Eingang Stadtbibliothek

Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg

Zur Geschichte der Stadtbibliothek Nürnberg

Leihschein Urkunde aus dem Jahr 1370 - Rst. Nürnberg, Münchener Abgabe 1992, Nr. 2292 © Staatsarchiv Nürnberg

Die Stadtbibliothek Nürnberg

Die Stadtbibliothek Nürnberg ist eine der ältesten Einrichtungen ihrer Art im deutschen Sprachraum. Sie blickt auf eine bemerkenswert lange Geschichte mit einzigartiger Kontinuität zurück.
Das erste Zeugnis für eine öffentliche Bereitstellung von Büchern durch den Rat liefert der Leihschein des Juristen Gilbert Weigel vom 30. Dezember 1370 – kaum eine andere Stadt leistete sich zu dieser Zeit ein solches Angebot.

Von der Ratsbibliothek zur Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg

1674 Dominikanerkloster, Solg. 4. 1549 © Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg

Die Ratsbibliothek ging nach Einführung der Reformation 1525 in einer weiteren Gründung des Rats auf: 1538 erhielten zwei Ratsherren den Auftrag zur Standortsuche für die Einrichtung einer ordentlichen feinen liberei.

Zum Kernbestand dieser um 1543 im Dominikanerkloster untergebrachten Bibliotheca publica Norimbergensis oder öffentlichen Stadtbibliothek zählten zunächst Drucke und Handschriften aus den acht im Stadtgebiet gelegenen Klöstern. Ihnen zur Seite gestellt wurden Teile der Ratsbibliothek sowie Neuerwerbungen aller Fächer, vor allem aber aus dem Gebiet der evangelischen Theologie. Im Verlauf der Jahrhunderte kamen dazu Sammlungen von Gelehrten, Patriziern und Bürgern. Lange Zeit sind neben den Büchern Kunstgegenstände, Skelette und wissenschaftliche Geräte gezeigt worden – fast wie in einem Museum.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bezog die Stadtbibliothek das wiederaufgebaute Pellerhaus. 1973 wurde diese Einrichtung mit der seit 1911 im Luitpoldhaus untergebrachten Volksbücherei organisatorisch unter einer Leitung zusammengeschlossen; dezentral angegliedert waren Musik-, Stadtteil-, Schul- und Fahrbibliotheken. Seit dem Einzug der historischen Bestände und der Musikbibliothek in das 2012 sanierte Luitpoldhaus ist die Vereinigung von wissenschaftlicher und öffentlicher Bibliothek auch räumlich vollzogen.

Eine Bibliothek in stetem Wandel

1911 - Luitpoldhaus, Nor. 2. 1013 © Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg

Mit in Ketten auf Pulten ausliegenden Drucken und Handschriften war die Ratsbibliothek eine reine Präsenzbibliothek. Einen breiteren Wirkungskreis hatte später die Stadtbibliothek, die im 16. Jahrhundert daraus hervorging: Als bi-funktionale Einrichtung stand sie allen Gebildeten für die Ausleihe von Büchern oder die Besichtigung der musealen Bestände offen.

Im 19. Jahrhundert waren es dann die Volksbildungsvereine, die allen Gesellschaftsschichten die Chance zur Erweiterung und Förderung ihrer Kenntnisse bieten wollten. Aus der Ratsbibliothek von damals ist im Verlauf von sechs Jahrhunderten mehr als ein Ort der Bücher geworden.

Die Stadtbibliothek bietet heute allen einen freien Zugang zu Information, sie will ein Treffpunkt sein, um Begegnung und Austausch zu ermöglichen, Kultur zu erleben oder zu lernen. Sie ist ein Spiegelbild einer offenen, diversen und demokratischen Gesellschaft. Vom klassischen Buch in mehreren Sprachen über Noten und Hörbücher bis hin zu Tonies, eMedien, Streaming-Diensten und Wissensdatenbanken reicht das aktuelle Angebot der Stadtbibliothek. Zugleich bewahrt sie einen Teil des schriftlichen Kulturerbes der Stadt Nürnberg: Unter den über sechs Jahrhunderte gewachsenen historischen Sammlungen befinden sich kostbare Handschriften und seltene Drucke von internationalem Rang oder hoher lokaler Bedeutung.

Einmaliges Kulturerbe von lokaler und überregionaler Bedeutung

Zeichnung von Albrecht Dürer,  75 pp 394 7 001 © Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg

In den Magazinen der Stadtbibliothek lagern bis zu 1200 Jahre alte Handschriften, Druckwerke seit der Erfindung des Buchdrucks um 1450, Autographe und Karten. Zu den kostbaren Schätzen zählt mit den Hausbüchern der Nürnberger Zwölfbrüderhäuser eine in Europa einzigartige Bildquelle zum Handwerk in Mittelalter und Früher Neuzeit.

Von der Hand Albrecht Dürers stammt die scherzhafte Zeichnung eines Frauenkopfes in einem 1506 in Venedig geschriebenen Brief. Als Raritäten wurden bereits im 17. Jahrhundert allen Bibliotheksbesuchern die spätmittelalterlichen Chorbücher aus dem Katharinenkloster und ein altkoloriertes Exemplar des ‚Hortus Eystettensis‘ vorgelegt. Aber auch kaum in der Bibliothek vermutete, international bedeutende Kostbarkeiten wie ein um 1293 / 1294 in Paris entstandenes Stundenbuch befinden sich im Bestand.

650 Jahre Lokalgeschichte:

Ein Merkmal sticht bei jeder Sichtung der Bestände hervor: Die Sammlungen der Stadtbibliothek sind von der ersten Erwähnung im Jahr 1370 bis in die Gegenwart hinein in engster Verflechtung mit der Stadt Nürnberg und ihrer Geschichte gewachsen.
Sie spiegeln Nürnbergs führende Rolle in der Buchproduktion vom Handschriften- und Inkunabelzeitalter bis in die frühen Jahre des industriellen Drucks und in die Gegenwart hinein. In ihnen aufgegangen sind berühmte Bibliotheken oder Teile derselben aus den Klöstern der Stadt und von bekannten Persönlichkeiten wie Hermann und Hartmann Schedel, Johannes Regiomontanus, Georg Andreas Will, Jakob Wassermann oder Hermann Glaser. Dem in über 650 Jahren gesammelten und bewahrten Bestand kommt ein einmaliger Quellenwert zu.

Die möglichst vollständige Dokumentation der Sachliteratur zur Geschichte der Stadt und ihrer Persönlichkeiten sowie der belletristischen Publikationen fränkischer Autorinnen und Autoren gehört heute zu den speziellen Aufgaben der Stadtbibliothek. Im Fokus stehen dabei Schriftstellerinnen und Schriftsteller mit einer besonderen Beziehung zu Nürnberg wie z. B. Hans Sachs oder Hermann Kesten.

Vielseitige Angebote in einer lebendigen Bibliothek

In Wechselausstellungen, Vorträgen und Veranstaltungen ist die Aura der wertvollen und einzigartigen Bücher schon jetzt erlebbar. Außerdem sollen ausgewählte Schatzstücke digitalisiert und im Rahmen der Kulturhauptstadtbewerbung als digitale Faksimile weltweit zugänglich gemacht werden.

Mit ihrem umfangreichen Medienangebot ermöglicht die Stadtbibliothek Zugänge zu Wissen und Information für alle Generationen und Bevölkerungsgruppen in der Stadt der Menschenrechte. Als Partner für Bildung bietet sie von der frühkindlichen Leseförderung bis zum Erwerb von Schlüsselqualifikationen für Studium und Beruf maßgeschneiderte Angebote und qualifizierte Beratung.

Bilder zur Geschichte der Stadtbibliothek Nürnberg

Zeittafel

30.12.1370

Erste urkundliche Erwähnung der Ratsbibliothek

1430-1433

Einrichtung eines gesonderten Raums im Rathaus für die Ratsbibliothek

1538/43

Gründung der Stadtbibliothek im ehemaligen Dominikanerkloster

direkt neben dem Rathaus; zum Gründungsbestand zählen die Bibliotheken der acht im Stadtgebiet gelegenen, seit Einführung der Reformation 1525 aufgehobenen Klöster und Teile der ehemaligen Ratsbibliothek

1570/80

Bücherbestand als Eigentum der Stadt

Hieronymus Paumgärtner der Jüngere (1538-1602) lässt als für die Stadtbibliothek zuständiger Kirchenherr den Bücherbestand mit einem Wappensupralibros als Eigentum der Stadt kennzeichnen

1616

Einführung eines bis 1806 genutzten Wappensupralibros

Um 1625

Neuaufstellung des Bibliotheksbestandes in Fachgruppen

nach dem Vorbild der Universitätsfakultäten

1643

Erste gedruckte Bibliotheksgeschichte von Johannes Saubert

1646

Wappenexlibri im gesamten Buchbestand

Der Kirchenpfleger Lukas Friedrich Behaim von Schwarzbach (1587-1648) lässt in den gesamten Buchbestand ein Wappenexlibris einkleben

1806

Stadtbibliothek als kommunale Einrichtung

Nach der Mediation Nürnbergs bleibt die Stadtbibliothek als kommunale Einrichtung erhalten; durch Übertragung weiterer bis dahin separat bestehender öffentlicher Bibliotheken entsteht ein erheblicher Bestandszuwachs

1819

Gründung der Magistratsbibliothek

später in Amtsbibliothek, Verwaltungsbücherei oder Verwaltungsbibliothek umbenannt, 2017 geschlossen

1889-1921

Stadtbibliothek und Stadtarchiv (1872 im Dominikanerkloster eingezogen) unter der Leitung von Stadtarchivar Ernst Mummenhoff (1848-1931)

1890

Gemeinsam genutzter Lesesaals

Einrichtung des ersten, von Stadtbibliothek und Stadtarchiv gemeinsam genutzten Lesesaals im Dominikanerkloster

1911

Eröffnung des Luitpoldhauses

im sogenannten Volksheim untergebracht ist auch eine Volksbücherei mit Lesezimmer, betrieben von der Volksbildungsgesellschaft, die 1905 aus der Vereinigung von Volksbildungsverein (gegründet 1873) und Gesellschaft für öffentliche Lesehallen und Volksbibliotheken (gegründet 1898) hervorging

1921

Trennung von Stadtarchiv und Stadtbibliothek

Trennung von Stadtarchiv und Stadtbibliothek sowie Neuordnung des städtischen Bibliothekswesens; dem ersten Wissenschaftlichen Bibliothekar Friedrich Bock wird die Leitung von Stadt- und Amtsbibliothek sowie der am 1. Oktober von der Volksbildungsgesellschaft übernommenen Städtischen Volksbücherei übertragen

1922

Umbau des Dominikanerklosters und Umgestaltung der Stadtbibliothek in eine zeitgemäße Ausleihbibliothek mit Lesesaal, Ausleihraum und Magazinen

1925

Musik-Volksbücherei

Gründung der Öffentlichen Musik-Volksbücherei, später Musikbücherei oder Musikbibliothek

2. 1.1945

Zerstörung von Dominikanerkloster und Luitpoldhaus beim Luftangriff auf Nürnberg

19.12.1945

Ausleihe der Volksbücherei wird im Untergeschoss des Luitpoldhauses wiedereröffnet; am 2. Oktober 1946 folgen die Jugendbücherei, am 1. April 1947 die Musikbücherei

1.4.1947

Aufhebung der gemeinsamen Leitung aller städtischen Bibliotheken

neben die Stadtbibliothek treten die Verwaltungsbücherei und die Volksbücherei mit angeschlossener Musikbücherei als eigenständige Einrichtungen

1947-1957

Stadtbibliothek im Ausweichquartier in der Bärenschanzkaserne

18.1.1956

Eröffnung der Volksbücherei

Offizielle Eröffnung der Volksbücherei mit Musikbücherei und Modell-Jugendbücherei im notdürftig sanierten Luitpoldhaus

14.12.1957

Offizielle Eröffnung der Stadtbibliothek

im als Kulturzentrum errichteten Pellerhaus; ihr angeschlossen wird die Verwaltungsbücherei

1959

Gründung der Fahrbibliothek

mit einem vom Amerikahaus überlassenen Bücherbus; die Fahrbibliothek ergänzt mit ihren über das Stadtgebiet verteilten Haltestellen das Netz der Stadtteilbibliotheken

1967

Umbenennung der Volksbücherei in Stadtbücherei

1969

Umzug der Musikbücherei in die Kaiserstallung auf der Burg

1.1.1973

Stadtbibliothek und Stadtbücherei werden organisatorisch vereinig

erster Leiter der Stadtbibliothek Nürnberg wird Robert Fritzsch

1980

Umzug der Musikbücherei in ein Bürohaus am Königstorgraben 3

23.1.1984

Erweiterungsbau

Die Zentralbibliothek im Luitpoldhaus erhält als Erweiterungsbau das wieder aufgebaute Katharinenkloster

2.1.2011

Bildungscampus Nürnberg

Stadtbibliothek Nürnberg, Bildungszentrum und Planetarium werden zum Bildungscampus Nürnberg zusammengeschlossen

24.10.2012

Das 2009 sanierte Luitpoldhaus wird eröffnet

in das erweiterte Gebäude ziehen die Wissenschaftliche Bibliothek und die Musikbibliothek ein, die bisherigen Standorte im Pellerhaus und Königstorgraben werden aufgegeben

2020

650 Jahre Wissenschaftliche Stadtbibliothek

2021

100 Jahre Bildungszentrum (Volkshochschule in Nürnberg)

2025

100 Jahre Musikbibliothek

Bekannte Stadtbibliothekare im Nebenamt:

  • Johannes Saubert der Ältere
  • Johann Michael Dilherr
  • Adam Rudolf Solger
  • Friedrich Wilhelm Ghillany

Leiter der Städtischen Volksbücherei, 1921-1972

  • 1921-1926 Hans Grässel
  • 1927-1945 Hans Hugelmann
  • 1946-1965 Gottlob Heckel
  • 1967-1973 Robert Fritzsch

Direktoren der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek, 1921-1972

  • 1921-1951 Friedrich Bock (1921-1947 mit Leitung der Städtischen Volksbücherei)
  • 1952-1971 Karlheinz Goldmann

Direktoren der Stadtbibliothek (Wissenschaftliche und Öffentliche Bibliothek)

  • 1973-1993 Robert Fritzsch
  • 1994-2010 Eva Homrighausen

Direktoren der Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg

  • 2011- Elisabeth Sträter

Mehr zum Thema