Bauhistorie der Kongresshalle

Die Kongresshalle ist als Monumentalbau Ausdruck des nationalsozialistischen Herrschaftsanspruchs. Mit dem „Kraft durch Freude“-Seebad auf Rügen zählt sie zu den größten erhaltenen Einzelbauwerken der NS-Zeit. Im Falle ihrer Fertigstellung wäre die Kongresshalle lediglich ein einziges Mal im Jahr während der Reichsparteitage für den „Parteikongress“ genutzt worden. Hier hätte Hitler mit programmatischen Reden die Mitglieder der NSDAP eingestimmt.

Der Architekturstil ist an antiken Vorbildern wie dem Kolosseum in Rom orientiert. Dabei wäre die Kongresshalle nach ihrer Fertigstellung um das eineinhalbfache größer gewesen als der antike Bau. Die Architektur sollte dabei in ihrer Größe und durch den verbauten Granitstein zum einen den Einzelnen beeindrucken und dem Nationalsozialismus unterordnen, zum anderen aber auch für die Ideologie begeistern und einnehmen. Einen ersten Entwurf für die Kongresshalle legte der Nürnberger Architekt Ludwig Ruff zur Genehmigung Hitler im Sommer 1934 vor. Hitler übertrug ihm daraufhin die Bauplanung. Ludwig Ruff starb jedoch kurz darauf und sein Sohn Franz, ebenfalls Architekt, übernahm den Auftrag. Am 11. September 1935 fand die Grundsteinlegung während des Reichsparteitages statt.

Kongresshalle Baustelle 1938, Stadtarchiv Nürnberg, A 76 Nr. RF

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Die Baustelle der Kongresshalle - eine Aufnahme aus dem Jahr 1938

Die unvollendete Großbaustelle

Die Kongresshalle hat eine Grundfläche von 275 mal 265 Metern. Für den Bau wurden nicht nur Waldflächen am Dutzendteich gerodet, sondern auch tausende Kiesstopfsäulen in den schlammigen Untergrund getrieben, auf denen die mehrere Meter dicken Betonfundamente ruhen. Allein für den Rohbau waren 1.400 Arbeiter notwendig. Nach der Fertigstellung hätte die Kongresshalle etwa 70 Meter hoch sein sollen. Die Bauarbeiten kamen nach Kriegsbeginn 1939 fast zum Stillstand; schließlich wurden sie bis auf Sicherungsarbeiten ganz eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt war die heutige Gebäudehöhe von fast 40 Metern erreicht. Unvollendet blieben das Innere der Halle, der heute unter freiem Himmel liegende sogenannte Innenhof, die oberen Stockwerke des Rundbaus, der ausschließlich dienende Flächen für die Erschließung des nicht gebauten Saals enthält, sowie grundsätzlich die gesamte Innenausstattung. Bis heute ist der U-förmige Rundbau ein Rohbau aus Ziegeln und Beton, lediglich die Außenfassade aus massivem Granit zeigt die endgültige Form.

1943 richteten alliierte Luftangriffe erste Schäden an der Kongresshalle an. Zur Sicherung wurden 1943/44 Teile der Außenöffnungen zugemauert und im Innern Zwischenmauern als Brandschutz eingezogen. Weitere Zumauerungen wurden in den 1950er und 1960er Jahren durchgeführt. Dadurch entstanden neue Räume, die zu Lagerzwecken genutzt wurden. Von 1972 bis 2006 hatte das Versandhaus "Quelle" sein Warenlager in der Kongresshalle.

Die Schilder stammen aus der Zeit, als der Versandhändler "Quelle" Räume der Kongresshalle als Warenlager nutzte.

Rauchen Verboten Schild in der Kongresshalle

"Rauchen verboten" - ein Hinweis für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Warenlager der "Quelle".

Die Kongresshalle nach 1945: Nutzung und Umgang

Im April 1945 nutzte die US-Armee die Kongresshalle zunächst als Lebensmitteldepot. 1948 erfolgte die Rückgabe an die Stadt Nürnberg. Vom 1. bis 18. September 1949 fand in der Kongresshalle die erste Deutsche Bauausstellung nach dem Zweiten Weltkrieg statt. Insgesamt 654 Aussteller aus dem In- und Ausland präsentierten Baumaschinen, -stoffe und -systeme. Vor allem ein günstiger und schneller Wohnungsbau war angesichts der Kriegszerstörungen in den Städten ein zentrales Thema. Mit der Bauausstellung wurde versucht, einen neuen Namen für die Kongresshalle zu etablieren: „Ausstellungsrundbau“. Welche Partei hier einst ihre Kongresse hätte abhalten wollen, sollte künftig verschwiegen werden.

Die Rolle Nürnbergs während der NS-Zeit als „Stadt der Reichsparteitage“, Beschlussort der Rassegesetze und Erscheinungsort der antisemitischen Hetzschrift „Der Stürmer“ wurde im Ausstellungsraum konsequent verschwiegen. Diese Sicht auf die jüngere Stadtgeschichte setzte sich 1950 fort. Das 900-jährige Jubiläum der ersten urkundlichen Nennung Nürnbergs in der Sigena-Urkunde aus dem Jahr 1050 wurde gleichfalls in der Kongresshalle mit einer großen Ausstellung gefeiert. Zwischen dem 14. und 30. Juli 1950 wurde Nürnberg vor allem als große Handels- und Kunstmetropole des Mittelalters präsentiert.

1963 zog das Fränkische Landesorchester, der Vorläufer der heutigen Nürnberger Symphoniker, in den südlichen Kopfbau der Kongresshalle ein. Neben einem Konzertsaal und einem Aufnahmestudio entstand ab 1986 mit dem „Serenadenhof“ außerdem eine neue Open-Air-Spielstätte.

Wandmalerei aus der Ausstellung zum 900-jährigen Stadtjubiläums Nürnbergs

Fußballstadium oder Einkaufszentrum - Ideen für die Nutzung des Monumentalbaus in den 1950er und 1980er Jahren

Die unteren Ebenen des Rundbaus der Kongresshalle bilden das Erd- und das Sockelgeschoss. Die dortigen Räume waren bis 2022 weitgehend vermietet. Die Museen der Stadt Nürnberg unterhielten hier ebenso wie die Stadtarchäologie Depots; der Servicebetrieb Öffentlicher Raum (SÖR) der Stadt Nürnberg lagerte beispielsweise Verkehrsschilder ebenso hier ein wie der Kanuverein seine Boote. Auch Privatleute hatten Räume zu Lager- oder Werkstattzwecken angemietet.

Neben den genannten Nutzungen für Teilbereiche gab es auch den Versuch einer Gesamtlösung. Hier sind vor allem zwei Vorhaben zu nennen: Ab Mitte der Fünfzigerjahre wurde überlegt, ob man ein großes Fußballstadion in die Kongresshalle einbauen könnte. Die geschätzten Kosten in Höhe von 20 bis 30 Millionen D-Mark (heute wohl bis zu 95,4 Millionen Euro) ließen das Projekt letztlich scheitern.

1987 wollte eine private Investorengruppe die Kongresshalle zu einem Freizeit- und Eventcenter umbauen. Ein Seniorenzentrum wäre ebenso vorgesehen gewesen wie Kinos, Diskotheken, Tennisplätze oder Fitnessstudios. Im Stadtrat sorgte man sich wegen des innerstädtischen Einzelhandels durch die neue Konkurrenz und zweifelte grundsätzlich die Seriosität der Finanzierung an. Letztlich scheiterte das Umbauprojekt an der Kostenfrage. Die öffentlichen Diskussionen darum lösten in der Stadtgesellschaft eine breite Debatte über den künftigen Umgang mit dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände aus. Hieraus resultierte ein wesentlicher Impuls für ein künftiges „Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände“ in der Kongresshalle anstatt der kleinen Ausstellung in der Zeppelintribüne.

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