Herbstliches Panoramabild mit Blick auf die Nürnberger Burg.

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Retten als Auftrag

Feuerwehr Nürnberg: Retten als Auftrag: EIn Feuerwehrmann hängt mit einem Seil gesichert an einer Sandsteinmauer., Bild © Christine Dierenbach / Stadt Nürnberg

Ein (Falt-)Eimer gehört noch immer zur Grundausstattung eines jeden Feuerwehrautos. Zum Feuerlöschen wird er nur noch in den seltensten Fällen verwendet. Im Mittelalter hingegen waren Eimer eines der wichtigsten Instrumente im Kampf gegen Flammen. 1.824 solcher aus Leder gefertigte Behältnisse besaß die Stadt 1544. Ihre Wirkung: Der buchstäbliche Tropfen auf dem heißen Stein, verglichen mit der Leistung moderner Hohlstrahl- und Wenderohre, die mit 60 bis 2.000 Liter Wasser pro Minute den meisten Feuern den Garaus machen.

Retten, Löschen, Bergen, Schützen: Dieser Vierklang bringt die Arbeit der Feuerwehr auf den Punkt. Mehr als 400 hauptberufliche Feuerwehrfrauen und -männer helfen beispielsweise bei Bränden, Unfällen, Überschwemmungen, Notlagen oder Funden von Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Dabei können sie auf die Unterstützung von rund 725 Ehrenamtlichen der elf Freiwilligen Feuerwehren an 18 Standorten im Stadtgebiet bauen. Außerdem arbeiten sie eng mit anderen Hilfs- und Rettungsorganisationen zusammen, etwa Polizei, Technisches Hilfswerk und Rettungsdienste. Die Integrierte Leitstelle für Feuerwehr und Rettungsdienst wird ebenfalls von der Nürnberger Feuerwehr betrieben. Sie ist eine der größten Deutschlands und koordiniert die Notrufe von rund 1,2 Millionen Menschen im Großraum.

Brandaktuell sind inzwischen wieder die Katastrophenhilfe und der Bevölkerungsschutz. Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die daraus resultierende Energiemangel-Lage, die Gefahr eines Blackouts, also eines flächendeckenden Ausfalls der Stromversorgung in Folge von Energiemangel oder Cyberangriff en: Die Herausforderungen, mit denen die Feuerwehr in den vergangenen fünf Jahren konfrontiert wurde, sind gewachsen. Mit Organisationstalent, Teamgeist und modernster Technik sind die Dienstleister für alle Krisen gewappnet.

Beispielsweise wurden seit 2018 insgesamt 106 neue Katastrophenschutzsirenen installiert. Die Warnung der Bevölkerung ergibt sich aus dem Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe. In dem Gesetzestext steht aber auch, dass behördliche Maßnahmen die Selbsthilfe der Bevölkerung lediglich ergänzen. Eigeninitiative ist also gefragt.

„Gütliches Anschreien“ zur Steigerung des Löscheifers

Die Berufsfeuerwehr geht auf das Jahr 1875 zurück, Feuerschutz und Brandbekämpfung beschäftigen die Menschen aber schon wesentlich länger. Das Feuerwehrmuseum unterm Dach der Feuerwache 3 am Jakobsplatz 20 zeigt an jedem ersten Samstag im Monat von 13 bis 17 Uhr eindrücklich die Anfänge der Brandbekämpfung in der Stadt vom späten Mittelalter bis weit in die Neuzeit. Stockspritzen aus dem 15. Jahrhundert, Wasserkufen mit Kupferkesseln, Schutzkleidung wie ein wassersprühender Feuerwehranzug, Morse-Feuermelder, eine Telefonzentrale aus den 1920er-Jahren und viele weitere, teils kurios anmutende Exponate und technische Gerätschaften dokumentieren die Entwicklung des Feuerwehrwesens. Klar wird dabei auch, mit welch bescheidenen Mitteln unsere Vorfahren gegen Feuersbrünste kämpften und welchen Segen die moderne Technik auf diesem Gebiet darstellt.

„Das Fewerpüchel“, ein zehnseitiges Pergament aus dem Jahr 1449, ist die wohl erste schriftliche Sammlung von Feuerverordnungen für Nürnberg. Festgeschrieben war etwa, dass die Fuhrleute, die die ersten Wasserkufen zum Brandort brachten, besonders gut zu entlohnen waren. Der Anschicker, also der Gerätewart, wurde dazu angehalten, „die Eingeteilten gütlich anzuschreien“ und so den Löscheifer anzuheizen. Im Lauf der Zeit wurden Hausbesitzer, Bauhandwerker und Mitglieder von Turn- und Sportvereinen zu Löscharbeiten verpflichtet, bevor 1875 mit der „Central Feuerwache“ am Kornmarkt der Grundstein für die Berufsfeuerwehr gelegt wurde. 1878 war die Pflichtfeuerwehr Nürnberg 885 Mann stark – gut doppelt so viele wie heute. Dabei betrug die Einwohnerzahl der Stadt damals gerade nur etwa ein Fünftel der inzwischen rund 547.000 Nürnbergerinnen und Nürnberger.

Die Geschichte der Feuerwehr Nürnberg wird beim Stadtrundgang „Feurio“ noch bis Ende 2025 lebendig. Zehn Stationen in der Altstadt erzählen spannende Geschichten, beispielsweise von der Hochwasserkatastrophe 1909, dem Brand der Lorenzkirche oder des Ringkaufhauses 1962. An jeder Station gibt es eine Hinweistafel mit einem QR-Code, der auf eine Webseite mit Informationen und Geschichten des Orts führt. Am 21. September und 19. Oktober gibt es zudem auf den Feuerwachen 2 bis 5 jeweils einen Tag der offenen Tür.

Die Höhenrettungsgruppe, abgekürzt „Hörg“, rettet Verunglückte aus großen Höhen oder Tiefen: Arbeiter aus Baugruben, von Kränen, Fallschirmspringer aus Baumwipfeln, Outdoor-Sportler aus unwegsamem Gelände. In Nürnberg gibt es 36 ausgebildete Höhenretter, pro Schicht ist immer eine Vierergruppe im Dienst. „Gemeinsam mit der Bergwacht evakuieren wir häufig verunfallte Mountainbiker mit dem Rettungshubschrauber am Schmausenbuck. Da kommt kein Rettungswagen durch. Retter und Unfallopfer hängen dann gemeinsam unterm fliegenden Helikopter und sind so schnell im Südklinikum“, sagt Renato Ravanelli (35), Höhenrettungs-Ausbilder auf der Feuerwache 2. Trainiert wird unter anderem auch am Schmausenbuck: Am 30 Meter hohen Aussichtsturm üben Jeremias Breit (li.) und Julian Glüer das Abseilen.„H, Bild © Christine Dierenbach / Stadt Nürnberg

„Hörg“, bitte kommen!

Die Höhenrettungsgruppe, abgekürzt „Hörg“, rettet Verunglückte aus großen Höhen oder Tiefen: Arbeiter aus Baugruben, von Kränen, Fallschirmspringer aus Baumwipfeln, Outdoor-Sportler aus unwegsamem Gelände. In Nürnberg gibt es 36 ausgebildete Höhenretter, pro Schicht ist immer eine Vierergruppe im Dienst. „Gemeinsam mit der Bergwacht evakuieren wir häufig verunfallte Mountainbiker mit dem Rettungshubschrauber am Schmausenbuck. Da kommt kein Rettungswagen durch. Retter und Unfallopfer hängen dann gemeinsam unterm fliegenden Helikopter und sind so schnell im Südklinikum“, sagt Renato Ravanelli (35), Höhenrettungs-Ausbilder auf der Feuerwache 2. Trainiert wird unter anderem auch am Schmausenbuck: Am 30 Meter hohen Aussichtsturm üben Jeremias Breit (li.) und Julian Glüer das Abseilen.

Schlauchpflege ist (über-)lebenswichtig:  Brandinspektor Thomas Schiffer (43) und Kollegen die Kupplungen und die Schläuche mit 16 Bar Prüfdruck., Bild © Christine Dierenbach / Stadt Nürnberg

Schlauchpflege ist (über-)lebenswichtig

Ob Übung oder Ernstfall: Sobald ein Feuerwehrschlauch im Einsatz war, muss er von Straßenschmutz oder giftigem Ruß gereinigt werden. Das geschieht in einer 22 Meter langen „Waschstraße“ im Schlauchpflegezentrum der Feuerwache 5. Nach dem Waschen kontrollieren Brandinspektor Thomas Schiffer (43) und Kollegen die Kupplungen und die Schläuche mit 16 Bar Prüfdruck. Drei Tage trocknen sie in einem 28 Meter hohen Turm, wandern dann aufgerollt ins Lager, aus dem sich auch die Freiwilligen Feuerwehren bedienen. Beschädigte Schläuche sind lebensgefährlich, weiß Thomas Schiffer: „Es sind schon Einsatzkräfte gestorben, weil sie nah an den Flammen waren und der Löschschlauch geplatzt ist.“

Nürnberg Heute 117: Retten als Auftrag Marco Knott, Bild © Christine Dierenbach / Stadt Nürnberg

Vom Kopf bis zur Sohle

1.800 unterschiedliche Artikel in vielen Größen bevorratet die zentrale Ausgabestelle für persönliche Dienst- und Schutzkleidung auf Wache 1: Socken, Hemden, Hosen, Arbeits- und Einsatzmontur, Ausgehuniform, Stiefel, Helme und vieles mehr. Mehr als 7.000 Teile gehen jährlich über den Tresen. Größter Einzelposten sind 1.200 Poloshirts. „Unser Anspruch ist es, alles vorrätig zu haben, auch für die Freiwilligen Feuerwehren. Die Ehrenamtlichen dürfen sich ebenfalls hier eindecken“, sagt der derzeitige Sachgebietsleiter Bekleidungskammer, Marco Knott. Die Beschaffung von Damenbekleidung spielt übrigens zunehmend eine Rolle.

Nürnberg Heute 117 Retten als Auftrag Feuerwehr, Bild © Christine Dierenbach / Stadt Nürnberg

Löschen lernen

In Schutzausrüstung Treppen erklimmen, brennende und verqualmte Wohnungen stürmen, das erfordert Mut und Erfahrung. „Bei der Heißausbildung für Atemschutzgeräte-Träger erleben jährlich 700 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren erstmals echtes Feuer und lernen taktisches Vorgehen, bevor es in den Ernstfall geht“, sagt Brandamtfrau Antonia Gebhard-Braun. Geübt wird in umgebauten Überseecontainern bei der Feuerwache 4. Gasbrenner simulieren Situationen vom brennenden Topf bis zum Zimmerbrand. Die 36-jährige zweifache Mutter koordiniert als Sachgebietsleiterin Atemschutz und Wasserrettung die Qualifizierung der 26 Ausbilder. 2018 war Gebhard-Braun als erste Frau in den aktiven Dienst der Berufsfeuerwehr eingetreten: „Mein Traumjob.“

Nürnberg Heute 117 Feuerwehr Retten als Auftrag, Bild © Christine Dierenbach / Stadt Nürnberg

Medizinische Hilfe

Mehr als 20 Brandmeister im Ausrückdienst sind zugleich ausgebildete Notfallsanitäter, zudem gibt es rund 300 Rettungssanitäter auf allen Feuerwachen. Ausgebildet werden sie von Notfallsanitäter Werner Schaller (63). „Unser Rettungswagen auf der Feuerwache 1 ist besser ausgestattet als normale Sanitätsfahrzeuge: Videolaryngoskop, Ultraschallgerät, Reanimationshilfe, Sauerstoffgerät an der Krankentrage oder Hydrofix-Löschgerät“, zählen Schaller und Rettungsassistent Markus Hunke (48) auf. Der Feuerwehr-Rettungswagen rückt in Spitzenzeiten aus, dann also, wenn die Rettungsdienste der ehrenamtlichen Hilfsorganisationen überlastet sind.

Der Text erschien im Juni 2025 in der „Nürnberg-Heute“-Ausgabe Nummer 117.
Text: Thomas Meiler
Fotos: Christine Dierenbach

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