Eingriffs-Ausgleichs-Bilanzierung

Eingriffsregelung

Die Eingriffs-, bzw. Eingriffs-Ausgleichsregelung, hat ihre Rechtsgrundlage in den
§§ 13 ff. des Bundesnaturschutzgesetzes und ist eine der wichtigsten Vorschriften des Naturschutzrechts. Sie konkretisiert mit dem Vorsorge- und dem Verursacherprinzip zwei Grundprinzipien des Umweltrechts und soll dem Schutz von Natur und Landschaft auch außerhalb von Schutzgebieten dienen.

Die Regelung zielt auf den Erhalt des status quo, also des Zustands des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes vor einem geplanten Eingriff, ab und legt dem Verursacher ein Verbot auf, diesen Zustand zu verschlechtern (Verschlechterungsverbot).

Eine nachteilige Inanspruchnahme von Natur und Landschaft soll nicht ohne Kompensation ermöglicht werden. Die Eingriffsregelung folgt dabei einer Prüfreihenfolge, die in § 15 BNatSchG festgelegt ist und bei der zwischen Unterlassungs-, Ausgleichs-, Ersatz-, und Zahlungspflichten unterschieden wird.
Vermeidbare Beeinträchtigungen sind demnach vom Verursacher zu unterlassen; unvermeidbare Beeinträchtigungen sind auszugleichen oder zu ersetzen.

Eingriffsdefinition

Eingriffe in Natur und Landschaft werden gemäß § 14 Abs. 1 BNatSchG definiert als:

„Veränderungen der Gestalt und Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können“.

Die Eingriffsregelung in der Bauleitplanung

Die Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes bezieht sich auf den bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB.
Für die kommunale Bauleitplanung gilt eine davon abweichende Handhabung im Umgang mit der Eingriffsregelung. Über Vermeidung, Ausgleich und Ersatz ist dann nach den Vorschriften des BauGB zu entscheiden.

Lediglich die Eingriffsdefinition aus § 14 BNatSchG wird analog zur Eingriffsbeurteilung herangezogen, da das BauGB keine entsprechende eigene Definition enthält.
Die Bewältigung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung erfolgt nach den Vorgaben des § 1a Abs. 3 BauGB.

Besonderheiten der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung

Bestandteil der Abwägung

Ein wesentlicher Unterschied der städtebaulichen Eingriffsregelung gegenüber der Anwendung im Außenbereich ist, dass die Eingriffsregelung in die bauplanungsrechtliche Abwägung eingestellt wird und dort neben den weiteren planungsrelevanten öffentlichen und privaten Belangen zu berücksichtigen ist.
Im Außenbereich hingegen, stellt die Eingriffsprüfung, bis auf wenige Ausnahmen, zwingend zu beachtendes Recht für die Genehmigungsbehörden dar.

Räumliche Entkoppelung

Eine weitere Besonderheit ist die Aufhebung der raum-zeitlichen Entkoppelung von Eingriff und erforderlichem Ausgleich. D.h. zum einen, dass der Ausgleich grundsätzlich auch an anderer Stelle als am Eingriffsort selbst erbracht werden kann, soweit dies mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, den Zielen der Raumordnung sowie den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist.

Zeitliche Entkoppelung/„Ökokonto“

Zum anderen wird in § 135a Abs. 2 Satz 2 BauGB auch eine zeitliche Entkoppelung zwischen der Anlage von Ausgleichsmaßnahmen und der Durchführung eines Eingriffs ermöglicht.
Im Vorgriff auf geplante Eingriffe zu einem späteren Zeitpunkt ist z.B. eine Bevorratung von Ausgleichsmaßnahmen in Form von Ökokonten möglich.

Sammelbegriff „Ausgleichsmaßnahmen“

Bedingt durch § 200a Abs. 1 BauGB wird im Rahmen der Bauleitplanung nicht mehr explizit zwischen den Begriffen Ausgleich und Ersatz unterschieden. Diese werden gleichwertig nebeneinander verwendet und zumeist unter dem Sammelbegriff Ausgleichsmaßnahmen zusammengefasst.

Flusslauf und Grünflächen am Aussigerplatz

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Grünzug am Aussiger Platz

Die für Ausgleichsmaßnahmen erforderlichen Flächen können über Darstellungen im Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan gesichert werden. Der erforderliche Ausgleich wird u.a. durch die Festsetzung entsprechender Maßnahmen im jeweiligen Bebauungsplan erbracht.

Planzeichen im Landschaftsplan


Anstelle von Festsetzungen im Bebauungsplan können auch Vereinbarungen aus einem städtebaulichen Vertrag treten.

Bei einer Überplanung von Gebieten nach § 30 (Geltungsbereich eines Bebauungsplans) und § 34 BauGB (Innenbereich) mit bereits bestehendem Baurecht ist ein (erneuter) Ausgleich nicht erforderlich. Dies gilt auch für Bebauungspläne der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren nach § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB mit einer zulässigen Grundfläche von weniger als 20.000 m².

Beispiele für Ausgleichsmaßnahmen

Vorgehensweise bei der Eingriffsermittlung

Es gibt kein allgemeingültiges Verfahren, welches bei der Eingriffsbilanzierung angewandt wird. Vielmehr existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Bilanzierungsarten, die in verschiedenen Bereichen Anwendung finden.

Grundsätzlich lassen sich drei „Hauptbewertungsverfahren“/Bewertungsmethoden unterscheiden:

  • Das Biotopwertverfahren,
  • die Verwendung von Kompensationsfaktoren und
  • die verbal-argumentative Bewertung.

In Bayern wird für die Eingriffsbilanzierung bei Vorhaben im Außenbereich die Bayerische Kompensationsverordnung (BayKompV) verwendet, die auf einem Biotopwertverfahren basiert. Für die Eingriffs-Ausgleichsermittlung in der Bauleitplanung wird zumeist entweder der Leitfaden des Bayerischen LfU „Bauen im Einklang mit der Natur“ als Orientierungshilfe herangezogen oder die Kommunen haben eigene Bewertungsverfahren entwickelt.

Ermittlung des Ausgleichsbedarfs bei Bauvorhaben in der Stadt Nürnberg

Die Städte Nürnberg, Erlangen, Fürth und Schwabach haben sich auf ein einheitliches Vorgehen bei der Eingriffs-/Ausgleichsbilanzierung in der Bebauungsplanung verständigt. Die Grundlage hierfür bildet ein Biotopwertverfahren, das in der Kostenerstattungsbetragssatzung der Stadt Nürnberg verankert ist.

Folgende Arbeitsschritte werden bei der Anwendung der Eingriffsregelung durchgeführt:

  1. Erfassung und Bewertung des Ausgangszustands unter Verwendung der Anlage 2 der KostErstS
  2. Erfassung der Auswirkungen des Eingriffs, Beurteilung der Eingriffsintensität
  3. Prüfen von Vermeidungsmöglichkeiten und Ermittlung des Ausgleichsbedarfs
  4. Auswahl geeigneter Ausgleichsflächen und Kompensationsmaßnahmen

Suche nach geeigneten Ausgleichsflächen

An die Ermittlung des Ausgleichsbedarfs schließt sich eine Suche nach dem „Zwiebelschalenprinzip“ an:

Zunächst wird geprüft, ob der ermittelte Bedarf innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans über entsprechende Festsetzungen gedeckt werden kann. Landschaftsplanerische Zielsetzung dabei ist, dass mindestens die Hälfte des Ausgleichsbedarfs im Plangebiet nachgewiesen wird. Ist ein Ausgleich im Gebiet nicht möglich, so wird die Suche nach geeigneten Ausgleichsflächen auf das nähere Umfeld ausgeweitet. Allerdings gilt die Stadtgrenze auch als Grenze für die Ausgleichsflächensuche – ein Ausgleich soll nicht außerhalb der Stadtgrenze Nürnbergs erbracht werden.

Bei der Auswahl von Ausgleichsflächen ist zu beachten, dass diese ökologisch aufwertbar sein müssen. Ökologisch bereits sehr hochwertige Flächen sind nur schwer anrechenbar und Flächen die bereits als Ausgleich aus anderen Vorhaben dienen dürfen nicht doppelt belegt werden, sofern sie nicht ökologisch aufgewertet werden.

Potenzielle Ausgleichsflächen können auch bereits im Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan als solche dargestellt werden, zum Beispiel als Schwerpunktgebiete der Landschaftsentwicklung und des Biotopverbundsystems („T-Flächen“) oder als besonders geeignete Flächen für die Einbindung von Maßnahmen in Gesamtkonzepte.

Das Ökokonto unterstützt bei der Ausgleichsflächensuche im Rahmen der Bebauungsplanung.

Streuobstwiese am Schweinauer Buck

Kostenerstattung

Die Kosten für nötige Ausgleichsmaßnahmen sollen soweit wie möglich vom Verursacher übernommen werden. Hierfür stehen den Kommunen verschiedene Möglichkeiten der Refinanzierung zur Verfügung.
In Nürnberg ist dies über die Satzung der Stadt Nürnberg zur Erhebung von Kostenerstattungsbeträgen (KostenErstS) geregelt. Bei Investorenbezogenen Bebauungsplänen können die Kosten für ökologische Ausgleichsmaßnahmen über städtebauliche Verträge refinanziert werden.

Die Anlage 1 der Satzung enthält Grundsätze für die Ausgestaltung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Anlage 2 besteht aus der für die Stadt Nürnberg gültigen Liste an Biotop- und Nutzungstypen, die die Basis für die Eingriffs- Ausgleichsbilanzierung im Stadtgebiet darstellt.

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Satzung der Stadt Nürnberg zur Erhebung von Kostenerstattungsbeträgen

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