Sitzungen im Jahr 2021

22. Sitzung des Bildungsbeirates

Der Kreuzigungshof diente am 16. Juli 2021 als Kulisse für eine Sitzung des Nürnberger Bildungsbeirats. Moderiert vom Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König diskutierten die Mitglieder die aktuelle Bildungssituation in Nürnberg. Direkte und indirekte Folgen der Corona-Pandemie standen ähnlich der letzten Beiratssitzung im Oktober 2020 im Mittelpunkt. Dabei wurden sowohl kritische Themen als auch gelungene Aspekte der Zusammenarbeit der letzten Monate benannt. Entsprechend der heterogenen Zusammensetzung des Beirats stellten sich die Blickwinkel und Perspektiven zum Teil auch unterschiedlich dar. Für die Beteiligten eine gelungene Premiere unter freiem Himmel, die im Nachgang die offene Atmosphäre des Kreuzigungshofes zu weiterem fachlichen Austausch reichlich nutzten.

Bei seiner Premiere im Bildungsbeirat nahm Oberbürgermeister Marcus König zum Beginn der Sitzung die Bedeutung von Bildung als gesellschaftlicher „Anker und Stabilisator“ in den Fokus. Die Pandemie zeige unter anderem, wie essenziell Bildung für die psychosoziale und emotionale Entwicklung von Kinder und Jugendlichen ist. Dementsprechend sei es wichtig mit den anwesenden Bildungsexpertinnen und -experten die gemachten Erfahrungen und Prozesse – über die derzeit intensiv diskutierten Aspekte der Digitalisierung hinaus – kritisch zu reflektieren. Um Einschnitte in individuellen Bildungsbiografien auszugleichen und negative strukturelle Langzeitfolgen zu verhindern, sollten in der Beiratssitzung, so König, aktuelle Erkenntnisse über das Bildungsgeschehen während der Pandemie erörtert und Rückschlüsse für die Zukunft gezogen werden.

Im Folgenden nahm Cornelia Trinkl, Referentin für Schule und Sport, den Faden auf und berichtete über den aktuellen Stand der Digitalisierung an Schulen. Nach ihren Ausführungen profitierten die Schulen maßgeblich von der bereits 2017 erarbeiteten IT-Strategie „Lernen und Lehren an städtischen und staatlichen Schulen in Nürnberg im Digitalen Zeitalter“, die ein pädagogisches Aus- und Fortbildungskonzept und technische Ausstattungsstandards für einen optimalen Distanzunterricht bereits beinhaltete. Für das Schuljahr 2021/2022 möchte die Stadt weiterhin optimale Rahmenbedingungen für den Unterricht schaffen, zum Beispiel durch die Ausstattung der Klassenzimmer für die Jahrgangsstufen 1 bis 6 mit Raumluftfiltern. Neben der Digitalisierung machte Trinkl die individuelle Förderung und das soziale Lernen als weiteres Handlungsfeld deutlich. „Unsere Schulen sagen uns ganz klar, dass der Fokus nach der aktuellen Phase des Distanzlernens die Förderung der Sozialkompetenz und des Gemeinschaftserlebens sein muss“, so Trinkl.

Elisabeth Ries, Referentin für Jugend, Familie und Soziales, benannte in ihrem Beitrag zunächst das Spannungsverhältnis, das sich derzeit noch in allen Bildungsbereichen zeige: „Aufatmen und Bremsen…“. Der Wunsch nach bewährter Praxis und Normalität sei verständlich, gleichzeitig müsse die nahe Zukunft im täglichen Handeln bereits mitgedacht werden. Ein Spagat, der den Verantwortlichen viel Aufmerksamkeit abverlange. Ries forderte einen spezifischen Blick auf unterschiedliche Lebenslagen. Corona sei kein Gleichmacher, sondern betreffe Einzelne sehr unterschiedlich in verschiedenen sozioökonomischen, gesundheitlichen und psychischen Dimensionen. Anschließend formulierte die Sozialreferentin – passend für den Bildungsbeirat mit seiner bereichsübergreifenden Zusammensetzung – einen Appell an die Teilnehmenden: „Was haben wir uns in den letzten Jahrzehnten bemüht, um diese Schnittstellen-, Übergangs- und Lotsenangebote ins Laufen zu bringen und institutionsübergreifend ins Gespräch zu kommen.“ Bei der Bereitstellung von Angeboten zur Förderung von Übergängen hätten sich Bildungseinrichtungen für Kooperationen geöffnet. An diese Praxis gelte es nun anzuknüpfen, nachdem während der Pandemie die „Kooperationsschleusen dicht waren“.

Im Fokus: Lernen in der Schule

Als Vertreter der Stadt-SMV lobte Eren Taskin, der die Fachoberschule besucht(e), den Informationsaustausch mit der städtischen Schulverwaltung und mahnte gleichzeitig an, die Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern mit Zuwanderungsgeschichte und deren Familien stärker in den Fokus zu rücken.

Während Sandra Schäfer, Vorsitzende des Nürnberger Lehrer- und Lehrerinnenverbands dem akuten Lehrkräftemangel an Nürnbergs (staatlichen) Grund-, Mittel- und Förderschulen mit einer verstärkten, bereichsübergreifenden Bündelung und Vernetzung beteiligter Akteure entgegenwirken will, hat sich laut Thomas Reichert, dem Leiter des Staatliches Schulamts in Nürnberg, die Geschwindigkeit in der Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure im letzten Jahr tatsächlich neu definiert. So wurden zwischen dem Staatlichen Schulamt, Schulreferat und Jugendamt über kurze Wege viele Entscheidungen schnell und pragmatisch getroffen.

Sigrun Hippelein, Rektorin der Grundschule Kopernikus, berichtete als Pädagogin aus der Schulpraxis von starken inhaltlichen und sozialen Defiziten, die bei Kindern in den langen Phasen des Distanzlernens entstanden seien. Heidi Hübner, Ministerialbeauftragte für die Berufliche Oberschule in Nordbayern nahm eine ähnliche Perspektive ein und stellte die Frage „…wie der Unterricht unter Berücksichtigung der digitalen Möglichkeiten, aber mit unbedingten Fokus auf den Menschen, zukünftig gestaltet werden kann“.

Im Fokus: Berufliche Bildung

Zum zweiten Themenschwerpunkt der Beiratssitzung, der beruflichen Bildung, äußerte sich zunächst der Leiter der Nürnberger Arbeitsagentur, Torsten Brandes. Die Lage am Ausbildungsmarkt sei derzeit gekennzeichnet durch eine geringere Zahl an Ausbildungsplätzen bei gleichzeitig weniger Bewerberinnen und Bewerbern. Für den Übergang von der Schule in den Beruf stehe – gerade auch nach der langen Phase des Homeschoolings – die Ausbildungsreife der Jugendlichen im Mittelpunkt. Norbert Weinecke, Rektor der Peter-Henlein-Realschule vertrat hier die Auffassung, dass zwischen schulfachlichen Kenntnissen und sozialen Kompetenzen unterschieden werden müsse. Seiner Erfahrung nach erhielten die Schülerinnen und Schüler im Distanzunterricht eine gezieltere Prüfungsvorbereitung, hatten mehr Zeit für Inhalte und konnten somit gute Schulnoten erzielen. Auf der anderen Seite stehe die soziale Kompetenzentwicklung, die für Kinder und Jugendliche im Schulalter deutlich erschwert gewesen sei. Auch die Vertreter der beiden Kammern nahmen Stellung zur Situation der beruflichen Bildung und stellten u.a. Bemühungen um ein besseres „Matching“ von Ausbildungsstellen und interessierten Jugendlichen heraus. Ein gutes Beispiel so Matthias Braun, sei die aktuelle Kampagne „AusbildungJETZT“.

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