Neue Spielstätte für das Staatstheater Nürnberg
Ein neuer Bau für Oper, Ballett und Konzert
Das Staatstheater Nürnberg mit seinen Sparten Musiktheater, Sprechtheater, Ballett und Konzert ist das größte Mehrspartenhaus Bayerns. Über 700 Veranstaltungen sind pro Spielzeit auf den Bühnen am Richard-Wagner-Platz zu sehen und verzeichnen rund 300.000 Besucherinnen und Besucher pro Saison. Für den Spielbetrieb sorgen mehr als 650 festangestellte Mitarbeitende vor und hinter den Kulissen.
Zusammen mit dem Schauspielhaus bildet das 1905 eröffnete Opernhaus am Richard-Wagner-Platz eine kulturelle Landmarke mit Strahlkraft weit über Nürnberg hinaus. Allerdings weist das Gebäude nach fast 120 Jahren Lebenszeit erhebliche bauliche und technische Mängel auf. Ein umfangreiches Bauvorhaben ist notwendig, um einen zukunftsfähigen Theaterbetrieb für alle Sparten des Staatstheaters sicherzustellen und den Richard-Wagner-Platz städtebaulich für die Stadtgesellschaft weiterzuentwickeln.
Im sogenannten Innenhof der Kongresshalle ist ein Theaterbau (mit Bühnenraum, Orchestergraben, Zuschauerraum, Probebühne, Orchesterprobensaal und Nebenräumen) geplant, der als neue Spielstätte für die Sparten Musiktheater, Tanz und Konzert dient. Alle daneben notwendigen Betriebs-, Produktions- und Foyerflächen sollen im bestehenden Rundbau der Kongresshalle selbst untergebracht werden.
Auch nach der Rückkehr des Staatstheaters an den Richard-Wagner-Platz wird der Neubau als erstklassiger Aufführungsort für Musik- und Theaterveranstaltungen in Nürnberg erhalten bleiben.
Ausblick: Vergabe und Zeitplan
Einzelheiten zum Vergabeverfahren
Die europaweite Ausschreibung für den Ergänzungsbau der neuen Spielstätte des Staatstheaters Nürnberg in der Kongresshalle wurde im April 2023 veröffentlicht.
Bei der Ausschreibung des Ergänzungsbaus und dessen Anbindung an den Bestand des Torsos der Kongresshalle erfolgt die Vergabe von Planung und Bau aus einer Hand. Ziel dieses Verfahrens nach den Regeln der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) ist die Beauftragung eines Unternehmens, das die Errichtung des Ergänzungsbaus sowie dessen vollständige Planung als Totalübernehmer (TÜ) erbringt. Für die architektonische Planung ist die Zusammenarbeit mit einem Architekturbüro zwingend vorgegeben. Besonders bei Großbauprojekten haben sich solche TÜ-Verfahren bewährt, um eine zügige, effiziente und kostensichere Realisierung zu gewährleisten.
Das TÜ-Verfahren vollzieht sich in zwei Etappen: dem öffentlichen Teilnahmewettbewerb und dem Verhandlungsverfahren. Der öffentliche Teilnehmerwettbewerb ist seit Juni 2023 abgeschlossen. Die Stadt Nürnberg hat für das Verhandlungsverfahren diejenigen Bieter ausgewählt, die sich auf Grundlage der geforderten Nachweise über Leistungsfähigkeit, Fachkunde und Zuverlässigkeit identifiziert haben. Die Bieter haben Planungsbeiträge mit wettbewerblichem Charakter als indikative Angebote eingereicht. Über diese verhandelt die Stadt Nürnberg derzeit mit den Anbietern. Vergaberechtliche Grundsätze schreiben vor, dass während des laufenden Vergabeverfahrens die Inhalte der Bietergespräche nicht extern kommuniziert werden dürfen.
Die Schritte bis zur Entscheidung über den Ergänzungsbau
Ende Mai 2024 sollen die finalen Angebote der Bieter vorliegen. Für die Entscheidung, welches Angebot den Zuschlag erhält, sind drei Kriterien maßgeblich: Kosten, Funktionalität und Ästhetik. Letzteres berücksichtigt vor allem die Elemente Architektur, äußere und innere Gestaltung, Materialität sowie Aspekte von Städtebau und Denkmalschutz. In den Auswahlprozess sind drei Gremien einbezogen. Das Kriterium Kosten wird durch das kommunale Finanzreferat betrachtet. Das Kriterium Funktionalität wird durch ein fachliches Gremium bewertet. Hier bringen das Staatstheater Nürnberg als künftiger Nutzer sowie externe Fachleute aus den Bereichen Theaterbau und Bühnentechnik ihre Expertise ein. Die Bewertung des Kriteriums Ästhetik obliegt einem Gremium, dem Vertreterinnen und Vertreter der Stadtratsfraktionen sowie externe Fachleute aus den Bereichen Erinnerungskultur, Architektur, Stadtplanung und Denkmalschutz angehören. Die Sitzung zur Entscheidungsfindung dieses Gremiums ist Anfang Juli 2024 geplant. Am Mittwoch, 10. Juli, wird der ausgewählte Entwurf für den Ergänzungsbau in der Opernhaus-Kommission präsentiert, die eine Beschlussempfehlung für den Stadtrat formulieren wird. Am Mittwoch, 17. Juli, soll der Stadtrat dann nicht nur über die Vergabeentscheidung für den Ergänzungsbau abstimmen, sondern auch über die Gesamtfinanzierung der Kulturbauvorhaben in der Kongresshalle.
Zeitplan
Derzeit geht die Stadt von folgendem Zeitplan aus:
• April 2023: Veröffentlichung der Ausschreibung
• 4. Quartal 2023: Beginn der Schadstoffsanierung im Kongresshallen-Rundbau
• 3. Quartal 2024: Vergabeentscheidung für den Ergänzungsbau
• 2. Quartal 2025: Baubeginn für den Ergänzungsbau
• Jahreswechsel 2026/27: Fertigstellung des Ergänzungsbaus
Durch diesen Zeitplan muss der Spielbetrieb im Opernhaus länger als ursprünglich geplant fortgeführt werden. Nach wie vor gilt: Es soll keine Spielpause für Musiktheater und Ballett geben. In den nächsten Monaten wird die Stadt daher prüfen, welche Maßnahmen am Opernhaus nötig sind, damit am Richard-Wagner-Platz bis zum Umzug in die neue Spielstätte ein reibungsloser und sicherer Spielbetrieb gewährleistet werden kann.
Nutzungsdauer
Die Stadt Nürnberg hat Fördermittel beim Freistaat Bayern beantragt, die die neue Spielstätte des Staatstheaters zu 75 Prozent finanzieren sollen. Die Zuweisung solcher Mittel für ein Bauvorhaben ist nach den Vorgaben des Freistaats Bayern nur möglich, wenn das betreffende Gebäude 25 Jahre genutzt wird. So wird die Kongresshalle auch nach der Rückkehr der Ensembles an den Richard-Wagner-Platz ein Areal der Kunst und Kultur bleiben. Die Synthese aus Ermöglichungsräumen und dem Ergänzungsbau des Staatstheaters bietet Perspektiven für eine weitere Spielstätte als Bereicherung des Kulturlebens für Nürnberg und die Region.
Substanzerhaltende Maßnahmen
Unabhängig von jeder Form der Nutzung muss in den nächsten Jahren eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden, um das denkmalgeschützte Bauwerk Kongresshalle in seiner Substanz zu erhalten. Die schadhaften Dächer müssen vollständig erneuert werden, Schäden an der Tragstruktur behoben, die Fassaden und Umfassungsmauern instandgesetzt und gesichert sowie sämtliche Fenster der Außenfassade ersetzt werden. Damit die künftige Nutzung der Kongresshalle den Vorgaben des Baurechts entspricht, müssen daneben bislang fehlende Flucht- und Rettungswege geschaffen werden; auch der Brandschutz muss den rechtlichen Anforderungen entsprechen. Alle Maßnahmen dienen der Sicherung und dem dauerhaften Erhalt des Denkmals. Diese Maßnahmen muss die Stadt Nürnberg als Eigentümerin der Kongresshalle in den nächsten Jahren auf jeden Fall ergreifen – unabhängig von der Nutzung der Kongresshalle.
Überblick: Kosten und Finanzierung
Überblick Kostenrahmen
211 Mio. Euro
Gesamtkosten
davon 59 Mio. Euro
Nutzbarmachung Rundbau
Grundsätzliche, baurechtskonforme Nutzbarmachung des Kongresshallen-Rundbaus
davon 44 Mio. Euro
Ermöglichungsräume
davon 108 Mio. Euro
Neue Spielstätte Staatstheater Nürnberg
(davon 42 Mio. Euro für den neu zu errichtenden Ergänzungsbau)
Für die neue Spielstätte des Staatstheaters, die Ermöglichungsräume sowie die zwingend notwendigen, substanzerhaltende Maßnahmen wurden 211 Mio. Euro in den Mittelfristigen Investitionsplan (MiP) der Stadt Nürnberg eingestellt.
Für die Spielstätte des Staatstheaters in der Kongresshalle wird ein Kostenrahmen von 108 Millionen Euro veranschlagt; davon entfallen 42 Millionen Euro auf Planung und Errichtung des Ergänzungsbaus im Innenhof. Die Stadt Nürnberg hat für die Spielstätte des Staatstheaters Fördermittel nach Artikel 10 des Bayerischen Finanzausgleichsgesetzes (BayFAG) beantragt: 75 Prozent der Kosten (81 Millionen Euro) für die neue Spielstätte sollen aus Landesmitteln finanziert werden. Der Antrag wird derzeit geprüft.
Für die Ertüchtigung von vier Sektoren zu Ermöglichungsräumen für Kunst und Kultur wird mit Kosten von 44 Millionen Euro gerechnet. Annähernd die Hälfte davon übernimmt der Bund (20 Millionen Euro).
Weitere 59 Millionen Euro entfallen auf die grundsätzliche, baurechtskonforme Nutzbarmachung des Kongresshallen-Rundbaus. Hierfür sollen EU-, Bundes- und Landesgelder genutzt werden.
Rückblick: Standortfindung
Bereits 2019 wurde eine parallele Nutzung der Kongresshalle durch die Ermöglichungsräume und das Staatstheater in Zusammenhang mit dem Bauvorhaben Opernhaus in der Politik diskutiert und vorbereitet: Im Dezember 2021 entschied sich der Nürnberger Stadtrat für die Unterbringung der Sparten Musiktheater, Ballett und Konzert am Standort Kongresshalle für die Zeit der zwingend erforderlichen Baumaßnahmen am Richard-Wagner-Platz. Alle notwendigen Betriebs- und Produktionsräume sollen in der Kongresshalle untergebracht werden; zusätzlich soll ein Ergänzungsbau mit Bühne, Orchestergraben und Zuschauerraum errichtet werden.
Wo der benötigte Ergänzungsbau zu errichten wäre, hatte der Stadtrat zunächst offen gelassen. Aspekte der Nachhaltigkeit, Zugänglichkeit und Barrierefreiheit, der Wirtschaftlichkeit, des Umwelt- und Naturschutzes, des Naherholungscharakters des Geländes sowie insbesondere der Erinnerungskultur und der Etablierung von Ermöglichungsräumen für Kunst und Kultur sollten bei der Standortfindung berücksichtigt werden.
Zur Beantwortung dieser komplexen Frage hat die Stadt ein Gutachterverfahren durchgeführt: Nationale und internationale Architekturbüros wurden gebeten, Ideen zu einem Standort zu entwickeln und entsprechende Vorlagen einzureichen. Ein hochkarätig besetztes Empfehlungsgremium mit Persönlichkeiten aus Geschichtswissenschaft, Kultur, Architektur, Politik und Gesellschaft sprach auf dieser Grundlage im Juni 2022 die Empfehlung aus, den erforderlichen Ergänzungsbau (mit Bühnenraum, Orchestergraben, Zuschauerraum, Probebühne, Orchesterprobensaal und Nebenräumen) im sogenannten Innenhof der Kongresshalle zu platzieren. Das Gremium zeigte sich mit großer Mehrheit davon überzeugt, dass die Gesamtwirkung des Innenhofs unwesentlich beeinträchtigt und insbesondere die vom Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände ausgehende, architektonische Intervention von Günther Domenig aus dem Jahre 2001 in ihrer Wirkung nicht geschmälert werde. Der Relevanz der Kongresshalle für die Erinnerungskultur und die Bildungsarbeit werde umfassend Rechnung getragen. Darüber hinaus würden die bisherigen Nutzungen im Umgriff der Kongresshalle nicht beeinträchtigt. Sie prägen weiterhin ohne Einschränkung die vielfältige demokratische Nutzung und Aneignung des Geländes.
Der Nürnberger Stadtrat beschloss im Juli 2022 mit großer Mehrheit den vorgeschlagenen Standort des Empfehlungsgremiums als neue Spielstätte.