Internationaler Nürnberger Menschenrechtspreis

Oberbürgermeister Marcus König, Blogger und Menschenrechtsaktivist Malcolm Bidali und Jury-Mitglied und Laudator Morten Kjærum (v.l.) bei der Übergabe des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises im Opernhaus.

Bild vergrößern

Oberbürgermeister Marcus König, Blogger und Menschenrechtsaktivist Malcolm Bidali und Jury-Mitglied und Laudator Morten Kjærum (v.l.) bei der Übergabe des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises im Opernhaus.

Nürnberg ist Stadt des Friedens und der Menschenrechte. Eine Auszeichnung symbolisiert das besonders eindrücklich: der Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis. Alle zwei Jahre zeichnet die Stadt Nürnberg damit Einzelpersonen oder Gruppen aus, die sich für die Wahrung der Menschenrechte einsetzen.

Malcolm Bidali aus Kenia wurde am 24. September 2023 mit dem Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis ausgezeichnet. Die Stadt Nürnberg würdigt mit der Ehrung des 31-jährigen Bloggers und Menschenrechtsaktivisten, der von 2018 bis 2021 in Katar als Wachmann tätig war, dessen mutigen Kampf gegen die Ausbeutung von Arbeitsmigrantinnen und -migranten. Oberbürgermeister Marcus König und Jury-Mitglied Morten Kjærum, der die Laudatio auf den Preisträger 2023 hielt, überreichten ihm die Urkunde. Die 15. Verleihung des mit 25.000 Euro dotierten Preises fand im Opernhaus des Nürnberger Staatstheaters vor rund 900 Gästen statt.


OB König: „Kraft und Unterstützung zum Weitermachen“

„Malcolm Bidali musste erfahren, wie zahllose Wanderarbeiter aus den Ländern des globalen Südens auf den Baustellen der FIFA WM 2022 im Emirat Katar in ein System moderner Sklaverei gepresst wurden. Als Malcolm Bidali nicht mehr bereit war, dies zu ertragen und die Zustände unter einem Pseudonym über die sozialen Medien öffentlich machte, bekam er in aller Brutalität die Reaktion des autoritären Regimes am Golf zu spüren. Man verschleppte ihn, ließ in für Wochen in einem Gefängnis verschwinden, ohne die Angehörigen zu informieren, und erlaubte ihm erst nach Zahlung einer hohen Kaution, das Land zu verlassen“, sagte Oberbürgermeister Marcus König zur Eröffnung des von der Staatsphilharmonie Nürnberg unter Leitung von Generalmusikdirektor Roland Böer musikalisch umrahmten Festakts. „Lieber Malcolm Bidali, Sie haben gezeigt, dass jede und jeder von uns aktiv eintreten kann für die Menschenrechte, wenn wir Verstöße nicht einfach ertragen oder ihnen stillschweigend zusehen. Ich hoffe sehr, dass unsere Auszeichnung Ihnen die Kraft und Unterstützung zum Weitermachen gibt“, fuhr das Stadtoberhaupt fort.

Kjærum: "Mehr Sklaven als je zuvor“

In seinem Grußwort ergänzte der bayerische Staatsminister des Innern, für Sport und Integration, Joachim Herrmann: „Mein herzlicher Dank an die Stadt Nürnberg dafür, dass sie sich mit diesem Preis und zahlreichen weiteren Projekten für Menschenrechte und gegen Intoleranz, Hass und Gewalt einsetzt. Denn trotz UN-Charta und Allgemeiner Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, deren 75-jähriges Jubiläum wir in diesem Jahr feiern, werden Menschenrechte noch in zahlreichen Ländern massiv verletzt. Wir brauchen deshalb weiterhin viele Verfechter der Menschenrechte, die – wie Malcolm Bidali – ihren Weg unbeirrbar weitergehen.“

Auch Jury-Mitglied Morten Kjærum bezog sich in seiner Laudatio auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: „Trotz dieses weltweiten Engagements gibt es in unserer Welt mehr Sklaven als je zuvor und unzählige Menschen, die in extremer Ausbeutung leben. Zwar entziehen sich genaue Zahlen unserer Kenntnis, aber Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit 30 bis 40 Millionen Menschen in sklavereiähnlichen Verhältnissen leben. Allein in Europa beläuft sich diese Zahl geschätzt auf zwei bis drei Millionen.“


Im Anschluss an die Verleihung laufen Oberbürgermeister Marcus König und Menschenrechtspreisträger Malcolm Bidali – begleitet von vielen Gästen – die Straße der Menschenrechte entlang Richtung Friedenstafel am Kornmarkt.

Bild vergrößern

Im Anschluss an die Verleihung liefen Oberbürgermeister Marcus König und Menschenrechtspreisträger Malcolm Bidali – begleitet von vielen Gästen – die Straße der Menschenrechte entlang Richtung Friedenstafel am Kornmarkt.

Bidali: „Ich kämpfe für die Freiheit der Wanderarbeiter“

Zuletzt hatte der Preisträger das Wort. In seiner Dankesrede sagte Malcolm Bidali: „Während ich diesen Preis verliehen bekomme, denke ich an all die Wanderarbeiter, die Tag und Nacht hart arbeiten, mit wenig oder gar keiner Freiheit – die überleben, sich anpassen und das Beste aus ihrer Situation machen. Dieser Preis steht für unsere Unverwüstlichkeit, unseren Kampf und unseren Mut. Dieser Preis wird von der Stadt Nürnberg, der Stadt des Friedens und der Menschenrechte, gestiftet. Von der historischen Stadt, in der Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt wurden. Ich hätte mir keinen passenderen Ort vorstellen können. Wenn Sie einen Spaziergang durch die Straße der Menschenrechte machen, werden Sie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sehen. Artikel 4 besagt, dass niemand in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden darf. Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu leisten. Und genau das ist meine Aufgabe: Ich kämpfe für die Freiheit der Wanderarbeiter am Golf.“


Verleihung Internationaler Menschenrechtspreis

Bild vergrößern

Oberbürgermeister Marcus König bei seiner Laudatio.

Verleihung des Internationalen Menschenrechtspreises an Malcolm Bidali

Bild vergrößern

Die Staatsphilharmonie Nürnberg unter Leitung von Generalmusikdirektor Roland Böer umrahmte den Festakt musikalisch.

Verleihung Internationaler Menschenrechtspreis an Malcolm Bidali

Oberbürgermeister Marcus König, Malcolm Bidali und Jury-Mitglied Morten Kjærum (v.l.nr.) bei der Verleihung des Internationalen Menschenrechtspreises 2023.

Joachim Herrmann bei der Verleihung des Internationalen Menschenrechtspreises

Bild vergrößern

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sprach ein Grußwort für den Preisträger.

Morten Kjærum bei der Verleihung des Internationalen Menschenrechtspreises

Bild vergrößern

Jury-Mitglied Morten Kjærum während seiner Laudatio.

Verleihung Internationaler Menschenrechtspreis an Malcolm Bidali

Bild vergrößern

Malcolm Bidali während seiner Dankesrede: „Ich kämpfe für die Freiheit der Wanderarbeiter am Golf.“

Firedenstafel auf dem Kornmarkt

Bild vergrößern

Die Stimmung unter den Gästen der Friedenstafel ist ausgezeichnet.

Friedenstafel 2023

Bild vergrößern

Und auch das Wetter spielt am Sonntag wieder mal mit.


Gemeinsam tafeln für Frieden

Im Anschluss an den Festakt begleitete Oberbürgermeister Marcus König Preisträger Malcolm Bidali zur traditionellen Friedenstafel. Rund 4.000 Bürgerinnen und Bürger feierten hier ihren Preisträger. Die von der Stabsstelle Menschenrechtsbüro & Gleichstellungsstelle und dem Amt für Kultur und Freizeit der Stadt Nürnberg organisierte Veranstaltung verlief vom Kornmarkt über den Hallplatz bis zur Königstraße. Nürnbergs Bürgerschaft setzt mit der Friedenstafel seit 1999 ein Zeichen für Frieden, Toleranz und die Achtung der Menschenrechte weit über die Grenzen der Stadt hinaus.

Auch in diesem Jahr gab es die Gelegenheit zum Gespräch mit Mitgliedern der Jury und vielen, die sich aktiv für Menschenrechte engagieren. In diesem Jahr bildete eine Kindertafel eine Brücke zum Weltkindertag, der zwischen 12 und 18 Uhr auf dem Jakobsplatz gefeiert wurde.


Preisträger 2023: Malcolm Bidali

Malcolm Bidali: Träger des Menschenrechtspreises 2023

Wie unzählige Arbeitsmigrantinnen und -migranten litt auch Malcolm Bidali während seiner Tätigkeit als Sicherheitsbediensteter in den Jahren von 2018 bis 2021 in Katar unter äußerst schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen. Weil seine Beschwerden gegenüber Behörden erfolglos blieben, veröffentlichte er unter dem Pseudonym Noah auf Kanälen wie Twitter und Instagram erlebte und beobachtete Menschenrechtsverletzungen. Im Mai 2021 war Bidali in Katar inhaftiert worden – nachdem er wenige Tage zuvor bei einer Onlineveranstaltung über die schwierige Situation von Arbeitsmigrantinnen und -migranten gesprochen hatte.

Weder sein Aufenthaltsort wurde bekanntgegeben noch erhielt er während seiner Inhaftierung Zugang zu einem Rechtsbeistand. Der gegen ihn erhobene Vorwurf lautete: Er habe „falsche Nachrichten mit der Absicht, das öffentliche System des Staates zu gefährden“, veröffentlicht. Mit Hilfe von Menschenrechtsorganisationen und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) kam Bidali nach 30 Tagen Einzelhaft frei und konnte nach Zahlung einer gegen ihn verhängten Geldstrafe von umgerechnet etwa 6 000 Euro das Emirat im Juli 2021 verlassen und nach Kenia zurückkehren. Von dort aus setzt er sich weiter für die Rechte von Wanderarbeiterinnen und -arbeitern in der Golfregion ein. Mit der Würdigung der Arbeit von Malcolm Bidali wollte die Jury das Thema Arbeitsmigration wieder stärker auf die internationale Agenda setzen.


Skulptur des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises in Form des Kartäusertors.

Skulptur des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises in Form des Kartäusertors.

Der Preis

60 Jahre nach der Verabschiedung der nationalsozialistischen Rassengesetze verlieh die Stadt Nürnberg am 17. September 1995 erstmals den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis. Der Preis ist eine Antwort auf die staatlich verordneten Menschenrechtsverbrechen während des Nationalsozialismus. Er setzt ein Zeichen, dass von Nürnberg niemals mehr andere Signale ausgehen dürfen als solche des Friedens, der Versöhnung, der Verständigung und der Achtung der Menschenrechte.

Der Preis ist mehr als eine Anerkennung für die Leistung der Ausgezeichneten: Er soll auch dazu beitragen, gefährdete Verteidiger der Menschenrechte zu schützen und andere zu ermutigen, sich ebenfalls zu engagieren. Mit dem Preis zeichnet die Stadt Nürnberg alle zwei Jahre Einzelpersonen oder Gruppen aus, die sich vorbildlich und unter hohem persönlichem Risiko für die Wahrung der Menschenrechte einsetzen. Die Auszeichnung ist mit 25.000 Euro dotiert. Wer den Preis erhält, entscheidet eine Jury jeweils im Jahr vor der Verleihung. Aktuell besteht dieses Gremium aus elf Mitgliedern. Ihm gehören namhafte Persönlichkeiten aus aller Welt an.


Frühere Preisträger

Preisträgerin 2021: Sayragul Sauytbay

Preisträger 2019: Rodrigo Mundaca

Preisträger 2017: Gruppe Caesar


Nürnberger Friedenstafel

Ballons steigen bei der Friedenstafel auf.

Seit 1999 ist es Tradition, dass sich die Nürnberger nach der Preisverleihung an einer Tafel zum gemeinsamen Mahl treffen und damit ein Zeichen für Frieden, Toleranz und die Achtung der Menschenrechte setzen. Die Nürnberger Friedenstafel erstreckt sich von der Dr.-Kurt-Schumacher-Straße über die Straße der Menschenrechte, den Kornmarkt und den Hall­platz bis hin zur Königstraße. Die Friedenstafel findet dieses Jahr am 24. September 2023 statt.


Mehr zum Thema

URL dieser Seite
<http://www.nuernberg.de/internet/stadtportal/menschenrechtspreis.html>