2013: Nürnberg spielt Wagner

Veranstaltungsreigen rund um Richard Wagner und seine Werke

Nur nach einer Stadt benannte der gleichermaßen verehrte wie angefeindete Neuerer des Musiktheaters, Richard Wagner, eine Oper: Nürnberg. Zu seinem 200. Geburts- und 130. Todesjahr präsentierte die Stadt Nürnberg 2013 einen Veranstaltungsreigen rund um die Oper "Die Meistersinger von Nürnberg", Richard Wagner und seine Werke.

Nach dem Hans-Sachs-Jahr 1976 und dem "MeisterSingerFestival" 2000 war dies das dritte Mal, dass sich die Stadt Nürnberg in einem Festival mit ihrem musikalischen Kulturerbe "Hans Sachs und die Meistersinger" auseinandersetzte.

"Die Stadt Nürnberg nützt den Rückenwind aus dem 'Jahr der Kunst', um erneut im Zusammenschluss wichtiger Kulturinstitutionen ein Nürnberger Thema national zu spielen. 'Die Meistersinger von Nürnberg' sind so ein originäres Nürnberger Thema, das in seiner historischen wie innovativ kreativen Dimension im Wagner-Jahr 2013 Strahlkraft entwickeln kann." freute sich Kulturreferentin Prof. Dr. Lehner.

"Nürnberg spielt Wagner" lud zu frechen Uraufführungen, fundierten historischen Ausstellungen, spannenden Werkinterpretationen, provokanten Possen und romantischen Parkbespielungen ein.

So konfrontierte die Veranstaltungsreihe aktuelle Wagner-Inszenierungen und -Experimente auf der einen Seite mit der reichen, konfliktträchtigen Geschichte auf der anderen Seite.

Denn kaum ein Komponist polarisiert so sehr wie Wagner. Selbst Menschen, die nie eine seiner Opern hörten, haben eine dezidierte Meinung. Sein künstlerisches Schaffen steht dabei weniger in der Kritik als seine umfangreichen Schriften u.a. über das "Judentum in der Musik". So fasst Herbert Rosendorfer den Standpunkt der Wagnerforschung zusammen: "Doch wäre es besser gewesen, du /d.i. Wagner/ hättest, außer in der Musik, geschwiegen." (Herbert Rosendorfer: Richard Wagner für Fortgeschrittene, S.22)

Vorträge führender Wagner-Forscher oder Interpreten, Stadtführungen, Stumm- und Kinofilme beschäftigten sich mit der Biografie Richard Wagners, mit seinem Musikgeschichte gewordenen künstlerischen Schaffen und seiner Rezeptionsgeschichte.

Geschichte

Richard Wagner hatte Nürnberg schon 1835 besucht, eine gespenstische Prügelszene erlebt, die Geschichte von Hans Sachs und der Tradition der Meistersinger recherchiert und die Originalschauplätze gesehen. Dies inspirierte ihn zu der komischen Oper "Die Meistersinger von Nürnberg", die 1868 in München uraufgeführt wurde. Nürnberg eröffnete 1905 sein neues Opernhaus damit. Im Dritten Reich erkor Adolf Hitler das Werk zur "Deutschen Fest- und Feieroper" und ließ sie von 1933-38 zur Eröffnung jeden Reichsparteitags in Nürnberg aufführen.

Nürnberg ist also mit der Geschichte dieser Oper von romantischer Verklärung der Deutschen als eines Volkes, das die Kunst pflegt, bis zu brutaler Propaganda eines dominanten deutschen Herrentums und daraus folgender Vernichtung verbunden.

Die Tradition des Meistersangs, eine streng geregelte Lied- und Dichtkunst, die sich darauf gründet, den Minnesang des Mittelalters weiter zu pflegen, wurde führend von Nürnberger Handwerksmeistern vom 14. bis 16 Jahrhundert gewahrt. Originalschauplätze des Meistersangs wie der Oper sind in Nürnberg teilweise noch erhalten.

Ausstellungen

Das Germanische Nationalmuseum zeigte in der Studioausstellung "Wagner – Nürnberg – Meistersinger" vom 21. Februar bis 02. Juni 2013 Wagners Originalhandschrift der "Meistersinger von Nürnberg" und vollzog erstmals Wagners Besuche in Nürnberg nach. Die umfassende Ausstellung "Zünftig: Geheimnisvolles Handwerk 1500-1800" (21. März bis 07. Juli 2013) befasste sich mit der Tradition des Handwerks, so dass sich das Handwerkerleben zur Zeit eines Hans Sachs anschaulich nachvollziehen ließ.

Mit dem Meistersinger Hans Sachs, dem Meistersang und mit der Aufführungsgeschichte der Oper "Die Meistersinger von Nürnberg" vom 19. Jahrhundert bis heute setzte sich die Ausstellung "Wagner – MeisterSinger – Sachs, Hans Sachs, Richard Wagner und der Nürnberger Meistersang" vom 18. Januar bis 17. April 2013, im Stadtmuseum Fembohaus auseinander. Im Gedenken an Martha Mödl feierte sie auch den 100. Geburtstag der weltweit gefeierten Nürnberger Wagner-Interpretin.

In der Kirche der Meistersinger, in St. Martha, kreierte im Rahmen der Internationalen Orgelwoche Nürnberg – Musica Sacra eine multimediale Installation der Berliner Künstlerin Yukijung eine Ahnung vom Nürnberg der Lutherzeit (21. bis 30. Juni 2013).

Richard Wagner hätte seine künstlerischen Vorstellungen ohne die Unterstützung des bayerischen Königs Ludwig II. niemals verwirklichen können. So holte das DB-Museum die Bayerische Landesausstellung "Götterdämmerung" vom 17. Mai bis 7. Juli 2013 nach Nürnberg und ergänzte sie mit eigenen Objekten wie dem berühmten Salonwagen des Königs.

Inszenierungen und Konzerte

Im "Wagner-Jahr" konnte das Publikum Richard Wagners Opern "Die Meistersinger von Nürnberg", "Tristan und Isolde", "Der fliegende Holländer" und mit dem "Rheingold" den Anfang eines neuen Ringzyklus (Regie: Georg Schmiedleitner) im Nürnberger Opernhaus sehen.

Die Hochschule für Musik führte am 11. Juni im Rahmen des "Musiksommer im Serenadenhof" der Nürnberger Symphoniker die "Wesendonk-Lieder" und "Siegfrieds Idyll" auf.

Die berühmte "Festwiese" aus den "Meistersingern" lud zum Mitfeiern ein, als sie am 25. Juli als konzertante Aufführung des Staatstheater Nürnberg, geleitet von Marcus Bosch, auf den Nürnberger Hauptmarkt kam. Bei "Wagners Festwiese" wurden die Nürnberger Bürgerinnen und Bürger gleichsam zu Mitspielern als Zeugen des Entscheidungskampfes um den besten Meistersang.

Eine Wagner-Uraufführung präsentierte die Pocket Opera Company gemeinsam mit dem Kulturreferat der Stadt Nürnberg am 27. Juni. Der Regisseur und Wagner-Experte Peter P. Pachl wagte sich mit Franz Killer (musikalische Bearbeitung) daran, Wagners frühe Oper "Männerlist größer als Frauenlist oder eine glückliche Bärenfamilie" erstmals aufzuführen. Richard Wagner liebte den Seiltanz und übte ihn auch selbst – als Achtjähriger im Hinterhof. Die Liebe dazu blieb ihm immer erhalten. Dies und viele andere biografische Spuren in seinem Frühwerk inspirierten die Pocket Opera Company dazu, die Wagner-Uraufführung als Zirkus zu begreifen.

Circus Wagner

Im Stadtpark, dem Ort des 1. Deutschen Sängerfestes von 1861, wurde vom 27. Juni bis 9. Juli 2013, ein Zirkuszelt zur Heimat des "anderen Wagner". Frech, mit ungewöhnlichem Zugriff, leicht, provozierend und romantisch laufen hier Uraufführungen und Gastspiel-Produktionen zum Wagner-Jahr. Mit dabei waren die "Monty Pythons" der Blasmusik: Mnozil Brass mit "HOJOTOHO", einer Bayreuther Auftragsproduktion in der Regie von Philippe Arlaud (UA Januar 2013), und das Theater Waidspeicher/Theater Erfurt mit einem "Ring des Nibelungen" für Puppentheater und Kammermusik (UA Februar 2013). Die zweite Nürnberger Uraufführung zeigten das Ensemble KONTRASTE und der fränkische Vorzeige-Kabarettist Matthias Egersdörfer. Sie wagen sich an eine eigenständige fränkische Parodie auf "Tannhäuser", aber nicht auf Wagners, sondern auf den Tannhäuser des Wiener Spötters Johann Nepomuk Nestroy. Daneben wurde in einem Rahmenprogramm um die Wette gesungen, getrunken, jongliert, balanciert und debattiert.

(Stumm)-Filme

Die Nürnberger Symphoniker begleiteten in großer Besetzung am 4. und 5. Oktober im CineCitta live den 1913 gedrehten Stummfilm "Richard Wagner" aus der Frühzeit der Filmgeschichte. Cosima Wagner, die das gesamte Filmwesen für Teufelszeug hielt, hatte dieses Filmprojekt mit allen Kräften hintertrieben. Heute gilt er als ein historisches Dokument von außerordentlichem Wert.

Das Filmhaus Nürnberg hatte den Hans Sachs-Film "Der Meister von Nürnberg" Stummfilm (1927) ausgegraben. Er wurde am 20. Januar vom Nürnberger Percussionensemble CABAZA live begleitet.

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