„Montagsdemonstrationen“: Stadt unterliegt im Eilverfahren



Seit geraumer Zeit finden insbesondere jeden Montag Versammlungen statt, die sich zunächst gegen die Corona-Maßnahmen, dann unter anderem gegen die Unterstützung der Ukraine richteten und zuletzt eine Vielzahl von Themen behandelten.

Die Versammlungsbehörde Stadt Nürnberg ist strikt zur Neutralität verpflichtet, (politische) Bewertungen sind ihr zu Recht verwehrt. Versammlungen und Demonstrationen genießen als unmittelbare Grundrechtsausübung eine gewisse Privilegierung. Dies gilt ganz unabhängig von der „politischen Richtung“ oder den Inhalten. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme sind Versammlungen „nur“ anzeige- und nicht genehmigungspflichtig.

Letztlich ist immer auch ein Ausgleich mit den – ebenfalls grundrechtlich geschützten – Positionen Dritter zu finden. Dabei spielt auch die besondere Betroffenheit der Altstadt und ihrer Bevölkerung sowie aller Menschen, die sich dort aufhalten, eine Rolle.


Stadt unterliegt beim Verwaltungsgericht Ansbach

Aufgrund der hohen Belastung der Innenstadt als nahezu durchgehender Versammlungsort mit Auswirkungen auf die Bevölkerung, auf Besucherinnen und Besucher sowie Gastronomie und Einzelhandel und auch der hohen Belastung der Einsatzkräfte hatte die Stadt für die angemeldete Versammlung am Montag, 12. Mai 2025, den Ort des Beginns und einen Teil der Route abweichend von der Versammlungsanmeldung festgelegt.

Gegen diese Auflagen hat die Versammlungsanmelderin beim Verwaltungsgericht Ansbach einen Eilantrag gestellt, dem am 12. Mai 2025 stattgegeben wurde. Maßgeblich hierfür war, dass nach Auffassung des Gerichts eine unzumutbare Beeinträchtigung Dritter wie Anwohner, Einzelhandel und Gastronomie durch die Versammlung nicht detailliert genug belegbar sei, dass die Versammlung für sich genommen nicht erkennbar über das dem Versammlungsrecht innewohnende Maß hinaus bedrohlich oder provozierend sei und dass vorrangig die von Gegendemonstrationen ausgehende Störungen anzugehen wären.


Häufig gestellte Fragen zu Demonstrationen und Versammlungen

Was bedeutet der Begriff „Versammlungsfreiheit“?

Die Versammlungsfreiheit ist ein in der Verfassung verankertes Grundrecht aus Artikel 8 des Grundgesetzes beziehungsweise aus Artikel 113 der Bayerischen Verfassung. Sie bedeutet, dass sich Menschen ohne Erlaubnis oder Anmeldung friedlich und ohne Waffen versammeln können. Es gibt jedoch einige Einschränkungen und Regeln, die insbesondere bei Versammlungen unter freiem Himmel zu beachten sind. Diese sind im Bayerischen Versammlungsgesetz niedergelegt.

Wann ist eine Veranstaltung eine Versammlung?

Nicht jede Veranstaltung ist jedoch eine „Versammlung“. Ausschlaggebend ist, ob sie überwiegend der öffentlichen Meinungsbildung dient. Keine Versammlungen sind daher kulturelle, religiöse, sportliche oder gewerbliche Veranstaltungen wie Konzerte, Gottesdienste, Prozessionen, Straßenfeste oder Märkte. Ist der Teilnehmerkreis nicht von vornherein auf bestimmte Personen beschränkt und kann grundsätzlich jeder teilnehmen, ist eine Versammlung „öffentlich“. Das Bayerische Versammlungsgesetz privilegiert öffentliche Versammlungen im Vergleich zu anderen Veranstaltungen. So ist für öffentliche Versammlungen auf Straßen oder Plätzen beispielsweise keine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis notwendig.

Warum müssen Versammlungen angezeigt werden?

Da öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel oft an öffentlichen Orten stattfinden und für eine unbegrenzte Teilnehmerzahl offen sind, kollidieren sie häufig mit den Nutzungsrechten Dritter. Zudem bergen sie ein gewisses Gefahrenpotenzial, beispielsweise für andere Verkehrsteilnehmer. Sie müssen daher mindestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe gegenüber der Versammlungsbehörde angezeigt werden. Dabei werden Wochenenden und Feiertage nicht mitgerechnet. Die Versammlungsbehörden sollen so die Möglichkeit haben, zu prüfen, ob Vorkehrungen zum Schutz der Teilnehmenden oder Dritter erforderlich sind.

Dies gilt nicht für Spontanversammlungen, also Versammlungen, die sich spontan bilden und typischerweise von niemandem veranstaltet werden. Für sie gilt keine Anzeigepflicht.

Wenn Versammlungen aus kurzfristigem Anlass stattfinden sollen, sogenannte Eilversammlungen, entfällt die Anzeigepflicht jedoch nicht. In diesem Fall beträgt die Frist jedoch nur die Zeit bis zur Bekanntgabe der Versammlung.

Muss eine Versammlung genehmigt werden?

Eine Genehmigung für die Versammlung ist nicht erforderlich. Die Anzeigepflicht bedeutet lediglich, dass der Veranstalter die Versammlungsbehörde informieren muss. Solange die Behörde keine Beschränkungen anordnet, kann die Versammlung ohne Änderungen durchgeführt werden.

Was ist bei einer Versammlung grundsätzlich verboten?

Das Grundgesetz und die Bayerische Verfassung gewährleisten das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Vor diesem Hintergrund verbietet das Bayerische Versammlungsgesetz militantes Auftreten sowie Uniformen und gleichartige Kleidungsstücke, die eine einschüchternde Wirkung erzielen sollen. Militanz und einschüchternde Uniformierung können auf eine potenziell unfriedliche Absicht hinweisen.

Welche Einschränkungen gibt es für Versammlungen?

Wenn durch eine Versammlung eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung droht, kann die Versammlungsbehörde sie beschränken oder verbieten. Diese Maßnahmen müssen jedoch immer verhältnismäßig sein. Reichen bestimmte Beschränkungen (Auflagen) zur Abwehr der Gefahr aus, darf die Versammlung nicht verboten werden.

Eine Versammlung darf jedoch nicht allein deshalb beschränkt oder verboten werden, weil sie von Extremisten veranstaltet wird oder weil dort extremistische Parolen geäußert werden sollen. Maßnahmen sind nur möglich, wenn von der Versammlung eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, beispielsweise in Form von Straftaten, ausgeht.

Aufgrund der historischen Ausnahmesituation Deutschlands sieht das Bayerische Versammlungsgesetz jedoch auch Maßnahmen vor, wenn durch eine Versammlung die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft gebilligt, verherrlicht, gerechtfertigt oder verharmlost wird, wodurch die Würde der Opfer des Nationalsozialismus beeinträchtigt wird.

Können Ort und Zeit einer Versammlung eingeschränkt werden?

Eingriffe in Ort und Route einer Versammlung sind nur in begrenztem Umfang möglich. Die Wahl des Ortes und der Zeit sind durch die Versammlungsfreiheit gedeckt. Das heißt, Anmelder können grundsätzlich selbst entscheiden, wo und wann sie die Versammlung durchführen wollen. Die Verlegung des Ortes oder des Zeitpunkts stellt bereits einen Eingriff dar, der von der Versammlungsbehörde gerichtsfest begründet werden muss.

Die Stadt Nürnberg als Versammlungsbehörde versucht stets, Ort, Umfang und Zeit von Versammlungen mit den Rechten Dritter in Einklang zu bringen. Dies gilt in gleicher Weise für Gegenversammlungen und deren Bedürfnisse. Es handelt sich hierbei keinesfalls um eine Frage mangelnder Sensibilität oder politischer Verantwortung. Die Stadt Nürnberg handelt in diesem Fall rein rechtlich als Behörde und ist zur strikten Neutralität verpflichtet.

Warum müssen Behörden neutral sein?

Versammlungsbehörden und Polizei haben die Versammlungsfreiheit unter strikter Wahrung der Neutralität zu gewährleisten. Das bedeutet, dass sie sich nicht nach den politischen Einstellungen oder dem Thema einer Versammlung richten dürfen. Es steht ihnen nicht zu, eine Versammlung als unterstützungswürdig oder unerwünscht zu bewerten. Ihre Aufgabe ist es, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu schützen und durchzusetzen.

Welche Behörden sind für Versammlungen zuständig?

In Bayern sind die Versammlungsbehörden die kreisfreien Städte und Landratsämter. Ab Beginn der Versammlung ist die Polizei zuständig. Ihre Aufgabe ist es, das Versammlungsrecht zu gewährleisten und alle Teilnehmenden sowie Unbeteiligte zu schützen.


Bayerisches Versammlungsgesetz (BayVersG)

Das Bayerische Versammlungsgesetz regelt das Versammlungsrecht im Freistaat Bayern. Den Wortlaut des Gesetzes können Sie auf der Internetseite „Bayern.Recht“ der Bayerischen Staatskanzlei nachlesen.


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