Wässerwiesen im Rednitztal

Die Unesco hat die traditionelle Wiesenbewässerung zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt. Die jahrhundertealte landwirtschaftliche Kulturtechnik wurde von Deutschland und sechs weiteren Ländern für die Unesco-Liste vorgeschlagen.


Wässerwiesen seit dem Mittelalter belegt

Die fränkischen Wässerwiesen gehören zu den besterhaltenen in ganz Europa. Seit dem Mittelalter bewirtschaften Landwirte im Nürnberger Stadtgebiet Wiesen in einer traditionellen Bewässerungsweise. Ein ausgeklügeltes System aus Gräben und kleinen Wehren versorgt die Wiesen im Rednitztal bei Nürnberg auch bei Trockenheit mit Wasser.

Die Wässerwiesen sind Teil einer Landschaft mit insgesamt rund 2.000 Hektar aktiv bewässerten Flächen. Sie erstrecken sich weit über das Nürnberger Stadtgebiet hinaus zwischen Schwabach im Süden und Forchheim im Norden und folgen den Flusssystemen von Rednitz und Regnitz. Ein Großteil der Grünlandflächen im Rednitztal wird mit der historischen Form der Wiesenbewässerung bewirtschaftet. Über ein weit verzweigtes Netz werden die Wiesen in der Zeit von Mai bis September je nach Trockenheit etwa zwei- bis viermal durch Aufstau geflutet. Für die Landwirtschaft sind die Mähwiesen bei Trockenheit ein Garant für Grünfutter für Kühe und Pferde.


Alte Kulturtechnik für den Klimaschutz

Durch die Bewässerung haben diese Wiesen einen positiven Einfluss auf die Umwelt und das Klima. Denn die Wiesen kühlen die im Sommer zunehmend überhitzte Stadt. Für die Bewässerung und die Unterhaltung der Wehre und Hauptgräben sind genossenschaftlich organisierte Wasserverbände zuständig. Elf Wässerverbände kümmern sich um die Wässerwiesen zwischen Nürnberg und Schwabach. Vor Ort leisten die Verbandsmitglieder, meist Landwirte, die Arbeit und erhalten so diese alte Kulturtechnik. Das alte Wasserrecht wird hier noch angewandt. So ist in den alten Wässerordnungen genau geregelt, wer wann und wie lange seine Wiesen bewässern darf und wer für die Instandhaltung der Gräben und Wehre zuständig ist.



Kostbarkeit ist bedroht

Da die Flüsse Regnitz, Rednitz und Pegnitz in flachen Tälern liegen, wurde früher auch mit Wasserschöpfrädern bewässert. Diese technischen Zeitzeugen haben sich unter anderem in Möhrendorf und an der Satzinger Mühle erhalten. Ein über 100 Jahre altes Schöpfrad steht bei Reichelsdorf. Die Wasserschöpfräder in Möhrendorf werden von der dortigen Wasserradgemeinschaft, die Anlage an der Satzinger Mühle vom Wasserwirtschaftsamt und die Pumptechnik in Reichelsdorf vom dortigen Wasserverband gepflegt und instand gehalten.

Die Herausforderungen durch die Lage im Ballungsraum sind groß. Der Bayerische Naturschutzfonds fördert deshalb ein gemeinsames Projekt der Städte Nürnberg und Schwabach zum Erhalt der Wässerwiesen.


Hintergrund: Immaterielles Kulturerbe

Zum immateriellen Kulturerbe gehören lebendige Traditionen aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, mündliche Überlieferungen, Naturwissen und Handwerkstechniken. Die Unesco setzt sich seit 20 Jahren für den Schutz der lebendigen Kultur ein. Das Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes wurde 2003 von der Unesco-Generalkonferenz in Paris verabschiedet. Bisher haben 181 Staaten den Vertrag ratifiziert. Deutschland gehört seit 2013 dazu. Ein Komitee entscheidet jährlich über die Aufnahme neuer Kulturformen in die Unesco-Listen. Rund 700 Bräuche, darstellende Künste, Handwerkstechniken und Formen des Naturwissens aus aller Welt stehen derzeit auf diesen Listen, darunter der Tango aus Argentinien und Uruguay, die traditionelle chinesische Medizin, der Reggae aus Jamaika und der moderne Tanz aus Deutschland.


Mehr zum Thema

Aktualisiert am 08.02.2024, 11:36 Uhr

URL dieser Seite
<http://www.nuernberg.de/internet/stadtportal/waesserwiesen_rednitztal.html>