Die 16. Nürnberger Bildungskonferenz fand am 12. November im Nürnberger Rathaus statt. Unter dem Motto „Hochwertige Bildung für alle“ kamen rund 300 Interessierte im Historischen Rathaussaal zusammen. Eröffnet wurde die Veranstaltung vom MUBIKIN-Chor der Knauerschule unter Leitung von Marie-Laure Dubreil-Steinkrug. Mit ihrem Lied „Hallo Du, hör mal zu, es ist schön, Dich heute zu sehen!“ begeisterten die Schülerinnen und Schüler das Publikum – allen voran Oberbürgermeister Marcus König, der sein Grußwort mit „MUBIKIN am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen“ begann.
König betonte, dass hochwertige Bildung alle Lebensphasen umfassen müsse: von der frühkindlichen Bildung über die Schule bis zur beruflichen Qualifizierung bzw. Hochschulbildung. Sie eröffne Perspektiven für Beschäftigung, ein selbstbestimmtes Leben und gesellschaftliche Teilhabe. Zentral seien ein gleichberechtigter Zugang, lebenslanges Lernen sowie ein Fokus auf Inklusion und Integration. Zudem hob er den Zugang zu Kunst und Kultur, Partizipation und dem Zusammenspiel formaler und non-formaler Bildungsangebote hervor – für all dies sei MUBIKIN ein Vorzeigeprojekt.
Sozialräumliche Unterschiede und aktuelle Entwicklungen in Nürnberg
Marcel Helbig, Bildungsforscher am Leibniz-Institut für Bildungsverläufe in Bamberg, stellte die sozialräumlichen Bildungsungleichheiten in Nürnberg dar und zeigte mögliche Handlungsfelder für die kommunale Bildungspolitik auf. Positiv sei, dass sowohl die Armutssegregation als auch der Anteil von Kindern im Sozialleistungsbezug in Nürnberg rückläufig seien. Armutssegregation meine dabei, dass von Armut betroffene und nicht betroffene Bevölkerungsgruppen räumlich ungleich über die Stadt verteilt sind. In Nürnberg, wie auch in den anderen großen süddeutschen Städten, habe diese Ungleichverteilung seit 2013 abgenommen, während in den größten deutschen Städten insgesamt eine Zunahme zu verzeichnen war.
Gleichzeitig zeige der Blick auf die Stadtkarte ein bekanntes Muster: In südwestlichen, südlichen und südöstlichen Stadtteilen treten höhere Mindestsicherungsquoten und ein höherer Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund auf, verbunden mit niedrigeren Übergangsquoten auf das Gymnasium. In Zusammenschau mit sozialräumlichen Indikatoren zur sozialen Lage zeige sich, dass die bekannten sozioökonomischen Disparitäten bezüglich des Bildungserfolgs fortbestehen. In vielen Städten hingen Armutsquoten und der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund eng miteinander zusammen. Entscheidend für Bildungs- und Übergangschancen seien letztlich aber vor allem sozioökonomische Faktoren, wie Helbig ausführte.
Das Startchancen-Programm setze genau hier an: Die 57 teilnehmenden Schulen liegen überwiegend in sozioökonomisch angespannten Bezirken. Das Programm verfolge das Ziel, den Anteil der Kinder, die Mindeststandards nicht erreichen, deutlich zu verringern. Als zentrale Handlungsfelder nannte Helbig frühkindliche Bildung – etwa besseren Zugang und längere Besuchsdauer u.a. zur Förderung des Deutschspracherwerbs –, Stärkung inklusiver Angebote und Unterstützung beim Übergang von der Schule in den Beruf.
Auch die non-formale Bildung rückte Helbig in den Fokus: Nach deutlichen Rückgängen während der Pandemie hätten sich die Nutzungszahlen inzwischen vielerorts wieder normalisiert, teils sogar über das Vor-Corona-Niveau hinaus.
Podium diskutiert Wege zu mehr Chancengerechtigkeit
Im anschließenden Fachgespräch wandte sich Bärbel Kopp (Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und -didaktik der FAU Erlangen-Nürnberg) mit vertiefenden Nachfragen an Marcel Helbig. Bezogen auf frühkindliche Bildung brachte Helbig einen verpflichtenden Kitabesuch ins Gespräch. Kopp leitete das Podiumsgespräch, an dem neben OB König auch Cornelia Trinkl (Referentin für Schule und Sport) und Elisabeth Ries (Referentin für Jugend, Familie und Soziales) teilnahmen.
König zeigte sich offen für den Vorschlag eines verpflichtenden Kita-Besuchs, insbesondere zur Förderung des Deutschspracherwerbs, und outete sich als „Fan des gebundenen Ganztags“. Elisabeth Ries betonte: „Regelinfrastrukturen sind Gerechtigkeitsinfrastrukturen“. Frühkindliche Bildung solle strukturell gestärkt werden und allen Kindern – gegebenenfalls als verpflichtendes Angebot – zugutekommen. Eine stärkere Sensibilisierung für Armutsthemen in Bildungseinrichtungen sei anzustreben, ein Startchancen-Programm auch für Kitas wäre sinnvoll. Cornelia Trinkl stellte das kommunale Schulentwicklungsprogramm Vision 2040 als Kompass vor: Fokusthemen seien eine lernförderliche Raumgestaltung, kollaborative Teamarbeit, Resilienz, Weiterentwicklung von Leistungsbewertungen, Öffnung der Schule in den Stadtteil, selbstgesteuertes Lernen und Elternarbeit.
Abschließend meldeten sich Gäste aus dem Publikum zu inklusiver Bildung und Medienbildung zu Wort.









