Schüler der B1-Nürnberg sprechen mit Astronaut Alexander Gerst an Board der Internationalen Raumstation

ARISS-Funkkontakt zur ISS an der B1

Etwa 70 Schulen werden jährlich im Rahmen des ARISS-Programms (Amateur Radio on the International Space Station) ausgewählt, um mittels eines direkten oder telebridged-Kontaktes von der Schule aus, mit einem Astronauten auf der ISS sprechen zu können.

Die Bewerbung (klicken zum Aufklappen)

Nach einer umfangreichen Bewerbung bei dem

• die technische Ausrichtung einer Schule (Unterrichtsinhalte Weltraum, Satellitenkommunikation, Funk, Elektronik, ...)

• die im Bereich Kommunikation, (Amateur-)Funk, Raumfahrt gemachten Projekte und

• ein vorzustellendes Konzept für die geplante Veranstaltung mit ausgearbeiteter Planung (zu einem fiktiven Kontakttermin) eingingen,

erhielt die B1-Nürnberg den Zuschlag für einen Schulkontakt mit der ISS.

Um mehr Schulen die Möglichkeit zu geben, mit einem Astronauten zu sprechen gibt es bei ARISS die Möglichkeit "Shared Contacts" zu nutzen.
Hier teilen sich zwei Schulen die zur Verfügung stehende Sprechzeit von 10 min.
Wir haben uns bereit erklärt, unsere 10 min mit der Bischöflichen Schule / Technisches Institut, St. Vith, einer deutschsprachigen Schule in Belgien zu teilen.

Weiterer glücklicher Umstand: Es sollte ein Kontakt mit "Astro Alex", Dr. Alexander Gerst, dem aktuell meistgefragtesten und auch deutschsprachigen Astronauten werden.

Da Verbindungen der ISS nach Europa aufgrund ihrer Bahnkurve momentan selten direkt möglich sind, entschieden wir uns für einen telebridged-Funkkontakt.

Die Organisation der Telebridge (klicken zum Aufklappen)

Bei diesem telebridged-Funkkontakt wird die Verbindung ISS zu einer Bodenstation (hier das Santa Rosa Jr College in Kalifornien, USA) per Funk überbrückt, während sich die ISS in ca. 400 km Höhe mit einer Geschwindigkeit von ca. 28.000 km/h bewegt.

Von Santa Rosa, Kalifornien, wird das Signal über das ARISS-Netzwerk nach Halifax (Canada), England, Stockholm (Schweden), St. Vith (Belgien) zur B1 nach Nürnberg geschaltet. Der Einstieg in diese Kommunikationskette an beiden Schulen sollte per Konferenztelefon erfolgen.

Nach letzten Absprachen mit allen Beteiligten (NASA, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, der belgischen Schule und weiteren Organisationen, die das Projekt möglich machten) konnte die geplante Sprechverbindung der belgischen Schule und der B1-Nürnberg zur ISS am 21.09.2018 stattfinden. Kontaktzeitfenster zum Astronauten war 12:15 Uhr bis 12:25 Uhr MESZ.

Mit einer einführenden Präsentation, bei der

• der Aufbau der "Schalte" erläutert wurde,

• der zuständige Bundesminister für Wirtschaft, Energie- und Raumfahrt, Peter Altmaier, per Videobotschaft an die Schüler sein Grußwort übersendete,

• das Technische Gymnasium in Belgien und

• die ISS und die derzeitige Mannschaft auf der ISS vorgestellt wurden,

begann pünktlich zur fünften Unterrichtsstunde die Veranstaltung.

Gegen 9:35 Uhr UTC - 11:35 Uhr unserer Zeit - wurden wir von der NASA angerufen und man begann mit dem Aufbau der Konferenz.
Nacheinander wurden in das ARISS-Netzwerk folgende Teilnehmer zusammengeschaltet:

• Eskil van Loosdrecht, SM5SRR aus Schweden - Moderator der Funkverbindung und Funkamateur
• Stephan Vogl, DK0BSN (verantwortlicher Funkamateur in Nürnberg) und die Schüler der 11. und 12. Klassen Elektroniker

• Stefan Dombrowski, ON6TI (verantwortlicher Funkamateur in St. Vith in Belgien) mit belgischen Schülern

• Dorry, NASA (Telefonkonferenz)

• Don, W6SRJ (verantwortlicher Funkamateur in Kalifornien an der Funkstation)

• Douglas Leblanc, VE1LDL (Canada, Audo Distribution Coordinator)

• Graham Lawton, G7EVY (England, Audo Distribution Coordinator)

Das Herstellen der Funkverbindung (klicken zum Aufklappen)

Jeder Teilnehmer meldete sich innerhalb der Konferenz in englischer Sprache an.
Nach einigen technischen Schwierigkeiten in Belgien, die gemeinsam behoben werden konnten, meldete sich Eskil, SM5SRR der Moderator aus Schweden erneut gegen 11:45 Uhr in die Konferenz mit den Worten:

"Hello everybody, it is now about 30 minutes before the contact."
Nürnberg, könnt Ihr die Bodenstation und mich gut hören?

"Hello Eskil in Sweden, hello Don in California, we can hear your signals loud and clear." war daraufhin unsere Antwort.

Belgien kam anfangs zu leise und mit viel Rauschen an und hatte technische Probleme aufgrund der Telefonleitung vor Ort, die Stefan Dombrowski, ON6TI fachkundig, systematisch und sehr schnell in den Griff bekam.

Damit Frühaufsteher Don in Santa Rosa, Kalifornien (dortige Ortszeit -9h, also 2:45 Uhr) seine Audiopegel einstellen konnte, fand eine letzte Generalprobe mit jeweils vier Schülern aus Nürnberg und vier Schülern aus Belgien statt, die ihre Fragen (einschließlich OVER) vorlasen.

10 min vor dem Kontakt blieb noch etwas Zeit, damit Stefan Dombrowski aus Belgien einige Fragen aus dem Publikum z.B. ob die ISS keine eigenen Düsen für die Kurskorrektur der Umlaufbahn hätte, beantworten konnte.

7 min vor dem Kontakt meldete sich Eskil aus Schweden wieder zurück in die Runde, übernahm die Moderation für den anstehenden Kontakt zum Astronauten und gab in englischer Sprache einige Infos zur Organisation ARISS.
Er meldete, dass sich die ISS aktuell über dem Pazifischen Ozean bewege, derzeit in 400 km Höhe mit ca. 28.000 km/h auf die Westküste Nordamerikas zufliege und in wenigen Augenblicken zwei Schulen aus St. Vith in Belgien und Nürnberg, Deutschland mit Alexander Gerst auf der ISS sprechen werden.

In den verbleibenden 5 Minuten konnten Peter Ortmanns aus Belgien und Stephan Vogl von der B1 in englischer Sprache für alle Konferenzteilnehmer die beiden Schulen vorstellen, während alle das über den zweiten Beamer projizierte Bild des Satellitentrackingprogramms WXTrack und die dort angezeigten verbleibenden Minuten bis zum Kontakt gespannt beobachteten.

Nürnberg übergab dann das Mikrofon nach Schweden und anschließend nach Kalifornien, damit Don die Schulfunkstation des Santa Rosa Jr College beschreiben konnte, über die wir in wenigen Minuten den Funkkontakt zu Alexander Gerst herstellen werden würden.

Eine Minute vor dem Kontakt wurden wir alle von Eskil daran erinnert, dass wir ein Experiment machen und es in der Natur von Experimenten liegt zu gelingen oder auch zu scheitern.

30 Sekunden vor dem Kontakt rief Don in Santa Rosa mit "NA1SS this is W6SRJ", "NA1SS this is W6SRJ" die ISS auf 145,800 MHz im 2m-Amateurfunkband.
Worauf sich Alexander Gerst auf die Sekunde pünktlich (wie vorherberechnet), laut und deutlich mit den Worten "Hallo St. Vith, hallo Nürnberg" meldete.

Die Schülerfragen (klicken zum Aufklappen)

Im Anschluss daran konnten abwechselnd Schüler aus St. Vith und Schüler aus Nürnberg folgende Fragen an Alexander Gerst stellen:

1. Wie ist ihre Aussicht auf die Erde bzw. zu den Sternen?
2. Wir sind eine Berufsschule für Metall- und Elektrotechnik und lernen viel über elektrischen Strom. Verhält sich elektrischer Strom im Weltall anders als auf der Erde?
3. Wie sieht ihr Tagesablauf aus und wie ist ihr Schlafrythmus?
4. Was vermisst man als Astronaut am meisten während der Zeit auf der ISS?
5. Können sie ihr Körpergefühl aufgrund der Schwerelosigkeit der Enge der Raumstation mit dem auf der Erde vergleichen?
6. Wenn an Board jemand Geburtstag hat, gibt es auf der ISS auch eine Geburtstagsfeier?
7. Ist es schwieriger sportlichen Übungen auszuführen?
8. Wir haben gesehen, dass die ISS-Besatzung ein internationales Team ist. Welche Uhrzeit gilt an Board der ISS?
9. Was essen sie hauptsächlich auf der ISS, schmeckt es ihnen?
10. Was ist zu tun, wenn ein Astronaut plötzlich krank wird?
11. Wie ist die Luft dort oben?
12. Was fasziniert Euch Astronauten besonders am Amateurfunk?
13. Wie lange haben sie täglich Internet? Können sie es auch privat nutzen um Kontakt mit Freunden oder Familie zu haben?
14. Kann man von der ISS größere Städte, z.B. Nürnberg erkennen?
15. Was erforschen sie zu Zeit?
16. Wir haben gelesen, dass Astronauten am Simulator trainieren müssen. Wieviel Fahrstunden benötigt man, um eine Sojus-Kapsel einparken zu können?
17. Welches war ihr interessantestes Experiment?
18. Was machen Astronauten in ihrer Freizeit?
19. Gibt es Forschungsergebnisse der ISS, die konkrete Auswirkungen für unser tägliches Leben haben?
20. An der Schule haben wir die Weltraumfotos von Alexander Gerst gesehen. Gibt es 2018 wieder Fotos oder Videos?

Die Gesprächsdauer war auf 10 Minuten, 30 Sekunden begrenzt, da die ISS dann aus dem "Sichtbarkeitsbereich" der Bodenstation in Kalifornien verschwunden sein würde.

Nach Frage 13 erfolgte deshalb - wie vorab vereinbart - ein Abbruch der Fragen durch Eskil, um noch ausreichend Zeit zu haben Alexander Gerst mit einem kräftigen Applaus aus Nürnberg und St. Vith zu verabschieden, woraufhin Alexander Gersts Stimme im Rauschen der Funkverbindung verschwand.

Eskil beendete die Veranstaltung mit den Worten:

"Ladies and Gentlemen, we have shared a moment of history.
Amateur radio station W6SRJ in Santa Rosa, CA operated by Don, contacted Alexander Gerst, KF5ONO, aboard the International Space Station, talking with students in Sankt Vith, Belgium and Nürnberg, Germany.
Now, for the international volunteer team of ARISS, including the Radio Amateur Satellite Corporations around the world, the American Radio Relay League, CSA, ESA, JAXA, NASA, and Roscosmos, this is Eskil, amateur radio operator SM5SRR sending my greetings to all of you in amateur radio terms, 73,---best wishes."

Wir haben uns abschließend mit Dank und besten Wünschen bei Eskil SM5SRR, Stefan Dombrowski ON6TI und den anderen Beteiligten des Projektes in der Konferenz bedankt und uns mit "best 73 (herzliche Grüße), OVER and clear" verabschiedet.

Belgien übersandte ebenfalls seinen Dank bevor die Konferenzschaltung über die NASA beendet wurde.

Der Erfolg

Das Experiment konnte erfolgreich abgeschlossen werden.

Alle Beteiligten haben anschaulich und praktisch erleben können, wie man

• international zusammenarbeitet,

• gemeinsam über Ländergrenzen hinweg Projekte plant,

• länderübergreifend technische Probleme beseitigt,

• über Satelliten kommuniziert,

• ggf. auch im Notfall die unterschiedlichsten Kommunikationssysteme zusammengeschaltet werden können,

• mit einem Satellitentrackingprogramm arbeitet,

• wofür man Keplerdaten, Sichtbereiche von Antennenanlagen, Footprints von
Satelliten und Mathematik, Physik und Technik benötigt.

Herzlicher Dank an alle Beteiligten, die dieses Experiment möglich gemacht haben.
Darunter: Unser Gesprächspartner Astronaut Alexander Gerst, Schüler aus Nürnberg und Belgien, Schulleitungen, Publikum, ARISS, AMSat, ARRL, CSA, NASA, ESA, JAXA, Roscosmos, DLR, DARC, UBA-Belgien, Moderatoren, Koordinatoren, Funkamateure.

Text: Stephan Vogl
Fotos: Hajo Immig, DL9NEE
Grafiken: Stephan Vogl

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