1821 gründete er die Stadtsparkasse. Entscheidend beeinflusste er den Ausbau des frühen Nürnberger Volks- und Realschulwesens und gründete eine Höhere Töchterschule. Auf seine Tatkraft ist auch die Gründung einer polytechnischen Schule erfolgt, aus der die heutige Simon-Ohm-Fachhochschule hervorging, eine weithin bekannte und anerkannte Ausbildungsstätte für höhere technische Berufe. Auch auf kulturellem Gebiet erwarb er sich große Verdienste. So veranlasste er die Restaurierung des großen Rathaussaales und der Jakobskirche. Auf seinen Rat hin erwarb die Stadt das Dürerhaus und richtete in der Moritzkapelle eine Gemäldesammlung ein. Leider konnte er sein erfolgreiches Wirken für unsere Stadt nicht mehr als Bürgermeister fortsetzen, weil wenig einsichtige Kreise der Bürger seine Wiederwahl 1829 verhinderten. Sie befürchteten eine Verschuldung der Stadt, weil Scharrer die notwendigen öffentlichen Bauten und Investitionen durch Aufnahme von Darlehen finanzieren wollte. Johannes Scharrer grollte den Nürnbergern nicht, sondern suchte sich neue Betätigungsfelder.
Als eifriger Förderer des Eisenbahngedankens erwirkte er zusammen mit Georg Zacharias Platner den Bau der ersten deutschen Eisenbahn, die 1835 von Nürnberg nach Fürth fuhr und ein neues Zeitalter eröffnete. Für mehrere Jahre war er Direktor der 'Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft'. Außerdem leitete er auch die von ihm gegründete polytechnische Schule. Am 30. März 1844 starb der bedeutende Kaufmann, Kommunalpolitiker und Förderer von Wirtschaft, Verkehr und Kunst, dem die Stadt Nürnberg so viel zu verdanken hatte.
Seit 1849 hatte Gleißhammer eine Fabrikschule. Durch den starken Zustrom von Arbeiterfamilien stieg die Kinderzahl rasch an. Die Schule war bald zu klein. 1869 ließ der Schloßbesitzer Zeltner zwei Schulgebäude an der Ecke Schloß- / Kupferstraße errichten, in denen anfangs zwei Voll- und drei Hilfslehrer unterrichteten. In der Folgezeit wurden beide Gebäude noch ausgebaut, um weitere Schulräume zu gewinnen. Heute sind dort ein städtischer Jugendhort und ein Kindergarten untergebracht.
Um 1900 wurde das Gebiet südöstlich vom Frauentor immer dichter besiedelt. Bedingt durch die Entstehung neuer Industriebetriebe im heutigen Stadtteil Gleißhammer, zogen immer mehr Bewohner aus dem Umland Nürnbergs hierher, um ihren Unterhalt als Fabrikarbeiter zu verdienen. Deshalb reichten die vorhandenen Schulgebäude für die wachsende Kinderzahl nicht mehr aus. Zunächst wurde an der Luisenstraße 1901 zusätzlich eine Schulbaracke errichtet, die noch bis Ende der siebziger Jahre als Sonderschule diente.
Als auch diese Räume nicht mehr ausreichten, beschlossen die Verantwortlichen der Stadt an der Scharrerstraße 33 ein großes Schulgebäude zu bauen. Die Planung der Scharrerschule dauerte von 1905 bis 1908. Am 11. Mai 1908 begannen die Bauarbeiten, und bereits im Oktober des gleichen Jahres konnte Richtfest gefeiert werden. Im Jahr 1909 wurden die notwendigen Innenausbauarbeiten erledigt. So konnte die Schule pünktlich zum Schulbeginn im September 1909 seiner Bestimmung übergeben werden.
Bei der Einweihung am 01.09.1909 enthielt das Haus 42 Klassenräume, 2 kleine Ausweichzimmer, 2 Zeichensäle, 2 Turnhallen, 1 Inspektor- und 1 Lehrerobmannzimmer, 5 Lehrerzimmer und 2 Zehrmittelzimmer. Außerdem waren noch Hausmeister- und Heizerwohnung, 1 Esszimmer für bedürftige Kinder, die nötigen Verkehrsräume (Abortanlagen, Brausebad, Kesselhaus, Kohlenlager, Waschküche mit Trockenkammer) sowie 1 Karzer, in dem Schüler ihre Schulstrafen abzusitzen hatten, im Hause untergebracht.
Als Sammelheizung wurde eine mit Koks befeuerte Niederdruckdampfheizung eingebaut. Alle Heizkörper wurden, erstmals in einem Nürnberger Schulhaus, mit selbsttätigem Temperaturregler 'System Johnson', ausgerüstet. Eine weitere Neuerung war die Einrichtung einer Schülerwerkstätte. Sie diente den Schülern der 8. Volksschulklassen zur Erlernung der Handfertigkeit.
Mit der Eröffnung der Schule erfolgte die Angliederung eines Versuchsklassenzuges, in dem die neuen Erziehungs- und Unterrichtsmethoden der Reformpädagogik schulpraktisch erprobt wurden.
Einige wenige herausragende Lehrerpersönlichkeiten seien hier genannt:
Der begeisterte Schulmann Karl Markert und sein Kollege Karl Schander erkannten schon frühzeitig die Bedeutung eines kindgemäßen Unterrichts. Sie wirkten bahnbrechend auf dem Gebiet des Erstlese-, Gesamt- und Heimatkundeunterrichts. In zahlreichen Veröffentlichungen gaben sie ihren reichen Erfahrungsschatz an die Lehrer weiter.
Auch August Schörg, der ein Buch mit dem Titel "Schauen, Denken, Schaffen" herausbrachte, arbeitete in ähnlicher Weise.
Heinrich Fuchs widmete sich besonders dem Geschichtsunterricht und der Jugendfürsorge. 1913 erschien sein für die damalige Zeit höchst fortschrittliches Buch "Leben durch Erleben", ein Versuch, Schülerreisen und Schülerbriefwechsel in den Dienst des Unterrichts zu stellen. Seine Schüler durften damals schon Schulfahrten in das österreichische Salzkammergut unternehmen.
In der ersten Schülerwerkstätte Nürnbergs an der Scharrerschule wirkte der Pionier des Werkunterrichts Viktor Wolfinger. Später setzte Hans Schiller, der sich auch noch als Schriftleiter der Zeitschrift "Elternhaus und Schule" einen Namen machte, seine Arbeit fort.
Auch heute arbeiten zahlreiche Lehrer der Scharrerschule an Fibeln und Unterrichtswerken, die neue Wege im schulischen Arbeiten beschreiten. Hier ist vor allem das Werk "Start frei" aus dem Oldenbourg-Verlag zu nennen, das neue Konzepte im Erstlese- und Erstschreibunterricht aufzeigt.
Das Schulhaus Scharrerstraße 33 hatten schon meine älteren Geschwister besucht. Meine große Schwester hat ihrem Lehrer die sechs "Pföitschla", die sie unschuldig erdulden musste, nie verziehen. Außerdem wurde in der Familie immer wieder erzählt, dass sie eines Tages entsetzt heimgekommen wäre: "Wir bekommen im nächsten Schuljahr den Streicher als Lehrer!"
Kuno Pohrer Der ehemalige Scharrerschüler Kuno Pohrer besuchte von 1930 -1936 die Lehrerbildungsanstalt Schwabach und wurde selbst Lehrer. Nach Krieg und Gefangenschaft begann er dann im Herbst 1947 als Lehrer an seiner alten Schule. Bis 1968 unterrichtete er an der Oberstufe der Scharrerschule. Dann wurde er erst Rektor an der Julius-Leber-Straße, anschließend an der Georg-Ledebour-Straße in Langwasser.
Es kam dann doch nicht so weit. Vater hat sie in ein Mädchen-Lyzeum übertreten lassen. Im gleichen Frühjahr 1923 wurde ich in der protestantischen Schule der Scharrerstraße eingeschult. Wahrscheinlich sind beide elterlichen Entscheidungen auch im Hinblick auf Streicher getroffen worden.
Zu spät konnte ich zum Unterricht nicht kommen, denn jeden Werktagmorgen gegen sieben Uhr klapperten Hunderte von Füßen über das Pflaster unter meinem Schlafzimmer Peterstraße 4. Das waren die "Bingerer". Sie kamen von der Haltestelle der Straßenbahn an der Peterskirche und marschierten zur Firma Bing in der Schloßstraße. Sie stellten Blechspielzeug her.
Uns Schulanfänger unterrichtete Herr Roedel. Ich habe ihn als pestalozzischen Kinderfreund in Erinnerung. So schüchtern und ängstlich ich auch war, zu ihm hatte ich bald Vertrauen. Nach dem ersten Halbjahr der dritten Klasse kam Hans Schiller. Er war Bezirksoberlehrer. Über die jungen Lehrer, die nun zu uns ins Klassenzimmer kamen, waren wir nicht sehr froh. Uns war es lieber, mit unserem Schiller allein zu sein. Er hatte es verstanden, uns unterrichtlich zu fesseln. Später ist er Schulrat geworden. Sein Dienstzimmer war im ersten Stock des Schulhauses, über dem Knabeneingang.
In der 5./6. Klasse übernahm uns Christian Schorr. Da im Schulhof das Fußballspielen verboten war, führte er uns nachmittags manchmal auf die Betzenwiesen, einen sandigen Platz über dem Goldbachufer. Er zeigte uns auch seinen Gemüsegarten. Mit ihm ist mir erstmals ein begeisterter Gartenliebhaber begegnet.
Einmal jede Woche durften wir ins Volksbad. Während der Zehnuhrpause traten wir vor dem Schulhaus an, sämtliche beteiligte Knabenklassen in Dreierreihen, auf Vordermann und ausgerichtet. Wehe, es klappte nicht. Immer wieder erschreckte mich die Kasernenhofstimme des zuständigen Lehrers: Rechtsum! Ohne Trittmarsch! So zogen wir in Kolonne auf dem Fahrweg ins Volksbad. Dort lernten wir, einen Gurt um den Leib, an einem Strick im Wasser hängend, die Schwimmbewegungen. In militärischer Ordnung ging es dann wieder zurück zum Schulhaus. Unser "Bad-Führer" ist später ein hoher SA-Führer in Nürnberg geworden.
Meine letzte Klasse im Scharrerschulhaus, die 7., besuchte ich bei Hugo Hormes. Er war anders, als wir es gewöhnt waren. Da war ein geschwungener Hutrand und Halbschuhe mit Kreppsohlen. Alle unsere Lehrer hatten einen hohen steifen Kragen getragen. Seiner war weich und umgeschlagen. Es ging lockerer zu, ohne dass wir uns Disziplinlosigkeiten erlauben durften.
Wir waren eine gemischte Klasse vom 1. Schultag an. Etliche Väter waren Straßenbahner, viele Handwerker, auch selbständige Kaufleute. Der Rest der Klasse stammte aus Arbeiterfamilien. Einige wurden von der Fürsorge überwacht. Das waren meist Kinder aus dem Ludwigsfeld, deren Familien in den Lazarettbaracken aus dem ersten Weltkrieg wohnten. Sie galten als schmuddelig und es gab Eltern, die sehr aggressiv reagierten, wenn in der Nähe ihres Kindes "so einer" saß.
Mein Schulweg war nicht weit. Oft ging ich entlang der Regensburger Straße heim. Da standen dann vor der "Stadt Neumarkt", einem Wirtshaus am Ende des Petersfriedhofes, meist ein gutes halbes Dutzend Pferdefuhrwerke. Sicher gab es schon Autos, aber auf die Gespanne konnte man noch nicht verzichten. Die Futterkrippe hing an der gestützten Deichsel und die langmähnigen, kräftigen Tiere im gewienerten Geschirr, ließen sich schnaubend Häcksel und Hafer schmecken, während die Fuhrleute bei ihren Brotzeiten saßen.
Meist gingen wir aber durch die Peterstraße heim, an der Ofenfabrik Rießner vorbei. Mein Freund und ich kickten dort einmal einen alten Rosttopf. Als Heinz ihn packte und über den Zaun des kleinen Vorgartens warf, kam schon wutentbrannt der Hausmeister. Heinz war davongerannt und ich bekam die "Watschn", weil ich guten Gewissens stehen geblieben war. Das ist in meiner Erinnerung die einzige körperliche Züchtigung während meiner Schulzeit in Gleißhammer."
1936 erhielt die Schule vorübergehend den Namen des berüchtigten NS-Gauleiters von Franken, Julius-Streicher, einem der schlimmsten Hetzer im Dritten Reich, weil dieser bis 1923 an der Scharrerschule tätig war. Dort unterrichtete er die 6. und 7. Mädchenklassen. Er kam in einer für die damalige Zeit ungewöhnlichen Kleidung zum Unterricht: Reitstiefel, Reithose und Reitpeitsche.
Eine ehemalige Schülerin berichtet: "Bei der Begrüßung schlug er mit der Gerte auf die Bänke. Seine Wutausbrüche, bei denen er Tintenfässer an die Schultafel warf und seine Taschentücher in Stücke riss, waren gefürchtet. Grundlos zerrte er die Mädchen an den Zöpfen aus der Bank und ließ sie in der Ecke des Schulzimmers stehen." Geboren wurde Julius Streicher am 12. Februar 1885 in Fleinshausen, Landkreis Augsburg.
1909 kam er als Lehrer nach Nürnberg. Nach dem 1. Weltkrieg wurde er Mitglied mehrerer radikaler, nationalistischer Bünde
1922 trat er in die NSDAP ein und gründete die Ortsgruppe Nürnberg.
1923 wurde er Herausgeber des Hetzblattes "Der Stürmer", das gegen Juden und rassische Minderheiten hetzte. Wegen seiner Teilnahme am Hitlerputsch in München wurde er aus dem Schuldienst entlassen und erhielt bis 1928 Ruhegeld.
1924 Einzug in den Stadtrat
1924 -1933 Landtagsabgeordneter für die NSDAP im Wahlkreis Nürnberg
1930 -1940 Gauleiter von Franken. Während seiner Amtszeit Säuberungsaktionen in Ämtern und Behörden, Enteignung und Vernichtung jüdischen Besitzes (Arisierungswelle).
1940 Verlust seiner Amtsgeschäfte aufgrund eines Urteils des Oberen Parteigerichtes wegen Bereicherung bei der Zwangsarisierung, Verunglimpfung des Reichsmarschalls Göring und sexualpathologischer Neigungen.
Bis 1945 lebte er auf seinem Gut Pleikershof bei Cadolzburg. Nominell blieb er aber Gauleiter und durfte den "Stürmer" weiter herausgeben.
1946 wurde er als Hauptkriegsverbrecher durch den Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg verurteilt. Am 16. Oktober wurde er durch den Strang hingerichtet.
Mit Beginn des Schuljahres 1938/39 mussten die Buben und Mädchen der 8. Klasse aus Zabo, die bisher die Siedlerschule besucht hatten, ins Scharrerschulhaus. Dort gab es nicht nur nach Geschlechtern getrennte Klassen, sondern sogar eigene Eingänge für Knaben und Mädchen. Damals hieß die Schule auch 'Julius-Streicher-Schule'. Sie wurde nämlich 1936 umbenannt und erhielt den Namen des berüchtigten 'Frankenführers', der einige Jahre hier als Lehrer tätig war.
Die Knaben aus Zabo schlossen schnell Freundschaft mit den Kameraden aus Gleißhammer und St. Peter. Nur der neue Lehrer brachte Wirbel in den Schulalltag. Der zweihundertprozentige Nazi verehrte den obengenannten Frankenführer über alles und machte ihn zu seinem Idol. Anstelle des vor Unterrichtsbeginn üblichen Morgengebetes beschränkte er sich auf einen Satz: "Gott schütze unseren heißgeliebten Frankenführer".
Als besondere Attraktion galt die in Marmor gearbeitete Büste jenes Mannes, die im Eingangsbereich der Knabenschule aufgestellt war. An einem Wintertag, es regnete und schneite den ganzen Vormittag, lag der Matsch knöcheltief im Schulhof. Kurz nach der Pause passierte dann etwas, was unseren geistigen Betreuer aus dem Gleichgewicht brachte. Ein Junge fand im Hof eine verschmutzte Schimütze und patschte sie dem steinernen Julius treffsicher auf die Glatze. Die Schüler feixten respektlos vor dem entstellten Denkmal und rissen ihre Witze.
Die Mehrheit der Lehrerschaft zeigte eine vornehme Zurückhaltung. Bei einigen Lehrkräften konnte der aufmerksame Beobachter sogar ein schadenfrohes Grinsen feststellen. Ganz anders reagierte unser tiefbrauner Pauker. Er tobte im Flur herum, sprang von einem Bein auf das andere wie weiland Rumpelstilzchen und brüllte ständig: "Wer war das? Wer war das?" Währenddessen begann der restliche Schnee in der Mütze zu schmelzen und die dreckige Brühe rann in kleinen Bächen dem solchermaßen geschändeten Julius über Stirn, Nase und Ohren. Verzweifelt versuchte der Tobende mit seinem Taschentuch das Standbild zu säubern. Das Unterfangen jedoch misslang, denn durch den auf dem ganzen Kopf verteilten Dreck bekam es erst recht ein jämmerliches Aussehen. Bei seiner Putzerei entschuldigte sich unser Lehrer unaufhörlich bei der 'Büste' für das fürchterliche Vergehen. Diese Schande musste seiner Meinung nach rasch beseitigt werden. Er rief den Hausmeister, der unter seiner persönlichen Aufsicht die Spuren dieses ungeheuerlichen Frevels beseitigen musste. Die abschließende Politur mit dem Staublappen nahm er selbst vor.
An diesem Tage dauerte es lange, bis unser Klassenleiter den Unterricht wieder aufnahm. Zur Strafe mussten wir einige Seiten über den von ihm heißgeliebten, jetzt so schändlich beleidigten Frankenführer schreiben. In den nächsten Tagen sah man ihn noch in den Ecken des Flurs herumschleichen, ständig die Büste beobachtend, in der Hoffnung, einen neuen Übeltäter auf frischer Tat ertappen zu können.
Den Attentäter hat er aber nicht erwischt, Gott sei Dank!
Hans Liebel
Die Anfangsjahre des Zweiten Weltkriegs gingen nahezu spurlos an der Scharrerschule vorüber. Erst im Jahre 1943 häuften sich die Fliegerangriffe auf die Stadt Nürnberg. Für die Schüler, die nachts aus dem Schlaf gerissen wurden, bedeutete dies einen späteren Unterrichtsbeginn am nächsten Morgen. Als Folge der Bombenangriffe wurde im Keller des Schulhauses ein Luftschutzraum für Schüler und für Bewohner der umliegenden Häuser eingerichtet und eine Abteilung des Sicherheitsdienstes einquartiert.
In der Nacht vom 27.8. auf den 28.8.1943 fielen erstmals Bomben auf die Scharrerschule und beschädigten das Haus schwer. Durch weitere Fliegerangriffe erlitt die Schule so schwere Schäden, dass sie Ende 1944 geschlossen werden musste. Kleinere Firmen verwendeten die noch brauchbaren Räume als Lager- und Arbeitsräume. Damals trug man sich sogar mit dem Gedanken, die Schule aufzulassen und anderen Zwecken zuzuführen.
Die erste notdürftige Instandsetzung der weniger beschädigten Schulräume geschah bereits 1945/46 durch Lehrkräfte der Schule und den im Erdgeschoss des zerstörten Seitenflügels untergebrachten Schreinerbetrieb Deuter. Ein Bautrupp der Firma Werner aus der Wodanstraße, bestehend aus ehemaligen Lehrern, die wegen ihrer Zugehörigkeit zur NSDAP vorübergehend aus dem Dienst entlassen worden waren, half ebenfalls beim Aufräumen der Zimmer und der Beseitigung der Bombenschäden. Ende 1945 wurde der Unterricht an der Scharrerschule behelfsmäßig wieder aufgenommen. Zwar fehlten noch Fenster und Türen in den Klassenräumen und die Schüler mussten das Heizmaterial für die rasch installierten Öfen selbst mitbringen, aber man war froh, wieder in die Schule gehen zu dürfen. Später verpflichtete sich die Firma Deuter im Pachtvertrag, in die benutzten Zimmer, Türen und Fenster einzubauen.
In den Jahren 1954/55 erfolgte dann der endgültige Wiederaufbau des Südwestflügels. Der Ausbau der noch zerstörten Räume und die Ausschmückung der Gänge durch die Meisterklasse der Malerinnung verlieh dem Gebäude wieder ein gefälliges Aussehen.
Unter der Überschrift 'Stolz und große Freude' konnte man am 9.7.1955 in den 'Nürnberger Nachrichten' etwa Folgendes lesen: "Oberbürgermeister Bärnreuther weihte gestern das Schulhaus an der Scharrerstraße 33 ein. Zusammen mit ihm feierten sämtliche Mitglieder des Schul- und Kulturausschusses den Wiederaufbau der Scharrerschule. Das bisher graue Gebäude der Schulkinder aus Gleißhammer und St. Peter wurde für rund 1 Million Mark um Jahrzehnte verjüngt. Das Hochbauamt unter Leitung von Bauführer v: Schmitt errichtete acht neue Schulzimmer und eine mit allen Schikanen ausgerüstete Schulküche. Rektor Tschaffon zollte dafür der Stadtverwaltung großes Lob."
Den Schlussstrich unter den Wiederaufbau des Scharrerschulhauses zog die Generalinstandsetzung in den Jahren von 1973 bis 1975. Für 4 Millionen Mark modernisierte die Stadt das Gebäude und passte es den Erfordernissen der Zeit an. So wurden besonders die Heizungs- und Beleuchtungsanlagen erneuert und Rundfunk- und Fernsehanschlüsse installiert. Mitte der neunziger Jahre kam es zu einer großen Umgestaltung des Pausenhofs. Spielzonen mit Rutsche, Klettergerüst, Wippe und Sandkasten wurden errichtet.
Im Jahr 2001 kam es zur bisher letzten großen Baumaßnahme. Mit enormen finanziellen Aufwand wurden die Klassenzimmer der Grundschule mit Glasfaserkabel vernetzt. Dadurch haben Lehrer und Schüler die Möglichkeit, über das Internet mit aller Welt zu kommunizieren und Informationen zu recherchieren.