Bombenfund: Häufig gestellte Fragen

Was passiert, wenn in Nürnberg eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wird? Warum sind Blindgänger heute noch gefährlich? Wer entscheidet, wie viele Menschen vor einer Entschärfung evakuiert werden müssen? Diese und weitere Fragen beantworten wir in den nachfolgenden „Bombenfund FAQ“.


Bombenfund FAQ

Wann wird sondiert und wer entscheidet das?

Grundbesitzer und Bauherr sind dafür verantwortlich, dass von ihrem Grundstück keine Gefahr ausgeht. Sie müssen sichernde Maßnahmen wie Sondierungen in ein Bauvorhaben einplanen und von Spezialfirmen sachgerecht durchführen lassen.

Notwendig sind Sondierungen bei Grundstücken, auf denen es Kriegshandlungen wie Bodenkämpfe, Flug- und Panzerabwehr oder Bombardierungen gab. Auch wenn sich das Grundstück auf militärischem Gelände befand oder noch befindet, wird sondiert. Ebenso bei Zufallsfunden während der Bautätigkeit. Darüber hinaus gibt es Bauauflagen, die eine Sondierung voraussetzen.

Was passiert, bevor der erste Bagger auf eine Baustelle fährt?

Bevor die Bagger mit dem Aushub beginnen, wird die Baustelle erkundet. Zum einen wird sondiert und das Gelände mit technischen Hilfsmitteln nach Blindgängern abgesucht. Zum anderen wird am Schreibtisch geforscht: Hilfsmittel sind hierbei Kriegsluftbilder der amerikanischen und britischen Streitkräfte aus dem Zweiten Weltkrieg. Diese werden gesichtet und stereoskopisch analysiert. Bombenkrater und zerstörte Gebäude auf den Bildern zeigen, wo mit Blindgängern zu rechnen ist. Zugleich wird in den Archiven recherchiert, ob es am Ort Kriegshandlungen gab. Auch Ereignisse nach Kriegsende sind von Bedeutung: Wurde auf dem Gelände Munition gelagert oder ein Depot gesprengt?

Wie muss man sich eine Sondierung vorstellen?

Man unterscheidet drei Arten: die Oberflächen-, die Bohrloch- und baubegleitende Kampfmittelsondierung. Bei der Oberflächensondierung werden neben Magnetometer, Minensuchgeräten, elektromagnetische Suchspulen oder Geo- und Bodenradar eingesetzt. Damit kann man Abweichungen feststellen, die auf Objekte in der Erde schließen lassen.

Bei der Bohrlochsondierung gibt es drei Möglichkeiten: die Schneckenbohrung, die Bohrung mit einer Bohrkrone, die rotiert und nicht schlägt, und die Schräg- und Horizontalbohrung. Gebohrt wird meist bis sechs Meter unter der Geländeoberkante von 1945. Die Ergebnisse der Messungen mit Magnetometer, Drei-Achs-Technik oder Bohrlochradar werden mit speziellen Programmen ausgewertet.

Bei der baubegleitenden Kampfmittelsondierung begleiten Personen mit Befähigungsschein die Tiefbauarbeiten. Soweit möglich, wird der Aushub lagenweise sondiert. Außerdem gibt es Zwischensondierungen und Sohlensondierungen.

Wer trägt die Kosten für die Sondierung?

Der sogenannte „Zustandsstörer“, also der Grundbesitzer und Bauherr, trägt die Kosten für alle Maßnahmen von der Luftbildauswertung bis zur Sondierung.

Wer trägt die Kosten für die Entschärfung?

Die Kosten für die Entschärfung und Bergung von Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg übernimmt das Land Bayern.

Was passiert, wenn bei einer Sondierung eine Bombe gefunden wird?

Erste sichernde Maßnahmen trifft der verantwortliche Fachmann der vor Ort tätigen Kampfmittelräumfirma: Er informiert die Bauleitung, den Kampfmittelbeseitigungsdienst und Polizei oder Feuerwehr. Er legt einen ersten Sicherheitsradius fest und veranlasst die Räumung dieses Bereiches. Danach heißt es warten, bis die Einsatzkräfte der Polizei und der Sprengmeister des Kampfmittelbeseitigungsdienstes eintreffen. Der Sprengmeister legt dann die Bombe vorsichtig so weit frei, dass eine Identifizierung und Einschätzung des Zustands möglich ist.

Woher wissen wir, wo in Nürnberg Blindgänger liegen könnten?

Im Zweiten Weltkrieg bombardierte Städte wie Nürnberg müssen generell als kampfmittelbelastet angesehen werden. Eine Übersichtskarte, die Kampfmittelbelastungen zeigt, gibt es für Bayern nicht. Es kann also nur vage vermutet werden, wo sich in Nürnberg belastete Areale befinden. Es sei denn, es liegen ausgewertete Luftbilder mit Hinweisen auf Kampfmittel vor. Andernfalls müssen neue Auswertungen angefordert werden.

Wie lange können Blindgänger gefährlich sein?

Kampfmittel aus den beiden Weltkriegen hatten nur einen Zweck: Zerstörung, Verletzung und Tod. Auch wenn Fliegerbomben und Munition seit Jahrzehnten unentdeckt im Erdreich ruhen, haben sie ihre Sprengkraft nicht verloren. Im Gegenteil: Blindgänger sind heute sogar gefährlicher, da sie jahrelanger Erosion und Bodenfeuchtigkeit ausgesetzt waren. Sprengstoffe, Metallhüllen und Zünder wurden dadurch instabiler und verhalten sich unberechenbar. Mitunter können zum Beispiel sprengfähige Salze mit verheerender Wirkung entstehen.

Welche unterschiedlichen Bomben gibt es?

Zuerst unterscheidet man nach Herkunft: Es gibt „reichseigene“ deutsche Bomben und Bomben der Alliierten wie amerikanische, britische und russische. Bei der Bauart gibt es Sprengbomben, Splitterbomben, Brandbomben, Nebelbomben, Kampfstoffbomben, Betonbomben, Zementbomben, Übungsbomben, Propagandabomben, Leuchtbomben, panzerbrechenden Bomben, pyrotechnischen Bomben, Luftminen, Clusterbomben und Zerschellern.

Welche unterschiedlichen Zünder gibt es?

Zünder gibt es in vielen Varianten. Generell unterscheidet man mechanische Aufschlagzünder, piezoelektrische Zündsysteme und chemische Langzeitzünder. Bei den Aufschlagzündern gibt es Kopf- und Heckzünder, vorgespannte Zünder, Zünder mit Vorstecker oder Sicherungskappe, Verzögerungszünder, allseitig wirkende Zünder, Druckzünder und Störzünder. Piezoelektrische Zündsysteme wurden vor allem in deutschen Bomben verbaut. Sie wirken allseitig. Chemische Langzeitzünder gibt es mit und ohne Ausbausperre. Bei diesen Zündern sind verschiedene Zeiteinteilungen möglich.

Wie wird eine Bombe entschärft?

Entschärfen bedeutet ein Unterbrechen der Zündkette. Sprengmeister setzen heute bevorzugt das Wasserschneidgerät ein. Es kann aus der Ferne bedient werden und bedeutet weniger Lebensgefahr für die Sprengmeister. Das ausgebaute Zündsystem wird dabei mit dem Wasserschneidgerät herausgeschnitten. Bei unkomplizierten, leicht gängigen Zündsystemen kommen auch andere Werkzeuge zum Einsatz. Entfernte Zündsysteme, die noch intakt sind, werden bei Bedarf vor Ort gesprengt.

Woran liegt es, dass Entschärfungen unterschiedlich lange dauern?

Wie lange eine Entschärfung dauert, hängt von vielen Faktoren ab – angefangen bei Herkunft, Bauart und Zündsystem der Bombe bis hin zu den Gegebenheiten vor Ort. Je nachdem, wie tief die Bombe liegt, ob sie bewegt wurde, in welchem Zustand sie ist, dauert der Einsatz unterschiedlich lange. Auch Licht und Wetter spielen eine Rolle. Wenn ein Fundort ausgeleuchtet oder vor Regen geschützt werden muss, dauert es zum Beispiel länger. Ebenso sind schützende Maßnahmen wie zum Beispiel die Errichtung von Containerwänden oder Sandwällen oft mit einem großen Zeitaufwand verbunden.

Was passiert mit entschärften Bomben?

Entschärfte Bomben werden abtransportiert und zunächst in einem Munitionsbunker gelagert. Anschließend werden sie zerlegt, alle Bauteile unschädlich gemacht und entsorgt.

Wie wird man Sprengmeister?

Sprengmeister ist kein Ausbildungsberuf. Interessierte müssen sich die Qualifikation über mehrere Jahre hinweg in verschiedenen Lehrgängen aneignen. Grundvoraussetzung ist der Erwerb des Befähigungsscheins nach Paragraph 20 des Sprengstoffgesetzes. Dafür sind viele Jahre Praxis notwendig. Um bei einem Sprengkommando angestellt zu werden, müssen angehende Sprengmeister einen Lehrgang zum Entschärfer absolvieren und viele Praxiserfahrungen sammeln. Nur reife, selbstischere Menschen, die eine psychologische Begutachtung bestanden haben, dürfen eine Entschärfung leiten und durchführen.

Wie wird der Radius für Evakuierungen festgelegt?

Nach dem Sprengstoffgesetz muss bei Stahlsprengungen ein Evakuierungsradius von 1.000 Metern angeordnet werden. Dies gilt auch für eine Entschärfung, da hierbei ebenfalls ein Stahlkörper explodieren kann – wenn auch nicht gewollt. Je nach Art und Lage der Bombe sowie Beschaffenheit des Umfelds kann der Radius aber verkleinert werden. Dies entscheidet der Sprengmeister vor Ort. Falls Schutzmaßnahmen wie Containerburgen oder Abdeckungen mit Sand oder Wasser notwendig sind, kann der Sprengmeister den Radius ebenfalls verkleinern.

Wer alarmiert die benötigten Hilfskräfte?

Zur Beurteilung, Abstimmung und Einleitung von Maßnahmen werden zuerst Führungskräfte der teilnehmenden Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) über die Leitstellen alarmiert. Sie fordern bei Bedarf weitere Hilfskräfte an: Einheiten von Hilfsorganisationen, THW und Feuerwehr über die Integrierte Leitstelle der Feuerwehr, Polizeieinheiten über die Einsatzzentrale der Polizei.

Wer leitet die Evakuierung?

Bei großen Evakuierungsmaßnahmen ist die untere Katastrophenschutzbehörde zuständig. Die Katastropheneinsatzleitung leitet die Evakuierung und sorgt dafür, dass alle Maßnahmen der Behörden und Einsatzkräfte aufeinander abgestimmt sind.

Wer entscheidet darüber, wo eine Betreuungsstelle eingerichtet wird?

Personen, die während der Evakuierung nicht bei Familienangehörigen oder Freunden unterkommen, finden in einer Betreuungsstelle Platz. Oft werden dafür zum Beispiel Turnhallen von Schulen verwendet, die bereits im Vorfeld von Feuerwehr und Hilfsorganisationen ausgewählt wurden.

Welche Aufgabe hat die Führungsgruppe Katastrophenschutz?

Bei einem Bombenfund wird in der Regel der Katastrophenfall ausgerufen. Dann übernimmt die zuständige Katastrophenschutzbehörde – in Nürnberg ist das die Stadt – die Einsatzleitung. Die Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) ist hierbei die oberste Führungsebene. Die FüGK ist klein, flexibel und rasch alarmierbar. Sie setzt sich aus Mitarbeitern der Behörde zusammen und wird bei Bedarf um Vertreter anderer Behörden und Einrichtungen erweitert. Die FüGK veranlasst die Warnung und Information der Bevölkerung und übernimmt die Gesamtkoordination der Maßnahmen.


Bilder von abgeschlossenen Einsätzen

Fund einer Fliegerbombe an der Brunecker Straße.

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Bombenfund am 6. Mai 2020

Fund einer Fliegerbombe an der Brunecker Straße.

Nahaufnahme der zweiten Fliegerbombe an der Brunecker Straße

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Bombenfund am 6. Mai 2020

Nahaufnahme der Fliegerbombe an der Brunecker Straße.

Ein Kran der Feuerwehr platziert Container am Fundort.

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Bombenfund am 6. Mai 2020

Ein Kran der Feuerwehr platziert nachts Container am Fundort.

Containerwände am Fundort an der Brunecker Straße.

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Bombenfund am 6. Mai 2020

Containerwände am Fundort an der Brunecker Straße.

Container rund um den Fundort an der Brunecker Straße.

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Bombenfund am 6. Mai 2020

Container rund um den Fundort an der Brunecker Straße.

Die entschärfte Fliegerbombe wird mit einem Feuerwehrkran herausgehoben.

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Bombenfund am 6. Mai 2020

Die entschärfte Fliegerbombe wird mit einem Feuerwehrkran herausgehoben.

Die Fliegerbombe ist für den Abtransport im Wagen verladen.

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Bombenfund am 6. Mai 2020

Die Fliegerbombe ist für den Abtransport im Wagen verladen.

Fundort an der Brunecker Straße. Die Bombe befindet sich unter dem weißen Zelt.

Bombenfund am 27. Oktober 2020

Fundort an der Brunecker Straße. Die Bombe befindet sich unter dem weißen Zelt.

Ein Erdwall wird rund um die Fliegerbombe errichtet.

Bombenfund am 27. Oktober 2020

Ein Erdwall wird rund um die Fliegerbombe errichtet.

Nahaufnahme des Erdwalls rund um die Fliegerbombe.

Bombenfund am 27. Oktober 2020

Nahaufnahme des Erdwalls rund um die Fliegerbombe.

Einsatzfahrzeuge auf dem Parkplatz des nahegelegenen Möbelhauses.

Bombenfund am 27. Oktober 2020

Einsatzfahrzeuge auf dem Parkplatz des nahegelegenen Möbelhauses.


Abwehr von Gefahren durch Kampfmittel

In Bayern gilt die Bekanntmachung „Abwehr von Gefahren durch Kampfmittel“ des bayerischen Innenministeriums vom 15. April 2010. Diese Bekanntmachung ist Grundlage für unsere „Bombenfund FAQ“.


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