14. Nürnberger Sportdialoge - Megatrends im Sport

Workshops

Am 18. November 2023 trafen sich rund 130 Aktive im Vereinssport, Vertreterinnen und Vertreter der Politik sowie städtischer Dienststellen und diskutierten, was für alle ein dringliches Thema ist: Die "Megatrends im Sport".


Impulsvortrag des BLSV-Präsidenten

Im Impulsvortrag sensibilisierte Jörg Ammon für gesellschaftliche Veränderungen und Megatrends im Sport. Die zu identifizierenden zwölf Megatrends sind die großen Treiber des Wandels und wirken bedeutsam auf den organisierten Sport ein. Dabei bieten sich auch viele Chancen, um neue Mitglieder zu gewinnen und bestehende Mitglieder zu binden. Letztendlich hat jede Sportlergeneration unterschiedliche Bedürfnisse, die bedient werden müssen.


Bildergalerie Sportdialoge 2023


Best-Practice-Beispiele und Messestände

Best-Practice-Beispiele zeigten aus der Vereinswelt bei der Verleihung des Projektpreises "was bewegen", wie modern und innovativ Vereinssport sein kann, wenn er Bedürfnisse der unterschiedlichsten Zielgruppen aufgreift: Der Tuspo 1888 Nürnberg e.V. ermöglicht mit einer Kooperation von Kindersportschule und Champini niederschwellige Bewegungsangebote für Kinder, die Biker-Szene findet auf den Zabo Trails des Post SV Nürnberg e.V. sportliche Herausforderungen und Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen können im inklusiven Schwimmtraining des TSV Altenfurt e.V. selbstverständlich mitmachen.
Parallel zum Tagungsgeschehen boten die Messestände der Partner ergänzende Informationen rund um die Vereinsarbeit.

Zusammenfassungen der Workshops

In verschiedenen Workshops arbeiteten Expertinnen und Experten mit den Teilnehmenden, um Prozesse zur Lösung der vielfältigen Herausforderungen anzustoßen.

1 | Veränderungsprozesse im Verein gestalten

Michaela Böhme (Schwäbischer Turnerbund e.V.) stellte dar, welche zukünftigen Entwicklungen für Sportvereine eine Rolle spielen, wie sich Vereine an die neuen Gegebenheiten anpassen können und wie die Veränderungsprozesse im Verein erfolgreich gelingen.
Nach einem kurzen Überblick über die zwölf allgemeinen Megatrends der gesellschaftlichen Entwicklung führte die Referentin die für Sportvereine besonders relevanten Megatrends genauer aus. Diese sind Gesundheit, New Work, Konnektivität, Sicherheit, Individualisierung, Sicherheit und Mobilität.
Zur Zukunft des Sports lassen sich auf dieser Basis verschiedene Thesen ableiten. Beispielsweise bereiten die Sehnsucht nach Gemeinschaft und die Kulturtechnik des Sharings den Boden für neue Community Strukturen im Sport. Dies zeigt sich darin, dass nun statt dem Austausch im Vereinsheim die Kommunikation in der „WhatsApp“-Gruppe an Bedeutung gewinnt. Eine weitere These ist, dass Sport in Zukunft eine immer stärkere Diversifizierung und Pluralisierung erfährt, woraus sich immer mehr Möglichkeiten für Vereinssportangebote auftun.
Insgesamt ergeben sich für Sportvereine zehn unterschiedliche Handlungs- und Entwicklungsfelder, in denen Veränderungsprozesse stattfinden können (orts- und zeitunabhängige Angebote schaffen, Gewinnung von Nischengruppen als Mitglieder, Etablierung neuer Mitarbeitermodelle, Digitalisierung etc.). Diese müssen nach individuellen Strukturen und Gegebenheiten des Vereins ermittelt werden. Für die erfolgreiche Umsetzung ist es wichtig, neben dem Abbau von Ängsten und Ungewissheiten der Beteiligten auch alle in die Entwicklung der neuen Prozesse miteinzubeziehen. Daher sollte bei der Festlegung von Veränderungen zunächst immer auch eine genaue Diagnose vorausgehen. So ist bei der Entwicklung neuer Vereinsangebote beispielsweise wichtig, die Bevölkerungsprognose im Stadtteil zu berücksichtigen und sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Sportangebote gut dazu passen.
Ein nicht unbedeutender Faktor für eine erfolgreiche Gestaltung von Veränderungsprozessen ist letztendlich aber auch die Fähigkeit, Liebgewonnenes loslassen zu können.

2 | Ausbau von Netzwerken und Kooperationen: „vernetzen – verändern – voranbringen“

Menschen identifizieren sich immer weniger mit „der einen“ Sportart oder „ihrem“ Verein. Auf diesen Trend können Sportvereine z.B. durch den Ausbau lokaler Netzwerke reagieren. Der von Dirk Feierbach (Schwäbischer Turnerbund e.V. - STB) referierte Workshop begann mit der provokanten Frage, ob Sportvereine fit für die Zukunft sind. Diese Frage greift der STB auch im Workbook "Sportverein 2030" auf, welches in Zusammenarbeit mit dem Zukunftsinstitut entwickelt wurde und nach einer Pilotphase seit 2022 mit einer begleitenden Vereinsberatung durch den STB auf dem Markt ist. Das Workbook konzentriert sich auf sechs der zwölf Megatrends, darunter Gesundheit, New Work und Individualisierung, die besonders relevant für Sportvereine sind. Aus diesen Trends wurden fünf Thesen abgeleitet, die wiederum zehn Handlungsfelder bzw. Entwicklungsfelder definieren. Ein wichtiges Handlungsfeld für Sportvereine, um sich zukunftsfest aufzustellen, ist der Ausbau von Kooperationen und Netzwerken, das Thema des Workshops.
Im Theorieteil des Workshops wurden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Kooperationen und Netzwerken sowie die damit verbundenen Vorteile und Schritt-für-Schritt-Anleitungen erläutert. In einer interaktiven Session wurden verschiedene Partner für Kooperationen identifiziert, und Best-Practice-Beispiele vorgestellt. Die Teilnehmenden tauschten zudem ihre Erfahrungen im Bereich Kooperationen aus.
Beispielhaft wurden Projekte wie "Sport vernetzt" von Tornados Franken präsentiert, bei dem mehrere Vereine kooperieren, um ein vielfältiges Sportangebot im Stadtteil Langwasser anzubieten. Ein weiteres Beispiel war die Kooperation zwischen einem Schwäbischen Laufverein und der ortsansässigen Volkshochschule, bei der VHS-Kursteilnehmer nach Kursende regelmäßig auf das Vereinsangebot aufmerksam gemacht werden. Auch die Kooperation eines Sportvereins mit einem Friedhof bzw. der Kirchengemeinde wurde als Erfolgsbeispiel genannt.
Ein ausführlich diskutiertes Thema war der Ganztagsanspruch ab 2026 und die erwarteten Auswirkungen auf das Sporttreiben von Kindern und Jugendlichen sowie auf das Vereinsleben. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass eine Integration des Vereinssports in den schulischen Ganztag angesichts des herrschenden Übungsleitermangels nur mit hauptamtlichem Personal und durch Kooperation mehrerer Vereine möglich ist, insbesondere zu den Uhrzeiten am frühen Nachmittag.

3 | Etablierung neuer Mitarbeitermodelle: „Vereinsstrukturen auf den Kopf gestellt!?“

Im Rahmen des Workshops sensibilisierte Oliver Lorz (Schwäbischer Turnerbund e.V.) die Vereins- und Verbandsvertreterinnen dafür, dass in unserer Gesellschaft nach wie vor eine große Bereitschaft zu freiwilligem Engagement herrscht. Allein die in den Vereinen vorherrschenden Organisationsstrukturen sind für viele Bürgerinnen und Bürger nicht mehr attraktiv. Es braucht hierfür innerhalb der Sportvereine einen Perspektivwechsel hin zu den Bedürfnissen der Menschen, die man für eine Mitarbeit gewinnen will. Da sich immer weniger Menschen in Führungs- und Leitungsfunktionen im Verein einbringen wollen, müssen neue Möglichkeiten für Engagement geschaffen werden. Da das Zeitvolumen der Menschen, die sich im Ehrenamt einbringen wollen, sinkt, braucht es mehr „Schultern“ und es müssen klare Aufgabenstellungen definiert werden. Da die Komplexität der Aufgaben im Verein in den letzten Jahren stetig zugenommen hat, braucht es Menschen mit Expertise und man kann nicht mehr von einem „Ersten Vorsitzenden“ erwarten und verlangen, dass er alles können muss (und somit auch alles machen „darf“). Darüber hinaus muss Jugendlichen und jungen Erwachsenen Raum geboten werden, sich im Verein ohne traditionelle „Gängelung“ einzubringen. Praxisbeispiele und die Diskussion mit den Teilnehmenden veranschaulichten die Lösungsansätze.

4 | Wie kann man dem Megatrend Individualisierung im Sportverein begegnen?

Michael Schenk (Verein Pro Sport Berlin 24 e.V.) beschäftigte sich gemeinsam mit den Teilnehmenden mit dem Megatrend „Individualisierung“. Die Herausforderung für Sportvereine besteht darin, dass die Menschen ihre Sportaktivitäten immer freier und flexibler gestalten und sich nicht in starre vorgegebene Vereinsstrukturen und traditionelle Sportarten pressen lassen möchten.
Der Verein Pro Sport 24 reagiert darauf, indem er zeitgemäße Sportangebote als Einstieg in eine Vereinsmitgliedschaft schafft (z.B. Trendsportarten, Gesundheitskurse, Fitnesstraining, Schwimmausbildung für Anfänger). Die starren Mitgliedschaftsmodelle werden durch die Option „Mitglied auf Zeit“ (z.B. sechs Monate von Jahresbeginn bis Sommerferien oder Schuljahresbeginn bis Weihnachten) aufgeweicht, um Unentschlossene zu gewinnen.
Für diese neuen Angebotsformen sind verschiedene Schritte zur Umsetzung notwendig, z.B. die genaue Definition von Beitragshöhen und Beitragsmodellen, die Abänderung der Satzung für andere Mitgliedschaftsmodelle und Kursbetrieb, die Abstimmung von Verwaltungsabläufen (z.B. Anpassung der Buchhaltung, Erweitern des Mitgliederverwaltungsprogramms).
Der Referent stellt neben den genannten Maßnahmen das Gemeinschaftserlebnis als Stärke des Vereins heraus, denn er nimmt gleichzeitig zu Individualisierungstendenzen auch einen Wunsch nach Gemeinschaft bei den Menschen wahr. Bewegung wird deshalb in seinem Verein als Gemeinschaftserlebnis unter Gleichgesinnten vermittelt. Durch Erlebnisse über den normalen Sportbetrieb hinaus, z.B. Wandertage, Laufveranstaltungen oder gemeinsame Ausflüge wird der „Clubcharakter“ verdeutlicht.
In der Diskussion über die traditionellen Wettkampfsportarten wurden von den Teilnehmenden die Einrichtung von offenen Treffs für Mitglieder und von Hobbygruppen mit mehreren möglichen Trainingsterminen pro Woche genannt. Damit ist als Mitglied eine flexiblere Teilnahme am Vereinsleben bei gleichzeitigem Erleben von Gemeinschaft möglich.

5 | Digitale Chancen im Vereinsmanagement

Die Vereinsarbeit erfährt wie auch alle anderen Lebensbereiche einen zunehmenden digitalen Wandel, der sowohl Herausforderungen als auch Chancen für Sportvereine mit sich bringt. Im Rahmen des Workshops wurde von Anna Leiderer die Online-Plattform "Verein360" des BLSV näher vorgestellt, die Möglichkeiten zur Entlastung des Ehrenamts und verschiedene Funktionen für die Vereinszusammenarbeit bietet.
Es wurde betont, dass beispielweise die Generation Z, die ein Leben ohne Internet nicht kennt, durch moderne Ansätze und Lösungen aktiv in das Vereinsleben integriert werden kann. Die Umstellung auf eine papierlose Vereinsverwaltung wurde als reizvolle Chance identifiziert, um Aufgaben ortsunabhängig zu erledigen und somit die Last auf mehrere Schultern zu verteilen, was besonders den Vorstand entlasten kann. Die cloudbasierte Bearbeitung gemeinsamer Dokumente wurde als effiziente Möglichkeit der Zusammenarbeit hervorgehoben.
Trotz der voranschreitenden Digitalisierung bleibt das Sporttreiben im Verein als eine "Oase" in der digitalen Welt bestehen. Die Geselligkeit und das persönliche Zusammenkommen behalten einen hohen Stellenwert im sozialen Miteinander, auch wenn digitale Elemente verstärkt genutzt werden.
Das Stimmungsbild unter den teilnehmenden Vereinen zeigte, dass viele bereits digitale Ansätze oder Teilprozesse haben, jedoch besteht noch erhebliches Digitalisierungspotenzial. Laut einer Umfrage des BLSV in Bayern sind lediglich 45% der Befragten zufrieden mit dem Grad der Digitalisierung in ihren Vereinen. Cloudbasierte Lösungen werden bisher nur von 18% genutzt und viele arbeiten noch mit Microsoft Office oder sogar analog.
Die Plattform Verein360 wurde in der Live-Ansicht präsentiert und als Lösung mit nützlichen Funktionen hervorgehoben. Basisfunktionen sind im Vereinsbeitrag enthalten, darunter die Möglichkeit zur direkten Schadensmeldung an die Sportversicherungsgesellschaft. Das Basispaket umfasst auch das Lesen des digitalen Magazins "Bayernsport" sowie den Import und Export von Mitgliederdaten. Zusatzmodule, wie das Beitragsmanagement und bald auch die Kommunikation zwischen verschiedenen Akteuren im Verein sowie eine Cloud für Vereinsdokumente, können optional hinzugebucht werden.

6 | „Der Wechsel beginnt im Kopf!“ – wie Nachhaltigkeit zum festen Bestandteil im Sportstättenbau wird

Sportstättenbau wird
Im Workshop von Cathrin Dietz und Tobias Eisenbraun (SpOrt concept GmbH) wurde deutlich, welche große Belastung die Baubranche für das Klima verursacht. Etwa 40% der weltweiten CO2-Emissionen sind dem Bausektor zuzuschreiben, wovon alleine 8% auf die Zementindustrie entfallen. Vor diesem Hintergrund wurde hervorgehoben, wie wichtig es ist, nachhaltige Aspekte auch bei der Planung von Sportstätten zu berücksichtigen und den gezielten Einsatz nachwachsender Rohstoffe zu planen.
Das Thema Nachhaltigkeit hat inzwischen einen zentralen Stellenwert bei der Entwicklung und Planung von Sportstätten. Doch was bedeutet Nachhaltigkeit im Kontext der Sportstättenplanung überhaupt? Welche Möglichkeiten haben beispielsweise Vereine und Kommunen in ihrer Rolle als Bauherr*Innen? Welche Aspekte sind relevant und wie kann Nachhaltigkeit ein echter Mehrwert im Entwicklungs- und Planungsprozess sein?
Um diese Fragen zu beantworten, wurde den Teilnehmenden im Workshop gezeigt, wie sie das Thema Nachhaltigkeit angehen können. Von der strukturierten Bedarfsplanung, um keine unnötigen Flächen zu bebauen, bis hin zur Realisierung, Nutzung und darüber hinaus. Denn bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeit sollte auch bedacht werden, was mit dem Bau passiert, wenn die Nutzungsdauer abgelaufen ist. Außerdem ist es wichtig, frühzeitig in die Kostenplanung einzusteigen, um potenzielle Fördergelder rechtzeitig beantragen zu können. Die SpOrt concept GmbH unterstützt Vereine, Kommunen und Verbände bei allen Prozessschritten, moderiert sowie prüft und behält auch bei mehrjährigen Projekten den Überblick.
Mit dem Wissen aus dem Vortrag, konnten die Teilnehmenden im Rahmen eines Stand-up Workshop-Formats in kleinen Teams ihre aktuellen und geplanten Sportanlagen anhand einer Nachhaltigkeits-Checkliste überprüfen. Als Beispiel wurde dabei eine Tennisanlage vorgestellt. Es stellte sich heraus, dass das Thema Nachhaltigkeit bereits stark im Bewusstsein ist und bei Planungen berücksichtigt wird, insbesondere hinsichtlich Wasserversorgung, Schadstoffen und Flächenversiegelung. Verbesserungspotenzial besteht in dem Beispiel allerdings noch in Bezug auf den Suffizienz-Bedarf, die Verbesserung des CO2-Budgets und die gestalterische Qualität.

Flyer der Veranstaltung

Die Nürnberger Sportdialoge sind Nürnbergs größte Plattform des Austauschs zwischen Nürnberger Sport, Politik und Wissenschaft.

Partner der 14. Nürnberger Sportdialoge

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