Als erste Einrichtung der Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg wird im Mai die Bibliothek am Egidienplatz schließen. Die hier in den Magazinen aufbewahrten Altbestände Handschriften und Norica-Sammlungen werden im Lauf des Sommers in die derzeit im Umbau befindliche Zentralbibliothek überführt. Der Umzug in das neue Gebäude ermöglicht in Zukunft auch eine bessere Präsentation des stadtgeschichtlich bedeutenden Kulturguts.
Den Besuchern des ehemaligen Pellerhauses am Egidienplatz bleibt zumeist verborgen, dass in den der Bibliothek angeschlossenen Magazinen rund 390.000 Bücher lagern, die nebeneinandergestellt eine Strecke von rund 10 km einnehmen würden. Besondere Schwerpunkte bilden einerseits wertvolle Handschriften und Drucke von der Zeit der Erfindung des Buchdrucks an sowie andererseits die Sammlungen an lokalgeschichtlich bedeutender Literatur, die sogenannten Norica-Sammlungen.
Bis in das Jahr 1370 lässt sich die Geschichte dieser Büchersammlungen zurückverfolgen. Damals befand sich im Rathaus ein Nachschlagebestand an juristischer Fachliteratur. Als nach Einführung der Reformation 1525 die Stadt große Anteile der acht in der Stadt gelegenen Klöster übernahm, wurden die mit der Ratsbibliothek vereinten Bestände im ehemaligen Dominikanerkloster an der Burgstraße aufgestellt und als öffentliche Bibliothek mit wissenschaftlicher Nutzung eröffnet. Zu den im Lauf der Zeit angesammelten, herausragenden Kulturgütern zählen sechs Briefe, die Albrecht Dürer 1506 aus Venedig nach Nürnberg sandte, die Hausbücher der Nürnberger Zwölfbrüderstiftungen mit 1.200 Darstellungen von Arbeitenden als wichtigste Primärquelle zum Handwerk in Nürnberg oder eines der wenigen altkolorierten Exemplare des „Hortus Eystettensis“. Mit dem Umzug kehren die zahlreichen von den Nonnen im Katharinenkloster geschriebenen und mit Buchmalereien versehenen Handschriften an ihren ursprünglichen Entstehungsort zurück.
Die neuen Magazine werden hohe konservatorische und sicherheitstechnische Anforderungen erfüllen. Insbesondere zur Einhaltung eines konstanten Raumklimas wurde in Zusammenarbeit mit dem Hochbauamt ein Konzept entwickelt, das auch der Vorgabe eines möglichst geringen Energieverbrauchs entspricht.
Für die Benutzung der jahrhundertealten Bücher wird ein klimatisierter Lesesaal mit 19 Arbeitsplätzen und einem umfangreichen Handbuchbestand zur Verfügung stehen. Von noch größerer Bedeutung ist allerdings die Tatsache, dass der Neubau die Möglichkeit zur Einrichtung eines adäquaten Ausstellungsraums bot. Nach einer langen Pause können die in den Magazinen verborgenen Bücher in Wechselausstellungen wieder der Öffentlichkeit präsentiert werden. Schon zur Eröffnung des Hauses soll ein Rückblick auf über 640 Jahre Bibliotheksgeschichte geboten werden – eine einmalige Kontinuität, die keine andere Bibliothek in städtischer Trägerschaft im deutschen Sprachraum vorweisen kann!
(Dr. Christine Sauer, Elisabeth Sträter)